In Mittelsinn soll eine Klinik, oder besser: ein Sanatorium, zur alternativ-christlichen Behandlung von Volkskrankheiten wie Krebs, Zucker, Herz- und Kreislaufbeschwerden entstehen. Dafür will Bauherr Gerhard Hermann das ehemalige Fabrikgebäude der Firma Neeb & Kühn in der Brunnenstraße umbauen. In eineinhalb bis zwei Jahren könnte das Sanatorium eröffnen, sagt Hermann, der im oberbayerischen Egling bei Wolfratshausen eine Erdbau- und Abbruchfirma betreibt. Der Gemeinderat Mittelsinn hat dem Bauvorhaben jüngst sein Einvernehmen erteilt.
Mindestens 500 000 Euro wolle er dafür in die Hand nehmen, sagt Gerhard Hermann. Mittelsinn, wo er vor Jahren bereits aufgrund von Verwandtschaftsbeziehungen ein Haus im Lerchenweg renoviert hat, das jetzt als Missionshaus seiner Adventisten-Gemeinde dient, habe es ihm angetan: „Für mich ist Mittelsinn ein Idyll.“ Als Standort für die geplante Klinik – wobei Hermann das Wort „Sanatorium“ bevorzugt, weil dort niemand operiert werden soll – sei Mittelsinn mit dem Sinngrund und dem Spessart ideal.
Sorge wegen Spritzmitteln
Etwas Sorgen mache ihm der Spritzmitteleinsatz beim Christbaumanbau in Mittelsinn, er sagt allerdings: „Sie können das nirgends ganz verhindern, egal wo Sie hingehen.“ Einschränkungen durch Industrie, Landwirtschaft oder Verkehr gebe es hierzulande überall. Die Bahnlinie im Sinngrund bringe auch einerseits Lärm, sorge aber durch den Mittelsinner Bahnhof für eine gute Erreichbarkeit der Klinik, so der 47-Jährige.
„Zurück zu den Anfängen“ werde das Motto sein, unter dem die Behandlungen dereinst stattfinden sollen. Acht Heilfaktoren nennt Bauherr Gerhard, dessen Frau Silke aus Waldbrunn (Lkr. Würzburg) stammt, als Grundlage: Sonnenschein, frische Luft, Ruhe, Wasser, Bewegung, Ernährung, Maßhalten und Gottvertrauen. Die Behandlung solle die Patienten, angedacht seien zunächst 15 bis 20, zurück zu einer gesunden, natürlichen Lebensführung führen – und wohl auch zu Gott.
Krebs heilen durch eine gesunde Lebensführung? „Sie können eine Chemotherapie machen, oder Sie können versuchen Ihre Abwehrkräfte zu stärken“, glaubt Hermann. Er schränkt aber ein: „Sie können nicht alles so machen.“ Er selbst sei schon mehrmals operiert und schulmedizinisch behandelt worden. Allerdings seien viele Krankheiten psychischer Natur oder falscher Lebensführung geschuldet.
Grundlage für die acht Heilfaktoren ist die Glaubensüberzeugung der Siebenten-Tags-Adventisten, denen Hermann angehört und denen auch die Ärzte der Klinik angehören werden. Eine Ärztin lebt bereits in Mittelsinn. Zu den Gesundheitsprinzipien gehört, dass Alkohol, Zigaretten, Fleisch, zumindest Schweinefleisch, und Kaffee tabu sind. Die Klinik solle aber nicht Mitgliedern der Adventistengemeinde vorbehalten sein, sagt Hermann. „Es kann kommen, wer will, egal ob Christ oder Moslem.“ Und es solle auch niemandem etwas „aufgedrückt“ werden. Es werde zwar adventistische Andachten geben. „Es wird aber nicht so sein, dass es ein Muss oder Zwang wird.“
Neubau wurde Bauherr versagt
Hermann würde lieber heute als morgen anfangen zu bauen. Drei, vier Jahre gehe es nun schon. Zwischendurch ist der Architekt gestorben, dann hat sich das Wasserwirtschaftsamt gegen Neubaupläne gesträubt. Eigentlich hätte er gern die Firmengebäude abgerissen und ganz neu gebaut. Mittelsinns Bürgermeister Peter Paul, der den Klinikbau begrüßt, sagt auf Anfrage, dass Mittelsinn den Plänen stets grünes Licht gegeben habe, aber das Wasserwirtschaftsamt habe Neubaupläne jedoch abgelehnt.
Nun soll das Äußere des roten Backsteingebäudes, in dem über 100 Jahre lang eine Metallwarenfabrik für Handtaschenverschlüsse untergebracht war, erhalten bleiben. Das freut Bürgermeister Paul. Die Außenfassade habe „historischen Wert“. Mittelsinn werde zudem durch Arbeitsplätze, Investitionen und zusätzliche Kaufkraft von der Klinik profitieren, hofft er.
Was treibt Investor Hermann an? Um Geld gehe es ihm nicht, zumindest nicht nur. „Mir geht's darum, dass wir als Christen die Verpflichtung haben zu helfen.“ Er habe das Allgemeinwohl im Sinn.
Siebenten-Tags-Adventisten
Die evangelische Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten glaubt an eine baldige Wiederkehr Jesu. Ein Merkmal, das sie von anderen christlichen Kirchen unterscheidet, ist, dass bei den Adventisten nicht der Sonntag, sondern wie bei den Juden der Sabbat, also der Samstag, heilig ist. Die im 19. Jahrhundert in den USA entstandene Kirche gilt als konservativ und bibeltreu. Die Gläubigen sind kreationistisch, lehnen also die Evolutionslehre ab. Getauft werden nur Erwachsene.
Da die Siebenten-Tags-Adventisten mit Eifer ihren Glauben verbreiten, ist ihre Freikirche die wohl am weitesten verbreitete protestantische Kirche. Sie ist in mehr als 200 Ländern tätig. In Deutschland hat sie etwa 35 000 Gläubige. Adventisten führen einen gesunden Lebensstil, wozu gehört, dass sie kaum oder wenig Fleisch, vor allem kein Schweinefleisch, essen, und auf Drogen wie Alkohol, Tabak und Koffein verzichten. Quelle: Ökumen. Rat der Kirchen