
Wie aus dem Bilderbuch für Popstars: Die Brüder Felix (26) und Lucas (24) Hain aus Karlstadt sind bildhübsche Jungs mit fitness-studio-gestählten Sixpack-Körpern; sie singen toll, spielen Klavier und Gitarre, kennen sich mit Beats und Loops aus und schreiben eingängige Songs. Wenn diese talentierten jungen Männer mit Casting-Show-Erfahrung nicht durchstarten, wer dann? Sie arbeiten hart dafür.
Vor sechs Jahren lagen bei Felix und Lucas schon einmal einige Angebote von Plattenfirmen auf dem Tisch. Mit ihrem Vater Rainer waren sie als Familienband bis ins Finale der Sat-1-Castingshow „The Winner Is . . .“ gelangt, auch bei „Voice Of Germany“ hatten sie Aufmerksamkeit erregt. „Aber das war nicht unser Style“, sagt Felix. „Die Stücke sollten für uns geschrieben werden“, ergänzt Lucas. Statt eine Karriere als Schlager-Duo anzustreben, haben die beiden erstmal studiert.
Ein paar Jahre getrennt

Felix absolvierte in Maastricht/Niederlande ein Master-Studium in „Digitale Medien“ und zog anschließend nach Berlin, um dort für eine Fernseh-Produktionsfirma zu arbeiten. Lucas schloss in Bayreuth ein Studium in Medienwissenschaften und Amerikanistik mit dem Bachelor ab. „Das war neu für uns, einige Jahre getrennt zu sein“, sagen die Brüder.
Sie sind in einem musikalischen Haushalt in Karlstadt aufgewachsen. Vater Rainer, ein Gymnasiallehrer, ist begeisterter Musiker. „Wir sind mit Musik und Instrumenten um uns herum groß geworden“, erzählen Felix und Lucas. Gemeinsam spielten die drei Hains als „Coconut Combo“ Stücke der Beatles und Stones, von Joe Cocker und anderen sowie Jazzklassiker und südamerikanische Musik. Wer die Jungs als Teenager bei Karlstadter Festen, im Würzburger Omnibus oder bei Faschingsveranstaltungen sah, würde sie heute vielleicht nicht wiedererkennen.
Coldplay und Dylan

Felix ist 2,03 Meter groß, Lucas einen halben Kopf kleiner. Seit einem Jahr wohnen sie wieder zusammen, jetzt in Berlin. „Uns wurde klar, wie viel uns die Musik bedeutet. Wir konzentrieren uns jetzt darauf“, sagt Lucas. „Aber es geht uns nicht darum, möglichst schnell Popstars zu werden. Wenn wir von der Musik leben können, bin ich happy“, fügt Felix hinzu. Die beiden haben sich in der Hauptstadt ein Studio eingerichtet, schreiben seit einem halben Jahr eigene Songs und produzieren sie auch gleich selbst.
„Unsere Einflüsse sind Coldplay, Bon Iver und John Mayer – aber natürlich auch die Musik der 60er“, sagen sie übereinstimmend. Als Duo „Oh Brother“ sind sie auf den sozialen Medien aktiv und finden Fans für Video-Clips eigener, zeitgemäßer Songs mit Indie- und Elektro-Anklängen, aber auch für schön arrangierte akustische Versionen von Bob-Dylan-Songs. Live spielen sie in Berliner Bars und Clubs sowie an Wochenenden gern als Straßenmusiker im Mauerpark. Nun sind sie bereit durchzustarten.
Videodreh im Schloss
Zwei Songs haben sie schon auf iTunes und Spotify veröffentlicht. Für das Stück „Glitter“ – eine Ballade, auf die Robbie Williams stolz wäre – haben „Oh Brother“ am Montag einen Videoclip auf Schloss Greifenstein bei Bamberg gedreht. Die Brüder machen keine halben Sachen: Regisseur war David Sünderhauf, sonst als Kameramann und Fotograf für sämtliche deutschen Fernsehsender sowie Großkunden wie Lufthansa, Mercedes und Unicef tätig. Ihn kennt Felix von seiner eigenen Arbeit beim Fernsehen.
Sünderhauf brachte einen Kameramann und eine Visagistin sowie Equipment im Wert von mehreren zehntausend Euro mit. Weil er die Jungs gut findet, arbeitete Sünderhauf kostenlos. „Ich bin sicher, dass sie Erfolg haben werden. Dann ist das Video auch für mich eine Referenz.“
Nebelmaschine und Glitter

Der Regisseur warf die Nebelmaschine an, Lucas und Felix – gekleidet in schwarze Anzüge und weiße Hemden – sangen „Glitter“ bestimmt hundertmal, während die Kamera um sie kreiste, auf dem Schlitten auf sie zu- oder von ihnen wegfuhr. Dabei standen sie nebeneinander oder um den Flügel gruppiert. Sie wissen, was sie wollen: „Wir brauchen noch ein paar Close-Ups nebeneinander, das gehört zu unserem Branding als Brüder“, sagt Felix. Und fürs „digitale Portfolio“ filmt Lucas ein paar Schnipsel vom Dreh und schickt sie gleich online. Es sind moderne Zeiten im Musik-Business. Bis Ende des Monats soll das Video fertig sein; noch in diesem Jahr werden „Oh Brother“ ihr erstes Album veröffentlichen. Der Karrierestart will gut geplant sein.
Doch wenn die Kamera für eine neue Einstellung vorbereitet wird, improvisieren Lucas und Felix entspannt an Klavier und Gitarre oder singen „Can't Help Falling In Love“ in perfekter brüderlicher Harmonie. Und waren Elvis und die Everly Brothers nicht auch unverschämt hübsche Kerle?