
Ist das nun ein derber Schenkelklopfer, ein plumper Sex-Klamauk oder doch eine Situationskomödie mit sozialkritischem Hintergrund und voller Einblicke in die menschliche Seele? "Eine ganz heiße Nummer" von Andrea Sixt umfasst wohl beides. Bei der Premiere des Stücks durch das Ensemble des "Theaters in der Gerbergasse" in Karlstadt waren die Rückmeldungen des Publikums jedenfalls durchaus gespalten. Während die Handlung und die teilweise sehr deftigen Dialoge bei einigen zu Stirnrunzeln führte, kamen beispielsweise Fans der "Eberhofer-Krimireihe" voll auf ihre Kosten.
Da sind einmal die drei wirtschaftlich und sexuell unzufriedenen Damen Sarah, Lolita und Maria im Gegensatz zu lustlosen oder untreuen Männern, da ist die bigotte Bürgermeistergattin Gerti sowie der Dekan Gandl. Und dann ist da die Dorfgemeinschaft, die lieber zum Discounter fährt als im Dorfladen einzukaufen. Deshalb stehen die drei Mädels vor dem finanziellen Ruin, zumal die Bank den laufenden Kredit gekündigt hat. Da bringt ein fehlgeleiteter Sex-Anruf die rettende delikate Geschäftsidee: Unter dem Slogan "Das Allerbeste aus der Heimat" bieten sie neben Brötchen und Konservendosen einen erotischen Telefonservice an. Flyer und Zeitungsanzeigen verhelfen rasch zur Bekanntheit. Die erste Telefonabrechnung bringt einige Tausender Gewinn.
Vom Mauerblümchen zum Vamp
Hier zeigt sich eine geschickte Regie von Werner Hofmann und seiner Co-Regisseurin und die tolle schauspielerische Leistung der vier Protagonistinnen. Hanni Graf, die Grande Dame der Gerbergasse, bringt perfekt als derbe Sarah mit anzüglichen oder doppeldeutigen Sprüchen die "Männer, die schwindliche" in Wallung. Sie kann aber auch ganz hervorragend die leisen Töne. Claudia Lankes, die "Heiße Maya" läuft zur Hochform auf: Zeit hab' ich, die Kinner sind aus'm Haus un' der Opa schläft immer! Sie haut ihren Anrufern die "Geschichte der O" um die Ohren oder bringt sie mit der "Chinesischen Schlittenfahrt" zum Schlucken.

Lisa Scheiner ist als Lena die Jüngste und wandelt sich vom scheuen Mauerblümchen: "Ich bin ja noch Jungfrau - eigentlich!" zum lasziven Vamp. Sie zeigt dabei beachtliche Ausdrucksformen. Auf das Beichten verzichtet sie eben noch eine Weile! Allgegenwärtig umtriebig und nervig spielt Margaritha Rügamer die bigotte Bürgermeistergattin Gerti. Volker Eckstein zeigt sich in der Doppelrolle des Pfarrer Gandl und Waltrauds Ehemann Heinz. Lorenzo Bayerlein ist als Willi in die Lena verliebt und Frank Hessdörfer leitet im Tele-Talk die Wandlung mit Maria ein.
Probleme im eigenen Liebesleben
Zum Schluss wendet sich das Spiel mit durchaus tiefsinnigen und nachdenklich stimmenden Entwicklungen. Trotz des großen finanziellen Erfolgs und der Anfeindungen durch die konservative Dorfgemeinschaft wachsen bei den drei lustvollen Damen die Zweifel an ihrem Tun. Die Probleme in ihrem eigenen Liebesleben tun sich nach und nach auf und die Gespräche nehmen einen ungeahnten Verlauf. Maria erkennt das an ihren Telefonaten mit dem Bänker Stefan, die "Heiße Sarah" Waltraud lernt ihren Mann Heinz mit neuen Augen zu sehen und Lena erkennt die Vorzüge des zuverlässigen Willi kennen. "Wir haben die Männer glücklich gemacht - aber ich mag mich jetzt nimmer", sagt Maria. Waltraud klagt über "des G'schiss mit dem Sex". Alle drei wandeln sich - auch die vierte, die Bürgermeistersfrau!
Wer Freude an derben Sprüchen und kerniger Situationskomik hat, wird in der Gerbergasse voll auf seine Kosten kommen. Das Ensemble überzeugt mit großer Spielfreude, das Bühnenbild von Peter Gsell ist wie immer eine Augenweide. Vorstellungen sind noch bis zum 25. Mai geplant, Termine können auf der Homepage des Theaters gefunden werden.