
Städte und Gemeinden sollen ihre Autokennzeichen künftig frei wählen dürfen – so will es zumindest Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Nicht nur die Wiedereinführung von Altkennzeichen wie MAR für Marktheidenfeld, auch neue Nummernschilder für kleinere Ortschaften sollen bald möglich sein. Die entsprechende Verordnung soll der Bundesrat im September billigen.
Noch bevor die Liberalisierung beschlossen ist, regt sich Widerstand gegen Ramsauers Idee, so auch bei den Bürgermeistern der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Marktheidenfeld. Deren Vorsitzender, Esselbachs Bürgermeister Klaus Hofmann, hält die Reformpläne für einen missglückten Versuch des Ministers, im Sommerloch zu punkten. „Wir haben im Landkreis Main-Spessart wirklich andere Sorgen, zum Beispiel die Zukunft unserer drei Krankenhäuser“, sagt Hofmann. Auf den VG-Chef ist noch kein Bürgermeister zugekommen, der das Thema Autokennzeichen angesprochen hat. „Ich glaube auch nicht, dass die Esselbacher das wollen“, vermutet Hofmann.
Bischbrunns Bürgermeister Richard Krebs glaubt nicht, dass er demnächst BBR statt MSP auf dem Autokennzeichen stehen hat. „Bei allem Wohlwollen und aller Bürgernähe – zu viel Kleinstaaterei ist nicht gut“, sagt er. Auch die CSU-Kreistagsfraktion sei sich einig, dass das MSP-Kennzeichen „ein verbindendes Element ist für einen Landkreis, der unter Geburtswehen entstanden ist“.
Einer aus den Reihen der CSU-Fraktion ist Hafenlohrs Bürgermeister Thorsten Schwab. Er warnt davor, zu den alten Nummernschildern mit den Kürzeln MAR, KAR, LOH und GEM zurückzukehren. „Dann würde das Altlandkreis-Denken wieder hervorgehoben“, glaubt er. Denn Sinn einer Kennzeichen-Reform stellt Schwab auch in Frage, weil sie mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Außerdem bezweifelt er, dass es möglich wäre, beim Ortskürzel mit drei Buchstaben auszukommen: „Wir haben alleine in Bayern 2000 Gemeinden, das kann deutschlandweit gar nicht reichen.“
Ein anderes Problem spricht Rodens Bürgermeister Otto Dümig an: Ramsauers Reform könnte selbst in kleinen Gemeinden das Kirchturmdenken vergrößern. Denn in Roden leben nur ein Paar Menschen mehr als im Ortsteil Ansbach – und Dümig kann sich vorstellen, dass die Ansbacher auch gerne ein eigenes Kennzeichen hätten, wenn die Rodener eines bekommen. Wo liegt also die Grenze nach unten? „Normalerweise reden wir bei Reformen immer von größeren Einheiten, hier werden sie immer kleiner – und das Wirrwarr immer größer“, sagt Dümig.
Richard Krebs, Bürgermeister von Bischbrunn
Heinz Nätscher, Bürgermeister in Urspringen, bezeichnet das Vorhaben des Verkehrsministers als „Schildbürgerstreich“. Es sei weder praktikabel noch sinnvoll, wenn man „zurück zu Adam und Eva geht“. Schon heute gebe es genug unterschiedliche Nummernschilder – sollte die Reform greifen, „hätte niemand mehr eine Ahnung, wohin ein Auto gehört“. Nätscher empfiehlt Ramsauer, lieber dringendere Probleme anzupacken, zum Beispiel die Sanierung von maroden Bundesstraßen.
Birkenfelds Bürgermeister Werner Schebler hält den Ramsauer-Vorstoß ebenfalls für Unsinn. Stattdessen schlägt er vor, einen Aufkleber mit dem Namen des Wohnortes auf dem Auto zu befestigen. Schebler hat schon Fahrzeuge gesehen, die auf der Stoßstange oder auf dem Kofferraumdeckel „Feuerwehr Birkenfeld“ oder „Männergesangverein Birkenfeld“ stehen haben. „Das ist der bessere Weg, seine Heimatverbundenheit nach außen zu zeigen“, sagt er.
In den Kanon der Reformgegner stimmt auch Landrat Thomas Schiebel ein. Er sagt, er sehe „keinerlei Nutzen in dieser Aktion“. Das MSP-Nummernschild habe sich bewährt und sollte als „Kennzeichen“ für die Region beibehalten werden. Würde die Neuregelung tatsächlich kommen, wird der Verwaltungsaufwand nach Einschätzung des Landrats „beträchtlich“ sein: „Nur beim Landratsamt würde das sicherlich zu mindestens einer Stelle Personalmehrung führen.“