
Im 4. und 5. Jahrhundert erreichten fränkische Siedler den Raum Karlburg. Günstig im Talkessel am Verkehrsweg Main, in einer fruchtbaren Landschaft gelegen, entwickelte sich Karlburg schnell. Über den Main war nach Westen das Rheinland und nach Osten Böhmen sowie streckenweise über die Altmühl die Donau erreichbar. Fernwege in südliche und nördliche Richtung führten über Karlburg.
Bis Ende des 5. Jahrhunderts waren die Franken so zahlreich, dass es zu Kämpfen mit den hier ursprünglich lebenden Alemannen und Thüringern kam. Der fränkische König Chlodwig besiegte um 490 die Thüringer und 507 die Alemannen und gliederte das eroberte Gebiet als Ostfranken in das fränkische Reich ein.
Ab dem 7. Jahrhundert entwickelte sich Karlburg sprunghaft. Das Siedlungsgebiet zog sich zirka zwei Kilometer entlang des Mains und erreichte eine Breite von zirka 300 Meter. Im Schutze von zwei Höhenburgen, eine hinter der heute sichtbaren Karlsburg und eine weitere zwischen Edelweiß und Gambach, wurde Karlburg planmäßig zu einem frühmittelalterlichem Zentrum mit Kloster, Königsburg, Kirche und Turmburg ausgebaut.
Auch Karl der Große könnte da gewesen sein
Handwerk, Handel und Kunst und zirka 500 Bewohner zeugen von der Bedeutung Karlburgs. Kloster und Königshof deuten darauf hin, dass hochgestellte Persönlichkeiten wie Bischöfe und kaiserliche Gesandte hier Station machten. Auch von Besuchen Karls des Großen kann ausgegangen werden, da Karlburg Station auf dessen Reisen nach Frankfurt beziehungsweise Nürnberg war.

Funde (zu sehen im Museum Karlstadt) zeigen, dass zahlreiche Mitglieder der gehobenen Gesellschaft in Karlburg zu Gast waren. Der Handel war aufgrund der verkehrsgünstigen Lage mit entscheidend für den Aufstieg Karlburgs. Die Ausgrabungen in Karlburg im Jahre 2000 brachten zirka 50 Grubenhäuser – typische Werkstatt und Lagerhäuser – zu Tage. Hier wurden vor allem importierte Waren verarbeitet und umgeschlagen sowie gefertigte Waren exportiert. Funde belegen: Hier wurden Spitzenprodukte aus Metall, Tuch, Gold und Ton hergestellt.


Unter den zahlreichen gefundenen Tonscheiben ragen insbesondere Fragmente einer besonderen Keramik, die als „Tatinger Ware“ bezeichnet wird, heraus. Es handelt sich dabei um Kannen mit besonders dünner Wandung in qualitativ hochwertiger Fertigung. Neue Untersuchungen des verwendeten Tons belegen, dass diese Kannen im Raum Karlburgs gefertigt wurden.
Dass in Karlburg hochspezialisierte Goldschmiede tätig waren, zeigen fein gearbeitete Riemenbeschläge, die bei den Grabungen gefunden wurden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden: Karlburg erfüllte die Voraussetzungen für einen mittelalterlichen Zentralort mit Herrschaft, Schutz, Kultur, Handel, Verkehr und Gewerbe. Bauwerke wie Burg, Kloster, Kirche sowie Webhütten, Koch- und Backhäuser, Ställe, Mühlen und Wohnhäuser wurden von Nonnen, Priestern, Schülern, Kaufleuten, Handwerkern, Soldaten, Bauern, Fischern und Hirten genutzt und eine karolingische Verwaltung regelte das tägliche Leben.
Das Marienkloster Karlburg
Das Marienkloster Karlburg geht der Legende nach auf eine Gründung der heiligen Gertrud von Nivelles um 640 zurück. Es war ein Kloster, in dem hochgebildete Frauen lebten, die des Lesens, des Schreibens und der Beherrschung mehrerer Sprachen fähig waren. Das Kloster wurde später dem Bistum Würzburg von den karolingischen Herrschern geschenkt.
Zeitgleich stiftete Herzog Hetan II (der letzte Frankenherzog) seiner Tochter Immina das Kloster auf dem Würzburger Marienberg. Immina übereignete das Kloster Marienberg dem ersten Würzburger Bischof Burkhard im Tausch gegen die lebenslange Nutzung des Klosters Karlburg. Immina blieb Äbtissin des Klosters Karlburg bis zu ihrem Tod um das Jahr 750. Sie wurde in Karlburg beigesetzt. Im Zuge der Auseinandersetzungen mit den Grafen von Rieneck wurden ihre Gebeine nach Würzburg gebracht und werden dort bis heute im Dom aufbewahrt.
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Die sprunghafte Vergrößerung des Siedlungsareals belegt einen planmäßigen Ausbau seitens der merowingischen Könige. Die komplexe Struktur der Siedlung weist Karlburg als frühmittelalterliches Zentrum aus. Die umfangreichen, qualitativ hochwertigen Funde in und um Karlburg lassen auf die Anwesenheit hoher geistlicher und weltlicher Würdenträger schließen. Mit Ablösung der Merowinger durch die Karolinger um 750 wurde wohl auch der heutige Ortsname gebräuchlich.
Der Landausbau rund um Karlburg und damit die zentrale Funktion wird durch zahlreiche Siedlungsgründungen belegt. Nachweisbar sind: Mühlen in Mühlbach, Flussübergang in Gainfurt und Handwerkersiedlung am Sändlein in Karlstadt. Die historisch-archäologischen Quellen lassen erkennen, dass im damaligen Ostfranken Karlburg als ausgedehntes Königsgut bestand. Der Ort war ein Zentralort und Stützpunkt des Hochadels. Er war untrennbar mit der Frühgeschichte Würzburgs verbunden und hatte bedeutenden Anteil an der Entwicklung des Bistums.
Niedergang Karlburgs
In der nachkarolingischen Zeit und nachdem Würzburg Bischofssitz wurde, verlor Karlburg immer mehr zentrale Funktionen. Bis ins 13. Jahrhundert war Karlburg zwar noch Ministerialensitz, aber die wesentlichen Funktionen gingen an Würzburg über. Die Entscheidung des Würzburger Bischofs Konrad von Querfurt, auf der gegenüberliegenden Mainseite Karlstadt zu bauen, besiegelte das Schicksal Karlburgs.

1236 wurde Karlburg durch die Grafen von Rieneck verwüstet und wurde bedeutungslos. Bezeichnend für das geringe Interesse des Bischofs an Karlburg war ein Vertrag zwischen der Gräfin Adelheit von Rieneck und Bischof Hermann von Lobdeburg, in dem sich Rieneck verpflichtete, für die Verwüstung Karlburgs 100 Mark in Silber zu zahlen. Das Geld wurde in Würzburg vereinnahmt und nicht für den Wiederaufbau Karlburgs verwendet.
Nach Wiedereröffnung wird das Museum in Karlstadt die Besiedlungsgeschichte des Raumes Karlburg in der merowingischen, karolingischen und nachfolgender Zeit zeigen.
Literatur: R. Obst 2011: Vom Konkurrenten zum Gefährten. Der frühmittelalterliche Zentralort Karlburg am Main. In: G. Stasch/ F.Verse(Hrsg.), König Konrad I. Herrschaft und Alltag. Begleitband zur Ausstellung: 911 - Konigswahl zwischen Karolinger und Ottonen (Fulda 2011) 129-142.
P. Ettel, 2011: Der frühmittelalterliche Zentralort Karlburg am Main mit Königshof. Marienkloster und zwei Burgen in in karolingisch-ottonischer Zeit. In: J. Machacek/S. Ungerman (Hrsg.),Frühgeschichtliche Zentralorte in Mitteleuropa. Stud. Arch. Europas 14 (Bonn 2011)459-478.
Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter www.mainpost.de/geschichte_mspL.