Dass der Karli das in seinem hohen Alter noch erleben durfte! Man stelle sich vor: Es ist Heimatfest, und alle gehen hin! So war's am Donnerstag: Das Festzelt und der Biergarten gut gefüllt, für Gemündener Verhältnisse also eigentlich schon überfüllt.
Woran das lag? Vielleicht daran: keine Fußball-EM oder WM, kein Regen, keine zu große Hitze, kein Würzburger Kalkwasser im angeblichen Lohrer Bier . . . Oder hat man hierherum seit der Verkürzung auf vier Tage gelernt, dass man die Heimatfestzeit gut nutzen muss?
Was den Schwarzkittel noch verwundert hat, ist das verschwundene riesige Bild mit der Gemünden-Silhouette an der Stirnwand vom Festzelt hinter der Musikkapelle. Jetzt habe man fast freie Sicht auf die Scherenburg und ein paar Stadttürme, freuten sich manche Besucher. Und ganz verschwunden ist das Gemünden-Bild (das mal eine Auffrischung vertragen könnte) nicht, es hängt jetzt an der gegenüberliegenden Stirnseite.
Die grundsätzlichen Dinge beim Heimatfest natürlich ändern sich nicht. So zum Beispiel der inoffizielle Wettbewerb unter den Besuchern, an welchen Tischen man bedient wird und an welchen man die tollsten akrobatischen Verrenkungen machen kann und trotzdem keine Beachtung findet. Letzteres passiert dem Karli immer wieder, was immerhin den Vorteil hat, dass er die flotten und sympathischen Bedienungen der Nachbartische kennenlernt; die schleppen dutzendweise Maßkrüge und riesige mit Speisen überladene Tabletts vorbei und rufen dem durstigen, auf Bank und Tisch hampelnden Karli zu: „Leider nicht mein Tisch.“
Verhungert und verdurstet ist der Keiler am Donnerstag trotzdem nicht, sondern sogar noch belehrt worden. Das Heimatfest dient ja auch der Völkerverständigung, wobei die etwas einseitig ist: Der fränkische Gast muss die bayerischen Gutturallaute des einen oder anderen Kellners zumindest im Ansatz zu deuten wissen. So könnte beispielsweise ein gepresst hervorgestoßenes „Ochtfuchzgey“ in der Übersetzung bedeuten, dass der Kellner „acht Euro fünfzig“ möchte.
Der Karli hatte es am Donnerstag mit einem Oberkellner zu tun. Oder Oberlehrer. Die Speisekarte weist den Rollbraten, den es unter der Woche gibt, am Sonntag – dann mit Kloß und Soß' – als Schweinsbraten aus. Ist egal, dachte der Karli und erbat sich einen Schweinbraten. „Werlesnkaa, woaß, dengibt'sheitneet“, sprach's und entschwand, woraufhin der Karli erst wieder einige Zeit zum Akrobaten und dann zum Selbstversorger wurde.
Die beste Nachricht der Woche freilich gilt nicht dem leiblichen Wohl eines Wildschweins, sondern den schwer geprüften Sinngrundfahrern und den noch schwerer geprüften Anliegern der aktuellen Umleitungsstrecken: Am 19. Juli ist Schluss mit der Sperrung der Staatsstraße, dann haben freie Sinngründer wieder freie Fahrt!
Klargestellt werden muss noch, dass die herumstehenden Blauen Tonnen am Rienecker Läusberg nicht eine neuerliche Untergrundaktion umleitungsgeplagter Bürger ist, sondern die Tonnen wurden bei der Altpapierleerung am vergangenen Freitag einfach vergessen. Und der versprochene Nachholtermin am Mittwoch verstrich. Seither sehen die umleitungsgeplagten Anlieger nicht mehr rot. Sondern blau.