Der Kauf zweier gebrauchter Müllautos im Herbst 2015 für einen Schulfreund aus Lagos (Nigeria) brachte einem Kfz-Meister aus dem Landkreis eine Anklage wegen Betruges ein. Die dafür geflossenen knapp 47 000 Euro überwies ihm unter ungeklärten Umständen nämlich nicht der Schulfreund, sondern eine Textilfirma aus Kanada. Diese hatte das Geld einer pakistanischen Firma überweisen wollen, die verwendete IBAN gehörte aber zum Konto des Angeklagten bei der Commerzbank.
Für ihn sei das ein ganz normales Geschäft gewesen, erklärte der 38-Jährige in gutem Deutsch vor dem Amtsgericht Gemünden. Er habe öfter für Landsleute Autos besorgt und über Antwerpen nach Lagos verschifft. Für die gebrauchten Müllfahrzeuge sei er insgesamt 3000 bis 4000 Kilometer gefahren, um schließlich in Pilsen und Brüssel fündig zu werden. Für 17 000 und 18 000 Euro habe er die gebrauchten Mülllaster gekauft und samt Papieren gleich an Fahrer übergeben, die sie zum Verschiffen brachten. Abzüglich des Transports habe er etwa 1400 Euro daran verdient.
Kaufbelege fehlen
Diese Einzelheiten des Geschehens kamen zum ersten Mal in der Gerichtsverhandlung zur Sprache, allerdings gibt es keine Kaufbelege. Der Angeklagte nannte der Richterin Karin Offermann die Adressen der beiden Fahrzeughändler im Ausland und den Namen seines Landsmanns aus Lagos. Dieser soll sich damals in London aufgehalten haben, und er habe zum ersten Mal Geschäfte mit ihm gemacht.
Vor dem Handel hätten sie wöchentlich telefoniert, sagte der 38-Jährige aus, danach sei der Schulfreund nicht mehr zu erreichen gewesen und habe auch sein Facebook-Profil gelöscht. „Wenn ich ihn jetzt sähe, würde ich ihn erwürgen“, entfuhr es dem Angeklagten, worauf ihn der Staatsanwalt warnte: „Das wäre das nächste Ermittlungsverfahren, lassen Sie das besser sein.“
„Er hat alles versucht, ihn zu erreichen“, bestätigte die Verteidigerin. Und dass ihr Mandant nicht der Ordentlichste sei. Er stehe mit „Schriftkram“, wie er es nenne, und der Buchhaltung derart auf Kriegsfuß, dass er inzwischen seine Firma aufgegeben habe.
Polizei durchsuchte Werkstatt und Büro
Der einzige Zeuge der Verhandlung, ein Kripobeamte, sprach von einer leicht verwahrlosten Werkstatt mit wenig buchhalterischer Ordnung. Er und seine Kollegen hatten das Büro durchsucht, nachdem die kanadische Firma Anklage erstattet hatte. Alles, was sie fanden, waren Kontobewegungen: den Eingang der knapp 47 000 Euro, zwei Abhebungen von 10 000 und eine von 25 000 Euro. Dazu erklärte der 38-Jährige, er habe die Mülllaster erst angezahlt, und bei der Übergabe den Rest beglichen. Die Quittungen habe er den Überführungsfahrern mitgegeben, er brauche sie bei Exportautos nicht.
Nur Kontoauszüge gefunden
Die Kripo wertete auch die PCs aus Werkstatt und Büroecke in der Privatwohnung sowie das Smartphone des Angeklagten aus, doch ohne Erfolg. In der Wohnung lagen sogar ungeöffnete Briefe der Commerzbank mit den verdächtigen Kontoauszügen darin. Als Absender standen „Überweisung aus dem Ausland“ und eine Nummer darauf. Daneben lag dem Gericht nur eine schlechte Kopie einer fingierten Rechnung vor, die die geschädigte Firma aus Kanada einst beglichen hat.
Dass ihr Mandant eine Rechnung fälsche oder sich in Firmencomputer einhacke – die Richterin ging davon aus, dass das bei der kanadischen Firma geschehen war –, traute die Anwältin dem Angeklagten nicht zu. Unter anderem habe sie ihn vertreten müssen, weil er vergessen habe, die Mehrwertsteuer abzuführen, führte die Anwältin als Beispiel für die unordentliche Buchhaltung an. Und ihr Mandant sei kein Computerfreund: Sie habe in der ganzen Zeit, gemeint war über ein Jahr, nie eine E-Mail von ihm bekommen.
Ganz normale Geschäfte
Bisher ist der Angeklagte weder verurteilt noch entlastet. „Zigmal habe ich solche Geschäfte gemacht“, sage er in der Verhandlung, aber über Konten bei der Sparkasse oder per Geldtransfer über Western Union. Das soll nun genauso überprüft werden wie die Käufe bei den Fahrzeughändlern in Tschechien und Belgien sowie die Existenz des Schulfreundes in England.
Besonders Letzteres könnte länger dauern, der Staatsanwalt sprach von bis zu zwei Jahren. Derzeit komme für ihn aber weder ein Freispruch noch eine Einstellung in Betracht – aufgrund der Schadenssumme und einer einschlägigen Vorstrafe des Mannes.