
Karlstadt benötigt keine neuen Wohnbauflächen – eigentlich. In der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses nannte Verena Mörsner beeindruckende Zahlen: Es gibt im gesamten Stadtgebiet von Karlstadt 429 leerstehende Wohngebäude, 372 Baulücken und acht leerstehende Hofstellen. Die Umsetzungsmanagerin der ILE (Integrierte Ländliche Entwicklung) Main-Werntal sagte, an die Stadträte gewandt: "Sie haben gar keinen Druck, neue Baugebiete auszuweisen."
Hauptproblem ist, dass diese Immobilien in Privathand sind. Ende Oktober soll daher eine Befragung der Eigentümer erfolgen, inwieweit sie zum Verkauf bereit sind. Damit soll das Prinzip vorangetrieben werden, wonach die Ortskerne vorrangig am Leben erhalten werden sollen – statt immer weiter an den Ortsrädern neue Baugebiete zu erschließen. Die an der ILE Main-Werntal beteiligten Gemeinden Karlstadt, Arnstein, Thüngen, Eußenheim und Gössenheim haben sich zum Ziel gesetzt, keine "Donut-Dörfer" mit ausgestorbenen Ortsmitten entstehen zu lassen.
Oft hohe Gewinnerwartungen
Häufig würden die Eigentümer Häuser und Grundstücke für die Enkel vorhalten, sagte Verena Mörsner. Wenn es um die Frage des Verkaufs geht, stünden dem oft zu hohe Gewinnerwartungen im Weg. Schließlich müssen die Käufer hohe Summen in die Sanierung oder in den Abriss und Neubau investieren. Und häufig blockieren noch Unstimmigkeiten unter den Erben einen Verkauf.
Stadtrat Thorsten Heßdörfer, beruflich Architekt, sagte: "Die Grundstücke sind privat gebunden. Es ist wichtig, sie herauszulösen. Wir dürfen das jetzt nicht versemmeln." Ein Gebäude zu kaufen, zu sanieren oder abzureißen und neu aufzubauen sollte nicht teurer sein als ein Haus in einem Neubaugebiet. "Man darf nicht bestraft werden, wenn man im Altort baut." Es sei ohnehin schwerer, sich in eine bestehende Bebauung einzufügen. Man müsse den Menschen vermitteln, dass es schön ist, in enger Bebauung zu leben. "Wir müssen positive Beispiele bekommen."
Stadtrat Florian Burkard unterstrich das Gesagte mit einem Beispiel: Seit in Stetten der Platz am Torbogen saniert ist, würden junge Leute dort gerne hinziehen. Die Stadt sollte Sanierungen in den Ortskernen höher als nur mit 10 000 Euro fördern.
Neuer Schwung mit Dorferneuerungen
Bürgermeister Michael Hombach benannte ein anderes Problem: Teilweise würden die Eigentümer weiter weg wohnen und hätten daher kaum einen Bezug zu ihrer Immobilie. Er gehe aber davon aus, dass die aktuellen Dorferneuerungen in Laudenbach und Mühlbach Schwung in die Innenentwicklung bringen.

In Laudenbach gibt momentan 50 leerstehende Wohngebäude und 19 Baulücken. In Mühlbach sind es 16 leerstehende Wohnhäuser und neun Baulücken und in Stadelhofen vier leere Häuser und 13 Baulücken.
Gerade die letztgenannte Zahl macht stutzig. Wie Bauabteilungsleiter Marco Amrhein erläutert, gibt es in Stadelhofen für ein Gebiet einen rechtskräftigen Bebauungsplan. Das Gebiet ist aber nicht erschlossen. Das würde erst bei entsprechender Nachfrage geschehen. Und als Leerstand gilt jedes Haus, in dem niemand beim Einwohnermeldeamt gemeldet ist. Dazu zählen demnach auch Gebäude, die gerade saniert werden.
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