Es könnte sein, dass in Karlstadt diesen Winter über eine kleine Zeltstadt entsteht. Der Wirtschaftsausschuss des Karlstadter Stadtrats machte dafür den Weg frei. Pro Gaststätte darf ein Zelt mit einer maximalen Größe von 40 Quadratmetern aufgestellt werden. Damit sollen die Lokale zusätzliche Fläche gewinnen. Denn aufgrund der wegen Corona vorgeschriebenen Abstandsregeln passen deutlich weniger Gäste in die Gaststuben. Für jedes Zelt ist allerdings ein Bauantrag erforderlich.
"Wir wollen die gebeutelte Gastronomie unterstützen", sagte Bürgermeister Michael Hombach in der Sitzung. Schon im Frühjahr war beschlossen worden, die Sondergebühren für die Außenbewirtschaftung zu erlassen.
Nicht einfach Partyzelte aufstellen
Kai-Uwe Brune vom städtischen Ordnungsamt berichtete, die Wirte seien nervös angesichts des bevorstehenden Winters und der steigenden Corona-Fallzahlen. Mit dem Landratsamt sei das weitere Vorgehen abgesprochen. So dürfen nicht einfach irgendwelche Partyzelte aufgestellt werden, sondern für jedes Zelt müsse ein Bauantrag gestellt werden.
Vier Seiten werde jeder Bauantrag jeweils umfassen, ergänzte Marco Amrhein von der Bauabteilung. Grundriss und Ansicht müssen darin dargestellt sein. Aus Brandschutzgründen müsse geklärt sein, wie die Zelte beheizt werden. "Gasbrenner wären zu gefährlich", so Brune. Die Rettungswege sind sicherzustellen. Und es muss eine Befreiung von der Gestaltungssatzung erstellt werden. All das gilt auch für Zelte auf privaten Flächen wie etwa bei der "Liesl Karlstadt".
Stadtrat Rainer Schäfer machte sich Gedanken über die Belüftung. Aerosole würden sich in einem geschlossenen Zelt ebenso verbreiten wie in einem Gebäude. "Man sitzt aber gefühlt sicherer in einem Zelt", meinte Stadtrat Sebastian Kunz. Er geht davon aus, dass durch diesen psychologischen Effekt die Gäste eher einen Lokalbesuch wagen. Und: "Ein Zelt ist besser zu lüften als ein geschlossener Raum."
Schäfer wollte auch wissen, wie die Zelte gesichert werden. Verankerungen im Boden werde es nicht geben, erklärte Brune. "Sonst sieht unser Pflaster hinterher – salopp gesagt – aus wie ein Schweizer Käse." In die Bohrlöcher würde Wasser eindringen und bei Frost würden sie auffrieren. Die Zelte müssten mit Beschwerungen gesichert werden. Letztlich trage jeder Wirt das Risiko, wenn ein Zelt davonfliegt.
Brune sagte, die Altstadt werde sich verändern. Stadtrat Thorsten Heßdörfer dazu: "Was nützt uns die schönste Altstadt, wenn die Gastronomen weggehen." Er sieht wegen der Genehmigungen allerdings einen erheblichen Aufwand auf die Planungsbüros zukommen. Die seien ohnehin ausgelastet, weil viele heuer noch die 16 Prozent Mehrwertsteuer ausnutzen wollen.
Befristet bis Ende März
Die Zelte sollen abends so lange genutzt werden dürfen, wie bisher die Außenbewirtschaftung erlaubt war. Das sei in der Hauptstraße anders geregelt als etwa in der Maingasse, erklärte Brune. Die Zeltgenehmigungen sollen bis Ende März befristet werden. Sie gelten in allen Stadtteilen.
Stadtrat Harald Schneider brachte einen anderen Gedanken ins Spiel: "Wie wird die Stadt mit Anträgen von Bekleidungsgeschäften umgehen, wenn die auch Zelte aufstellen wollen?" Deren Verkaufsfläche reiche aus, dass die Kunden die Abstände einhalten können, erwiderte Hombach. Bisher hätten dort nicht weniger Kunden reingedurft als vor Corona.