Die Kooperation zwischen Klinikum Main-Spessart und Uniklinik Würzburg stellt beide Partner zufrieden. Das hohe Defizit der drei Kreiskrankenhäuser in Lohr, Marktheidenfeld und Karlstadt von rund vier Millionen Euro pro Jahr kann sie aber nicht verhindern.
Im September 2013 vereinbarten die Krankenhausträger des Klinikums und der Uniklinik eine Zusammenarbeit auf medizinischem Gebiet – zunächst angelegt auf drei Jahre. Zur Halbzeit ziehen Vertreter beider Seiten für die Main-Post eine Zwischenbilanz.
Die Kooperation besteht aus zwei ungleichen Säulen: Der Schwerpunkt liegt auf einer Verstärkung der Chirurgie in Lohr. Dort operiert Prof. Dr. Jörg Pelz von der Uniklinik täglich außer donnerstags. Als Chefarzt für Allgemein-, Bauch und Gefäßchirurgie deckt er zusammen mit einem Ober- und einem Assistenzart ein breites Spektrum an OPs ab. Unterstützt wird die Würzburger Delegation von zwei Medizinstudenten. Donnerstags kommt anstelle von Prof. Pelz Prof. Dr. Richard Kellersmann, Leiter der Gefäßchirurgie der Uniklinik, in den OP nach Lohr.
Immer dienstags und freitags bietet das Ärzteteam Operationen in Marktheidenfeld an. Ein weiterer Oberarzt des Klinikums mit Facharztstatus ist jeden Tag dort präsent.
Pelz erklärt: „Die Operationen, die wir hier anbieten, machen wir in derselben Qualität wie an der Uniklinik.“ Nur, was die Möglichkeiten in Lohr übersteige, wird von vornherein nach Würzburg verlegt. Beispiele für solche Überweisungen sind manche Krebsfälle. Da seien die Patienten bei den Würzburger Spezialisten gut aufgehoben. In der Gefäßchirurgie könnten circa 90 Prozent der OPs in Lohr stattfinden.
Pelz hat bislang 40 niedergelassene Ärzte im Main-Spessart-Kreis besucht, um für das Klinikum vor der Haustür zu werben. Denn Kreispolitiker und Bürger setzen zwar auf die „wohnortnahe Versorgung“, doch tatsächlich weisen die niedergelassenen Ärzte längst nicht jeden Patienten, der dafür in Frage kommt, in eines der drei Kreiskrankenhäuser ein.
Pelz gibt als Außenstehender zu, dass er sich „aus rein fachlichen Gründen“ ein größeres Krankenhaus mit mehr Fachabteilungen im Landkreis wünschen würde. Das biete noch höhere Qualität. Nicht zu vergessen: „Dann bekommen Sie auch mehr Ärzte.“ Aber er weiß auch, dass diese Debatte von der Kreispolitik entschieden wird.
Die Geschäftsleiterin des Kreiskrankenhauses Lohr, Brigitte Götz, hält die Kooperation für eine „Win-win-Situation“, also einen Gewinn für beide Seiten. Dem Klinikum Main-Spessart helfe sie, die wirtschaftliche Situation zu verbessern, nachdem durch Krankheit und Tod des ehemaligen Lohrer Chefarztes in diesem Bereich eine Lücke entstanden war.
Während die Kooperation in Lohr für ein breites medizinisches Spektrum sorgt, setzt sie in Karlstadt auf Spezialisierung. Dort bietet Dr. Karsten Schmidt Hand- und Schönheitsoperationen an. Freitags hält Schmidt Sprechstunde, donnerstags operiert er. Auf über 100 Fälle kommt Schmidt im Jahr, allerdings drehen sich 90 Prozent von ihnen um Hände. Der Haken daran: Diese OPs werden überwiegend ambulant ausgeführt; und das wird im Vergleich zu stationären Aufenthalten schlecht vergütet. Sprich: Das Angebot erhöht zwar die Auslastung des Karlstadter Krankenhauses, trägt aber nicht wesentlich zu einem wirtschaftlicheren Ergebnis bei.
Dennoch freut sich Schmidt, dass seine Hand-Sprechstunde in kurzer Zeit voll war. „Die Patienten sind froh um einen Spezialisten auf dem Land“, bilanziert er. Der Chirurg gibt zu, dass er erwartet habe, dass der plastisch-ästhetische Bereich schneller wachsen würde. In diesem lukrativen Geschäft haben sich die Hoffnungen bislang nicht erfüllt.
Untern Strich sehen die Beteiligten in der Kooperation „eine gleichwertige Partnerschaft“, wie es die Geschäftsleiterin des Kreiskrankenhauses Karlstadt, Cornelia Köstler, formuliert. Klinik und Uniklinik arbeiteten auf Augenhöhe miteinander. Niemand müsse befürchten, dass Main-Spessart nur „als kleine Schwester“ behandelt werde. Deshalb glauben beide Seiten auch an die Fortführung der Kooperation über die Probezeit hinaus, die im Herbst 2016 endet.