Zum zweiten Mal hintereinander musste in diesem Jahr die traditionelle Lohrer Karfreitagsprozession ausfallen. Tausende von Menschen an den Straßen der Altstadt dicht gedrängt – das wäre nicht zu verantworten gewesen. Als – wenn auch schwachen – Ersatz hatte man sich in diesem Jahr eine andere Lösung einfallen lassen: Die ganze Karwoche über waren die einzelnen Prozessionsfiguren, die das Leiden und Sterben Jesu Christi darstellen, in den verschiedenen Kirchen im Lohrer Stadtgebiet, aber auch in anderen öffentlichen Einrichtungen wie dem Alten Rathaus aufgestellt. Die sonst übliche kurze Andacht auf dem Kirchplatz zum Abschluss der Prozession hatte man auf den Abend des Karfreitags verlegt.
Auch dabei galten die coronabedingten Einschränkungen, Maskenpflicht und Sicherheitsabstand. Dass sie eingehalten wurden, dafür sorgten Zugangskontrollen. Der aufkommende kühle Abendwind mag manchem die Entscheidung erleichtert haben, zu Hause zu bleiben, aber mehr als die etwa 100 Personen, die gezählt wurden, hätten unter diesen Bedingungen wohl auch keinen Platz gefunden. Die Prozessionsmusik kam vom Band. Gesungen werden dufte nicht.
Auch Gruppen aus Goldbach gingen den Pilgerweg
Stadtpfarrer Sven Johannsen stellte rückblickend fest, das Angebot "Pilgerweg statt Prozession" sei sehr gut angenommen worden sei. Viele Gläubige hatten sich einzeln oder in Gruppen auf den Weg gemacht, der, wenn man ihn in der Reihenfolge der Leidensstationen an einem Tag zurücklegen wollte, zehn bis 15 Kilometer betrug. Die Pilger kamen nicht nur aus der Stadt und der Pfarreiengemeinschaft, sondern aus der ganzen Region. So berichtete der Pfarrer, dass unter anderem eine Gruppe aus Goldbach (Lkr. Aschaffenburg) eigens dazu mit einem Bus nach Lohr gekommen war.
Auch der evangelische Dekan Till Roth nannte es eine gute Idee, statt der Prozession in diesem Jahr einen individuellen Weg der Besinnung anzubieten.
Dank an die, die in der Pandemie anpacken
Neben der Not, in welche die Pandemie viele Menschen gesundheitlich und auch geistig bringe, dürfe man auch die Hilfsbereitschaft der Vielen nicht übersehen, die sich in den unterschiedlichsten Diensten für ihre Mitmenschen einsetzen, sagte Pfarrer Johannsen. Das gelte nicht nur in Krankenhäusern, Test- und Impfzentren. Ohne viele Helfer im Pfarrgemeinderat, im Förderkreis Lohrer Karfreitagsprozession und in den einzelnen Kirchengemeinden und Einrichtungen wäre zum Beispiel auch der Transport der Figuren nicht möglich gewesen. Dafür bedankte er sich vor allem beim Technischen Hilfswerk. Alle diese Helfer stellten sich damit in die Nachfolge von Menschen wie Simon von Cyrene, der dem erschöpften Jesus das Kreuz tragen half, oder der heiligen Veronika, die ihm das Schweißtuch reichte.
Die Andacht endete mit Fürbitten und mit dem Segen der Geistlichen beider Konfessionen.
Der Corona-Pandemie war auch schon das traditionelle Turmblasen der Stadtkapelle am Abend des Gründonnerstags zum Opfer gefallen. Die Gottesdienste am Gründonnerstag, Karfreitag und den Ostertagen waren so gut besucht, wie es die Umstände zuließen.