Ist der aus Karlstadt stammende Franz Amrehn daran schuld, dass Würzburgs Kulturmeile heute in der Veitshöchheimer Straße liegt? Kulturspeicher, Cinemaxx und die Diskothek „Das Boot“ sind dort. Den Anfang aber hatte der „Zauberberg“ gemacht – heute nennt sich das Lokal Club. Franz Amrehn hatte die Location 1981 gegründet. Und er glaubt heute, dass dieser „Zauberberg“ wesentlichen Anteil daran hat, dass sich Würzburgs neues Vergnügungsviertel dort ansiedelt. 1989 verkaufte er seinen Anteil am „Zauberberg“ und war 17 Jahre auf der ganzen Welt unterwegs. Inzwischen ist er in München zu Hause und arbeitet dort als Computerfachmann, zuletzt war er Leiter einer IT-Abteilung.
Der heute 57-Jährige hatte sich in seiner Jugend schon in Karlstadt stark für die Szene engagiert, Konzerte mit Jazzrock-Bands im Pfarrsaal der Heiligen Familie organisiert und das Gremium der Jugendzentrums-Initiative geleitet. In Würzburg gründete er zwischen Keesburg und Hubland die Musikkneipe „Holzwurm“. Nachdem diese durch einen Kabelbrand vernichtet wurde, war er auf der Suche nach einer neuen Gaststätte. Er war damals 26. Und seine 18-jährige Frau Kerstin Brockmann-Amrehn erwartete ein Kind. Tochter Anne, heute ist sie Filialleiterin in einem Würzburger Tegut, sollte im September auf die Welt kommen – da war klar, dass er etwas Neues finden musste.
Bei Brauereien begehrt
Eine Kneipe zu finden, war zu jener Zeit leicht für ihn. Amrehn: „Die Brauereien haben sich damals um mich geprügelt.“ Bei denen hatte er sich inzwischen einen Namen gemacht als einer, der organisieren und Veranstaltungen auf die Beine stellen konnte. „Doch der neue Standort sollte zu Fuß erreichbar sein; beim ,Holzwurm‘ mussten die Leute immer mit dem Auto kommen“, berichtet Amrehn.
Bei der Suche entdeckte er den „Deutschen Garten“ in der Veitshöchheimer Straße. Diese Gaststätte sei vor dem Autobahnbau, als der Nord-Süd-Verkehr noch über die B 27 lief, gut gelaufen. Dann aber ging es immer mehr bergab, erzählt Amrehn. So war der Vertrag mit der Würzburger Hofbräu, der das Gebäude gehörte, bald geschlossen. Es sollte eine Art Kulturzentrum sein, ein Treffpunkt, ein Ort auch für Open-Air-Veranstaltungen.“ Wichtig sei ihm der große Biergarten gewesen. Beim „Deutschen Garten“ war auch diese Voraussetzung erfüllt. Der Garten war zwar seit 30 Jahren nicht mehr genutzt worden, aber die Konzession lag noch vor.
Amrehn beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen: Hatte die Stereoanlage im Holzwurm noch 2000 Mark gekostet, wurde nun eine Musikanlage für 25 000 Mark eingebaut. Im August 1981 war die Eröffnung. Der „Zauberberg“ spiegelte den Zeitgeist wider. New Wave, die Neue Deutsche Welle, Ideal, Police, Herbie Hancock und Michael Jackson wurden gespielt, auch Punk. Die Jazzrock-Ära dagegen neigte sich dem Ende entgegen.
Amrehn wollte weg vom ganz alternativen Publikum der Anfangszeit und alle Schichten ansprechen. „Ich wollte dabei auch die Grenzen zwischen den Etablierten und den Radikalen überbrücken.“ War in den ersten Jahren bei der Einrichtung Naturholz vorherrschend, so wurde nun radikal gewechselt: Der Fußboden wurde knallrot, es kam eine Hochglanz-Theke, dazu graue Möbel und Stahlstühle. Amrehn: „Ich war er Erste in Würzburg mit so einem Stil.“ Viele hätten das dann kopiert.
Kein Honigschlecken
„Der Anfang war allerdings kein Honigschlecken.“ Einen regelrechten Schub gab Willi Michl, der zehn Tage lang den Biergarten für Auftritte nutzen durfte. Jeden Abend waren 400 Gäste da. Das habe zwar noch keinen großen Umsatz bedeutet, weil nur in der Pause Bier nachgeholt wurde. Aber es löste einen „Zauberberg“-Hype aus. Der Durchbruch war geschafft mit dieser Mischung aus Biergarten, Tanzlokal, Life-Club, Open-air- und Theaterbühne. Und junge Leute gingen plötzlich wieder in einen Biergarten. Sonst waren sie im Sommer an einem Baggersee oder am Main.
1989 jedoch begann Franz Amrehn, Neues und sich selbst zu suchen. Er verkaufte seinen Anteil am Zauberberg und zog in die Welt. Indien, die USA, New York, Amsterdam, kürzere Aufenthalte in Thailand und Malaysia – das sind die wesentlichen Stationen dieser Zeit, in der er teilweise Urlaub machte, aber auch arbeitete als Landschaftsgärtner und sich ausprobierte als Leiter von Atemtherapiegruppen, als Trainer für Neurolinguistisches Programming (NLP) oder beim Hypnosetraining. Zwei Jahre blieb er auf Bali und eröffnete dort eine kleine Computer-Firma.
„Aber irgendwann merkte ich, dass ich mein kreatives Potenzial nicht verwirklichen konnte.“ Amrehn ließ sich in Indien zum Microsoft Certified System Engineer (MCSE) ausbilden und kam zurück nach Deutschland. „Hier wollte ich als IT-ler bestehen und einen guten Job machen.“ Das ist ihm offenbar gelungen, denn als ehemaliger Technische Zeichner bei Düker, Gastwirt in Würzburg und Lebenskünstler in verschiedenen Ländern hat er sich in München als IT-Abteilungsleiter verwirklicht.