zurück
Lohr
Kanalanschlüsse Fischergasse: Geht der Streit vor Gericht?
Die Stadtwerke haben im Zuge der Sanierung von Fischergasse- und Muschelgasse auch die Regenrinnenanschlüsse an den Kanal erneuert. Über die Abrechnung dieser Arbeiten ist nun ein Streit zwischen Anwohnern und Stadtwerken entbrannt. Es zeichnet sich ein Rechtsstreit ab.
Foto: Johannes Ungemach | Die Stadtwerke haben im Zuge der Sanierung von Fischergasse- und Muschelgasse auch die Regenrinnenanschlüsse an den Kanal erneuert.
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 24.05.2021 02:15 Uhr

Um die Abrechnung von Kanalanschlüssen in der Lohrer Fischer- und Muschelgasse zeichnet sich ein Rechtsstreit zwischen Anwohnern und Stadtwerken ab. Das wurde am Montagabend bei der die Sitzung des Werkausschusses des Stadtrats deutlich. Mehrere Anwohner kündigten danach gegenüber der Redaktion an, die Rechnungen nicht zahlen zu wollen, da sie keinen Auftrag erteilt hätten und die Rechtsgrundlage nicht klar sei.

Die Vorgeschichte: Im Rahmen der Generalsanierung der beiden stadtbildprägenden Gassen haben die Stadtwerke nicht nur Kanäle und Leitungen erneuert, sondern auch Hausanschlüsse. Auch die Anschlüsse von Regenrohren an den Kanal wurden erneuert. Da die Häuser in der Fischer- und Muschelgasse meist bis auf die Grenze gebaut sind, erfolgten die Anschlüsse der Dachabläufe an den Kanal in der Regel auf öffentlichem Grund.

45 Rechnungen, 19 Einsprüche

Nach Erledigung der Arbeiten schickten die Stadtwerke 45 Hausbesitzern Rechnungen. Die geforderten Beträge beliefen sich je nach Aufwand auf bis zu über 2000 Euro. "Auftrag: Sanierung Dachrinnenanschluss" lautete der Betreff. Doch mehrere Anwohner schildern, nie einen Auftrag erteilt zu haben. Die Aufregung im Fischerviertel ist seither groß. Von den 45 Rechnungsempfängern haben mittlerweile 19 Einspruch eingelegt.

Das sagte Otto Mergler, Leiter der Stadtwerke, in der Sitzung. Sachbearbeiter Johannes Goßmann erklärte sodann, dass jeder Hauseigentümer rechtlich nur Anspruch auf einen Hausanschluss habe. Die Kosten für diesen trügen die Stadtwerke. Für weitere Anschlüsse, beispielsweise für Dachrinnen, müsse der Eigentümer zahlen. Solche Anschlüsse seien unumgänglich, weil es illegal sei, Wasser aus Dachrinnen einfach auf die Straße laufen zu lassen.

Stadtwerke: Günstigste Lösung

Goßmann sagte jedoch auch, dass es zu Fällen wie denen in der Fischer- und Muschelgasse "noch keine Rechtsprechung" gebe. Allerdings hätten der Gemeindetag und eine Hochschule für Öffentliches Recht den Stadtwerken empfohlen, die Kosten für die Anschlüsse der Dachrinnen den Anwohnern in Rechnung zu stellen.

Goßmann sah in dem beschrittenen Weg ein Entgegenkommen der Stadtwerke. Schließlich hätte man auch auf den Bau von Kontrollschächten bestehen können oder darauf, dass die Hausbesitzer die Dachrinnenabläufe auf eigene Kosten ins Haus leiten und dort mit dem Hausanschluss verbinden. Der direkte Anschluss an den Kanal sei die einfachste und für die Anwohner kostengünstigste Lösung gewesen, so Goßmann.

"Reine Selbstkosten"

Man habe nur "die reinen Selbstkosten" in Rechnung gestellt, sagte Mergler. Goßmann ergänzte, dass die Rechnungen auch deshalb angezeigt seien, weil ansonsten indirekt "alle anderen Bürger in Lohr" dafür zahlen müssten. Den Anwohnern sei im Vorfeld gesagt worden, dass die Stadt nur den Hauptanschluss auf ihre Kosten erneuern werde, für weitere Anschlüsse jedoch gezahlt werden müsse, sagte Goßmann auf Nachfrage noch.

Mehrere Anwohner indes widersprechen dieser Darstellung. Bei einem Treffen vor Beginn der Sanierungsarbeiten sei ihnen gesagt worden, dass die Stadt die Kosten für alle Arbeiten im öffentlichen Grund tragen werde. Auch die Aussage, wonach ihnen nur "reine Selbstkosten" in Rechnung gestellt worden seien, zweifelten Anwohner gegenüber der Redaktion an. So seien in den Rechnungen auch Kostenanteile für das Aufgraben der Gasse und das Entsorgen von Aushub auf einer Deponie aufgeführt.

Auch über die rechtliche Argumentation der Stadtwerke wundern sich Anwohner. In dem Antwortschreiben auf ihren Einspruch hin hätten die Stadtwerke auf die Paragrafen 677 folgende des Bürgerlichen Gesetzbuchs verwiesen. Sie regeln die "Geschäftsführung ohne Auftrag". In der Sitzung am Montag indes war von diesen Paragrafen keine Rede mehr. Stattdessen nannte Goßmann die Entwässerungssatzung der Stadt als Grundlage der Rechnungen.

Anwohner kontaktieren Anwalt

Darin steht, dass Grundstücksanschlüsse von der Stadt hergestellt, verbessert und erneuert werden. Goßmann erklärte dazu, dass dies nur für den einen Hauptanschluss eines Hauses gelte, nicht jedoch für weitere.

Unterdessen haben einige Anwohner die Rechnung der Stadtwerke offenbar bezahlt. Etliche andere jedoch ließen die bis 15. Mai gesetzte Zahlungsfrist verstreichen. Ein Anwohner kündigte gegenüber der Redaktion eine Gruppenklage an. Man habe bereits Kontakt zu einem Fachanwalt aufgenommen. Ein anderer sagt: "Ich mache keine Klage, ich zahle einfach nicht." Er sehe die Stadt in der Pflicht, rechtlich eindeutig nachzuweisen, dass die Rechnung berechtigt war.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lohr
Johannes Ungemach
Bau
Gerichtsklagen
Kostenanteile
Rechtsstreits
Sammelklagen
Sanierung und Renovierung
Selbstkosten
Stadtwerke
Städte
Öffentliches Recht
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top