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Karlstadt
Karlstadter Arzt verurteilt Mobbing Russisch sprechender Menschen
Dr. Turin: Es gibt eine Hasswelle in der Gesellschaft. Kinder und Erwachsene werden ausgeschlossen. Das sei es, was Putin will.
Dr. Igor Turin sammelt Hilfsgüter für die Ukraine und wendet sich zugleich gegen die Benachteiligung russischsprachiger Menschen.
Foto: Turin | Dr. Igor Turin sammelt Hilfsgüter für die Ukraine und wendet sich zugleich gegen die Benachteiligung russischsprachiger Menschen.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:27 Uhr

Dr. Igor Turin ist in Kiew geboren, lebt schon lange in Deutschland, hat hier studiert und praktiziert seit 2005 als Rheumatologe in einer Karlstadter Gemeinschaftspraxis. Er ist federführend bei einer Hilfsaktion für die Ukraine. Am Dienstag ist bereits der sechste Sattelschlepper mit Hilfsgütern abgefahren, die in Karlstadt gesammelt wurden. Gleichzeitig macht sich Turin stark gegen einen Russenhass, der sich seiner Beobachtung nach in Deutschland ausbreitet.

Frage: Wo haben Sie in den vergangenen Tagen Anfeindungen gegenüber russischen Menschen gespürt?

Igor Turin: In Bayern hat man das in den vergangenen Tagen noch nicht so gemerkt, weil Schulferien waren. Aber in Nordrhein-Westfalen beispielsweise wurden Kinder, die Russisch sprechen, in der Schule gemobbt. Kinder und Erwachsene werden über Chatgruppen ausgeschlossen. Es gibt Restaurants, welche die Devise ausgegeben haben: Wir bedienen keine Russen. Es gibt eine Hasswelle in Deutschland. Auch nehmen Lebensmittelmärkte russische Waren aus dem Sortiment – Eis, eingelegte Tomaten, Gurken zum Beispiel. Es werden Lieferungen eingestellt. Und ich habe gehört, dass andernorts schon Kühlregale mit russischen Waren in Läden demoliert wurden.

Dass Waren aus dem Sortiment genommen werden, hat mit den beschlossenen Sanktionen zu tun.

Turin: Ich gebe keine politische Wertung zu Sanktionen ab. Ich stelle fest, dass es Menschen trifft, die jetzt pleite gehen oder arm werden, weil sie keinen Absatzmarkt mehr haben. Sie leiden darunter. Diese Menschen fragen sich: Warum werde ich bestraft? Das ist es, was Putin will.

Sie beobachten eine Spaltung der deutschen Gesellschaft in ein Lager, das für die Ukraine ist, und eines, das für Russland ist.

Turin: Auf der Welt gibt es, soweit ich weiß, etwa 300 Millionen Menschen, die Russisch sprechen. Ich habe meinen Söhnen auch Russisch beigebracht. Aber meines Wissens leben nur 150 Millionen in Russland. Ob jemand Russisch spricht oder nicht, das sagt überhaupt nichts über ihn aus. Putin will, dass unsere Gesellschaft explodiert.

Ihre Wurzeln sind in Kiew. Warum haben Sie Ihren Söhnen Russisch beigebracht und nicht Ukrainisch?

Turin: In der Ukraine können alle Menschen Russisch. Etwa 80 Prozent sprechen es auch zu Hause, auch wenn Ukrainisch die Amtssprache ist. Offizielle Dokumente sind auf Ukrainisch abgefasst. Es wird in der Ukraine keiner schief angeschaut, wenn er Russisch spricht. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi spricht teils auf Ukrainisch, teils auf Russisch zum Volk. Zu Hause spricht er Russisch, seine Mutter hat ihm in der Kindheit Lieder auf Russisch vorgesungen. Vor seiner Präsidentschaft war er ein Fernseh-Showmaster. Seine Shows waren alle auf Russisch. Diese Sprache wird in Estland, Lettland und Litauen ebenso gesprochen oder verstanden wie in Armenien und Georgien und in mittelasiatischen Ländern.

Ihr Fazit?

Turin: Ich habe eine Bitte: Nicht alles, was russisch ist, ist schlecht. Sehr viele Russischsprachige leben in der Diaspora auf der ganzen Welt verteilt, ebenso in Deutschland. Sehr viele von Ihnen sind auch hier geboren sind nie in Russland gewesen, beherrschen aber die Sprache. Es muss aufhören, dass gegen Menschen vorgegangen wird, nur weil sie Russisch können oder sprechen.

 
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  • R. K.
    Man darf auf keinen Fall das russische Volk generell für diesen Krieg verantwortlich machen. Man muss nur mal in der eigenen deutschen Geschichte schauen. Wir finden es auch nicht i.O., wenn man uns für das verantwortlich macht, was Hitler und sein Militärstab gemacht haben. Der konnte von den Deutschen leider nicht ausgebremst werden. Und ich habe große Angst, dass wieder viel zu lange zugeschaut wird. Soviel Menschen sterben, werden verletzt oder tragen seelische Probleme davon. Auch Russen. Das ist Putins Krieg. Nicht der Krieg der Russen.
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  • A. G.
    Was soll der ganze Mist Menschen zu mobben bloß weil sie russisch sprechen. Viele von ihnen sind als Kinder nach Deutschland gekommen und sind mittlerweile selbst Eltern oder sogar schon Großeltern. Mit den "Russen" (selbst Polen sprechen auch russisch) mit denen ich gesprochen habe verurteilen den Krieg und Putin. Manche tauen sich schon nicht mehr gleich ihre ehrliche Meinung zu sagen weil sie nicht wissen wen sie vor sich haben ( Befürworter oder Gegner des Krieges und Putins). Auch die Kinder aus anderen Ländern werden meistens zweisprachig erzogen und ich finde es absolut in Ordnung denn wir würden es auch nicht anders machen. Das Eigentum anderer zu zerstören ist absolut nicht in Ordnung und es bleibt doch jedem selbst überlassen wo er einkauft. Das "lustige"an der ganzen Sache ist das sehr viele Produkte die in "russischen"Läden verkauft werden nicht einmal aus Russland kommen. Mein Tipp : denkt erst einmal nach bevor ihr handelt.
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  • H. R.
    Mich wundert das nicht, ich habe selbst mit Leuten die aus Russland stammen gesprochen,
    ..... welch eine Schande, viele von denen befürworten, oder wissen gar nichts von dem Krieg,
    Ich würde diese Leute einfach heim nach Russland schicken!!!!
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  • G. L.
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  • C. B.
    Ich schäme mich für manche Mitmenschen
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