Eine seit über 50 Jahren nicht mehr praktizierte Tradition, das Binden von Wallwedeln, ließen die Verantwortlichen der Kreuzbruderschaft Karlstadt in diesem Jahr wieder aufleben. Etwa 30 Personen kamen im Pfarrgarten von St. Andreas zusammen, um Wallfahrtsbüschel für die Heimkehrer zu binden und diese mit Süßigkeiten und anderen Kleinigkeiten zu schmücken.
Die Karlstadter Kreuzbergwallfahrt fand in diesem Jahr vom 15. bis 18. August statt. Für die Daheimgebliebenen, Angehörige oder ehemalige Wallfahrtsteilnehmer und –teilnehmerinnen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht oder nicht mehr mitwallen können, gibt es in jedem Jahr eine Andacht in der Stadtkirche St. Andreas. Während die Besucher bislang danach wieder ihrer Wege gingen, bot die Kreuzbruderschaft in diesem die Möglichkeit zur Begegnung im Pfarrgarten von St. Andreas und zum Binden und Schmücken von Wallfahrtsbüscheln.
Im Pfarrgarten stand auf mehreren Tischgarnituren eine reiche Auswahl an Grünzeug und Ästen von Sträuchern und Bäumen bereit, daneben Baumscheren, Drähte und Bindfäden. Wer wollte, konnte einen oder mehrere Bündel mit den Ästchen zusammenstellen und binden. Die Büschel konnten nach Belieben mit Bonbons, Kaubonbons, Lutscher, Brausepulver, Teebeutel, Badesalz oder Cremes bestückt werden. Die Wallfahrtsbüschel wurden den heimkehrenden Wallfahrern gleichzeitig oder alternativ mit kleinen Blumensträußen zur Begrüßung überreicht.
Rasch füllten sich die bereitgestellten Tische
Zu Kreuzbergmusik vom Band, gespielt von den Gambacher Musikanten, kamen Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Andacht zum zwanglosen Plausch zusammen. Zur Stärkung standen Kaffee und Kuchen und kühle Getränke bereit. Rasch füllten sich die bereitgestellten Tische und wer wollte, konnte beim Binden und Schmücken seines Wallfahrtsbüschels seiner Fantasie freien Lauf lassen. Für das Material für die Büschel und die Getränke wurde um eine Spende gebeten.
Nach 1946, als die Karlstadter Kreuzbergwallfahrt nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen wurde, hatte sich die Tradition der Wallwedel wohl eingebürgert. In Aschfeld wurden den Rückkehrern gebundene Wallwedel aus Wacholder, bestückt mit einigen Bonbons, von Kindern für einige Zehnpfennigstücke angeboten. Die Wedel hatten ihre Mütter gebunden und die Kinder konnten sich ein Taschengeld verdienen.
Die Wallwedel waren ein beliebtes Mitbringsel der Wallleute für die sie in Karlstadt empfangenden Kinder. Etwa nach 1970 ist diese Tradition eingeschlafen. Ursachen waren möglicherweise, dass der Wacholder unter Naturschutz stand, oder die stacheligen Mitbringsel waren nicht mehr gefragt. Die gebundenen Kränzchen aus Heidekraut werden dagegen noch immer bei der Wallfahrt um den Hals getragen.