
Das Vorhaben, im früheren Kupsch-Markt am oberen Lohrer Marktplatz eine Markthalle für regionale landwirtschaftliche Erzeugnisse unterzubringen, ist überraschend gescheitert. Nur wenige Tage, nachdem die Eigentümer der Immobilie eine Einigung mit dem Start-up Mylocalfarm GmbH verkündet hatten, hat das Unternehmen aus der Nähe von Würzburg einen Rückzieher gemacht. Die Begründung ist fehlende Planungssicherheit.
In einer Mitteilung der Geschäftsführung an diese Redaktion heißt es, man könne die weltpolitische Entwicklung der vergangenen Monate und die "Ist-Situation mit Aussicht auf eine ungewisse Zukunft" nicht ignorieren. Dadurch sei auf eine nicht absehbare Zeit keine Planungssicherheit gegeben.
"Zukunftssicherung" im Fokus
Die aktuelle Lage mit allen Auswirkungen wie Kriegsgefahr, Wirtschaftskrieg, Energie- und Versorgungskrise, Inflation mit schwindender Kaufkraft, Zinssteigerungen, Lieferkettenkrise, Fachkräftemangel und Corona "lassen uns zu der Entscheidung kommen, ihnen heute mitzuteilen, dass wir uns ... gegen unser Herzensprojekt der regionalen Markthalle mit dem Standort Lohr entschieden haben".
Wie alle Unternehmen müsse auch Mylocalfarm auf Basis all dieser Faktoren der "bestehenden Betriebswirtschaftlichkeit und ihrer Zukunftssicherung den Vorrang gewähren". Das Thema der vier Linden vor dem früheren Kupsch-Markt, die einer Außengastronomie zum Opfer fallen sollten, "ist somit dann auch vom Tisch". Die geplante Fällung der Bäume sei "natürlich auch ein kritischer begleitender Faktor bei diesem Projekt" gewesen. Am Engagement der Eigentümerfamilien habe es sicher nicht gelegen.
An diese ging ein weiteres Schreiben von Mylocalfarm, das dieser Redaktion vorliegt. Es ist ähnlich allgemein und unkonkret gehalten. Darin heißt es, es sei "nicht der richtige Moment, eine solche große Investition zu tätigen".
"Das ist sehr unschön"
"Das ist sehr unschön, wir sind stinksauer", erklärte Stadträtin Ulla Menzel für die Eigentümerfamilien. Bei den Verhandlungen habe Mylocalfarm die Konditionen "bis an die Schmerzgrenze ausgereizt". Die Eigentümer seien um des Projektes willen sogar bereit gewesen, auf eine sogenannte Patronatserklärung des Konzerns zu verzichten, zu dem Mylocalfarm gehört. Die GmbH ist eine Tochterfirma der Hauptgenossenschaft Nord AG, einem großen norddeutschen Unternehmen der Agrarbranche. Bei einer Patronatserklärung handelt es sich um eine schuldrechtliche Vereinbarung, "damit wir nicht auf den Kosten sitzen bleiben", so Menzel. Nichts ändern werde sich an der Absicht der Eigentümer, das Gebäude am oberen Marktplatz herrichten zu lassen, was wegen der Lage in der Baubranche aber frühestens ab September möglich sei. Wäre man von Mylocalfarm nicht so lange hingehalten worden, hätte man die Arbeiten bereits im vorigen Jahr preiswerter erledigen lassen können, ärgerte sich Menzel.
Die Stadt habe von der Absage am Donnerstagabend erfahren, erklärte auf Anfrage der 2. Bürgermeister Dirk Rieb. Man habe alles getan, "um dieses Vorhaben zu unterstützen". Die Markthalle hätte nach seinen Worten "unserer Innenstadt sehr gut getan, fast wie ein Sechser im Lotto". Persönlich finde er es schade, dass das Projekt gescheitert sei. Die vier Linden seien somit gerettet. Ob sie wirklich hätten gefällt werden müssen, wäre nach Angaben von Rieb ohnehin erst nach der Vorlage konkreter Pläne für den Außenbereich und einer Beratung im Stadtrat entschieden worden.