Natürlich waren es am Ende nur rund ein Dutzend Zuhörer, die am Montagabend zu einem Vortrag des Uni-Bunds Würzburg mit dem Thema „Alkohol, Inzucht und Kinderarbeit – Einblicke in das Sozialleben und die Pilzzucht heimischer Borkenkäfer“ in den Vortragssaal der Marktheidenfelder Volkshochschule gekommen waren. Thomas Klein begrüßte als Vertreter des Kooperationspartners Warema den Zoologen Dr. Peter Biedermann vom Departement für Tierökologie und Tropenökologie an der Universität Würzburg.
Der junge Forscher, der aus Österreich stammt, befasst sich vor allem mit Totholzbesiedlern. Diese zählen über 3500 Arten, von denen lediglich 13 als Schädlinge anzusehen sind. Allerdings stünden vor allem die Fichtenholzborkenkäfer als Rindenbrüter und Forstschädlinge im Blick der Öffentlichkeit (siehe Artikel unten zum Stadtwald).
Biedermann befasst sich aber mit Holzbrütern, die eigene Pilzzuchten als Nahrungsquellen nutzen. Diese werden nach der Götterspeise auch als Ambrosiakäfer bezeichnet, wie deren Entdecker, der Augustinermönch Josef Schmidberger, 1836 den Apfelborkenkäfer nannte. Schon 1844 war dem Förster Theodor Hartig aufgefallen, dass die Insekten Pilzzuchten in ihren tiefen Bohrlöchern als Nahrungsquelle nutzen.
Der Zoologe hob hervor, dass seine heutige Forschung, die ihre Erkenntnisse hauptsächlich aus Laborversuchen gewinnt, vor allem ein bionisches Interesse verfolgt. Seit Leonardo da Vincis Tagen beschäftigt sich die Bionik mit der Übertragung von Naturphänomenen in die Technik und Lebenswelt des Menschen. Die Frage sei also zu stellen, ob die Lebensweise von Ambrosiakäfern, die vor allem in unseren alten, wenig gepflegten Obstbaumbeständen zu finden sind, Erkenntnisse für die Landwirtschaft mit Blick auf Düngung oder Schädlingsbekämpfung haben könnten.
Der „kleine Holzbohrer“ werde durch die Alkoholausdünstungen absterbender, gestresster Bäume anlockt, was ihn schon einmal im Umfeld von Biergärten herumschwärmen lasse. Er treibe anders als der bekannte und von der Forstwirtschaft gefürchtete Fichtenborkenkäfer tiefe Gänge in den Stamm und schaffe für sich und seinen Nachwuchs eine gemeinsame Brutkammer und nicht einzelne Gänge für jede Larve.
Ausschwärmende Weibchen führten in einem besonderen Organ aus dem alten Nest Pilzsporen mit sich und legten zur Ernährung in der neuen Brutkammer Pilzzuchten an. Diese seien, ähnlich wie in der traditionellen Landwirtschaft sogar von einer Art des Fruchtwechsels zwischen zwei Pilzarten geprägt.
Im Nest würden nur wenige Männchen heranwachsen, die sich mit ihren Schwestern paarten. Mehrere Generationen lebten in einem Nest, in dem die Larven sozusagen als Kinder vor ihrer Verpuppung für die Reinigung zuständig seien. Ein solch ausgeprägtes Sozialleben sei bei anderen Käferarten unbekannt.
Interessant sei es, dass es den Käfern und Larven gelinge, schädliche Schimmelpilze zu bekämpfen und die Pilzzuchten zu verstärktem Austrieb von Fruchtkörpern aus ihrem Wurzelwerk zu bringen. Verantwortlich seien dafür vermutlich Bakterien, die durch Berührung über die Körper der Käfer im Nest übertragen würden.
Für den Würzburger Forscher und seine wenigen Kollegen mit ähnlichen Untersuchungen stelle sich die Frage, inwieweit der Einsatz von Bakterien in der Landwirtschaft zur Düngung und zur Bekämpfung von Schädlingen geeignet sein könnte. Bakterien entwickelten sich gemeinsam mit ihrem Umfeld und beugten so möglicherweise entstehenden Resistenzen bei Schädlingen vor. Ein ständiger Dialog zwischen Wissenschaft und Landwirtschaft werde diese Fragen beantworten.
Infos im Internet (in englischer Sprache): www.insect-fungus.com