
Mit großem Erfolg führte in Karlstadt die Theatergruppe AKT unter der Regie von Wolfgang Tröster im Rahmen des Kunstprojekts "Mensch werden" eine Lesung des Faust-Dramas in der evangelischen Kirche St. Johannis auf. Pfarrer Matthias Hörning betonte in seiner Begrüßung, indem er auf den in dem Kunstprojekt zutage tretenden Anspruch hinwies, dass sich jeder Mensch – wie Faust – der Herausforderung eines sinnvollen und erfüllten Lebens stellen müsse. Darüber nachzudenken und dies nachzuspüren biete das Kunstprojekt einen guten Zugang.
Das Drama beschreibt den Lebensweg des umtriebigen, nach Transzendenz strebenden, aber aufgrund eines fragwürdigen Paktes mit dem Teufel immer wieder scheiternden, dann aber letztlich doch erlösten Wissenschaftlers Doktor Faustus. In seinem Bemühen nach Selbstfindung und dem Streben nach umfassender Erkenntnis – sozusagen nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält – resigniert er und gibt sich nach dem Pakt mit dem Teufel Mephisto der Begierde, dem Genuss und der Leidenschaft hin und lädt so immer wieder Schuld auf sich. Am Ende wird er errettet, weil er "sich immer strebend bemüht" hat und weil ihm "die unendliche Liebe zuteil" wird.
Mit diesem transzendenten Finale des Dramas habe Goethe, so Wolfgang Tröster in seinem Schlusskommentar, in visionärer Voraussicht auf Herausforderungen gerade auch für unsere Gegenwart hingewiesen, nämlich auf die der Vernunft, der Liebe und einer auf Menschenrechte gegründeten Werteordnung, die erst ein friedliches Zusammenleben der Menschen ermögliche. Die Schlüsselszenen wurden von der Theatergruppe intensiv und packend vorgetragen. Teilweise ähnelte die Lesung schon einem Theaterstück.
Fulminant unterstützt wurden die Rezitatoren von Philip Hahn mit einer eigens zusammengestellten Orgelmusik.
Den Inhalt des Stückes, in dem Szenen aus beiden Teilen des Faust dargeboten wurden, verbunden durch eingeflochtene Kommentare von Georg Schirmer und Wolfgang Tröster, veranschaulichten sehr präsent Matthias Frädrich als teils depressiver, aber auch impulsiver Faust, Eliza Zeilmann mit dem Outfit und der Stimme des verführerischen, sarkastischen, mitleidlos kalten Mephisto, Helena Diel als von Fausts Leidenschaft überwältigte, später im Unglück bemitleidenswerte junge Frau, Günther Rösch als Herr, mächtiger, geheimnisvoller Erdgeist und böser Geist, und Dieter Klein, ebenso furchteinflößender böser Geist sowie als Wagner und stürmischer Euphorion. An der Vorbereitung war auch Rosalinde Weigert beteiligt. Die Aufführung wurde mit lang anhaltendem Beifall gewürdigt. Der Spendenerlös kommt dem Arbeitskreis Ehemalige Synagoge Laudenbach und der Ukraine-Nothilfe zugute.