
Frauen in der katholischen Kirche, das ist nichts ganz Neues mehr. In vielen Gemeinden sind sie ehrenamtlich eingebunden, gestalten Wortgottesdienste, Seniorennachmittage und mehr.
In den Pfarreiengemeinschaften um Zellingen und Karlstadt aber geht ihre Beteiligung über das Ehrenamtliche weit hinaus. Pfarrer Simon Mayer setzt Frauen auch in Führungspersonen ein, hauptamtlich. "Es bereichert uns", sagt er.
"Als ich vor knapp sieben Jahren nach Karlstadt versetzt wurde, habe ich hier nur Männer vorgefunden", erzählt Simon Mayer. "Ich habe mir damals vorgenommen, frei werdende Stellen mit Frauen besetzen zu lassen." Das ist ihm gelungen. Heute gehören beispielsweise die Diplom-Theologinnen Steffi Bauer und Claudia Jung sowie die Religionspädagogin Simone Büttner zum Team der Festangestellten. Auch Ehrenamtliche wie Claudia Amthor bestärkt der Pfarrer.
Was Frauen dürfen und was nicht
"Manche nennen mich scherzhaft die Pfarrerin von Stetten", erzählt Amthor. Sie ist Pfarrgemeinderatsvorsitzende und Gottesdienstbeauftragte. Regelmäßig leitet sie Gottesdienste, auch Freiluftfeiern am Aussichtspunkt "terroir f" oberhalb des Stadtteils. Gottesdienste dürfen in der katholischen Kirche auch von Frauen geleitet werden, aber keine Messfeiern. "Die Wandlung der Hostie und des Tranks in Leib und Blut Christi muss von einem geweihten Priester erfolgen", erklärt Simon Mayer. Wenn eine Frau die Andacht leitet, können Gottesdienstbesucher dennoch die Kommunion empfangen. "Sie verwenden dann die Hostien, die ein Pfarrer schon vorher in einer Messfeier gewandelt hat und die seitdem im Tabernakel in der Kirche aufbewahrt wurden."
Auch Taufe und Eheschließung dürfen nur von einem geweihten Priester übernommen werden. Weil aber Simone Büttner als Ortsverantwortliche manche Eltern in Karlburg oder Gambach besser kennt als Mayer, werde sie manchmal für die Taufe favorisiert. "Dann übernehme ich die Ansprache, führe durch die Feier und nur die eigentliche Taufe übernimmt Simon Mayer", sagt sie. "Ich bin auch nicht besonders gut darin, Sechsjährige auf die Taufe vorzubereiten", sagt der Pfarrer. "Das kann sie besser."

Grundsätzlich ist die Weihe in der katholischen Kirche Männern vorbehalten. "Weil die zwölf Jünger Jesu auch allesamt Männer waren", sagt Simon Mayer. "Das ist zumindest seit Papst Johannes Paul II. die Begründung. Früher hieß es, der Pfarrer repräsentiere Jesus Christus." Da er selbst weder lange Haare noch Vollbart trage, sei er sich nicht sicher, inwiefern das auf ihn zutreffe. Jedenfalls brächten die Frauen im Team des Dekanats eine andere Perspektive ein. "Wir haben nun eine größere Bandbreite, sprechen mehr Menschen an." Dies führe bisweilen durchaus zu Erstaunen.
Überwiegend gutes Feedback
"Bevor ich meine erste Beisetzung übernommen habe, gab es Skepsis und Widerstände", berichtet Claudia Jung. "Hinterher war das vorbei." Sie ist Pastoralreferentin und Leiterin des Teams in Zellingen-Retzbach, obwohl es dort mit Pfarrvikar Thomas Wollbeck auch einen geweihten Priester gibt, der diese Rolle ausfüllen könnte. "Das ist insofern schon besonders, dass ich das mache. Aber es hat sich eingespielt." Für Bürgermeister Wohlfart ist Jung die Ansprechperson, nicht Pfarrer Mayer, nicht Pfarrvikar Wollbeck oder der frühere Ortspfarrer Albin Krämer.
Die Resonanz auf die Frauen sei überwiegend gut. "Ich bin jetzt zum vierten Mal an einer Stelle Nachfolgerin eines Mannes", sagt Büttner. "Ich möchte mich so gut wie möglich einbringen." Jung meint: "Letztlich kommt es auf die Persönlichkeit an, nicht auf Mann oder Frau." Bauer sagt: "Frauen in der Jugend- oder sozialen Arbeit sind mittlerweile normal. In der Liturgie oder in der Kirchenverwaltung ist es relativ neu; da wird man anders wahrgenommen." Nicht nur zum Nachteil.
Mayer und Büttner können sich darüber amüsieren, dass sie für eine von Mayer geschriebene Predigt besseres Feedback erhalten hat als der Pfarrer, der sie an einem anderen Ort hielt. Aber es gebe auch Gläubige, die lieber in eine Messfeier von Pfarrer Mayer fahren, statt den von einer Frau geleiteten Wortgottesdienst an ihrem Wohnort zu besuchen. Das sei auch legitim, sind sich alle einig.
Was kommt zuerst: Weihe für Frauen oder Wegfall des Zölibats?
Schließlich habe sich in den vergangenen Jahren durchaus viel verändert in der katholischen Kirche. In Claudia Jungs Kindheit gab es noch keine Mädchen, die ministrieren durften; Simone Büttner erinnert sich an strenge Trennung von männlichen und weiblichen Minis in ihrem Heimatort. Ob die Zukunft also auch die Weihe von Frauen in der katholischen Kirche mit sich bringen wird? Simone Büttner meint: "Ich glaube, Taufe und Eheschließung werden Frauen bald gestattet." Claudia Jung orakelt: "Wenn die Personalnot der Kirche groß ist, wird die Tür wieder ein Stück weiter geöffnet."

Simon Mayer sagt: "Wenn die Weihe für Frauen nur mit Zölibat möglich wäre, dann wäre der Ansturm wohl überschaubar. Aber der Druck auf viele Frauen, das Amt zu übernehmen, wäre groß." Die in Karlstadt engagierten Frauen mögen nicht so weit vorausdenken. "Grundsätzlich würde ich mir Priesterinnen wünschen", sagt Steffi Bauer. Simone Büttner stimmt zu und ergänzt: "Ich weiß aber nicht, ob ich dieses Amt anstreben wollte." Claudia Jung findet: "Es sollte verschiedene Möglichkeiten nebeneinander geben." Das versucht Simon Mayer zu verwirklichen: "Ich bemühe mich, so weit wie möglich zu öffnen."
Die Frauen und Pfarrer Mayer sind sich einig: "Eher fällt der Zölibat, als dass Frauen geweiht werden." Und Simon Mayer ist nicht sicher, was er davon halten soll. "Ich weiß nicht, ob ich mein Leben so verändern könnte und wollte."