
Sechs Jahre mussten die Karlstadter auf die "Kultur Häppli" warten. Jetzt, am Vorabend des Tags der Deutschen Einheit, war die Stadt wieder Zentrum der vielfältigen Kleinkunst. Musik von Jazz bis Klassik und Kuhglocken-Klang, dazu Kabarett oder Comedy, Jonglage-Schau und Zauberei – für jeden Besucher war etwas dabei. Die meisten Aktionsorte waren überfüllt. Einige aber stachen besonders heraus.
Da waren natürlich als absoluter optischer Höhepunkt die beiden mehr als zwei Meter hohen feenhaften Zauberwesen, die sich auf Stelzen durch die Straßen bewegten und dabei alle Passanten faszinierten. Was schon bei Tageslicht begeistern konnte, wurde in der Dunkelheit mit der zarten Beleuchtung der Kostüme in Verbindung mit dem Umgebungslicht zur wahren Magie.

Bezaubernd war auch im Klempnermuseum die Musikkabarettistin Sara Brandhuber aus Landshut. "Servus Karscht!" mit ihrer frechen Begrüßung fand die 36-Jährige augenblicklich den Draht zum Publikum. "I hob z'erscht gar net g'wisst, in welchem Bundesland I jetzat bin", spöttelte sie. Mit Auszügen aus ihrem aktuellen Programm "Gschneizt und Kampelt" berichtete sie über umwälzende soziale Erkenntnisse. Zum Beispiel könne sie ihr Publikum anhand des jeweiligen Lachverhaltens einschätzen. Gerade bei den Franken könnten oft nur Kenner merken, dass sie sich gerade freuen. Doch Brandhubers Spitzen kamen etwas rotzig, aber immer mit genügend Charme, sodass ihr keiner böse sein konnte.
Viele Pointen in der Stadtbibliothek
Eine Mischung aus Kabarett und Comedy bot auch Jörg Kaiser im Lesesaal der Stadtbücherei. Fränkischer Humor war sein Markenzeichen. Mit leichten Anlehnungen an den Rhöner Michl Müller beleuchtete Kaiser die Situation von Männern ab Mitte 40. Die werden seltsam und anstrengend, besonders wenn sie wegen des beginnenden Bauchs eine Diät machen: "Karottensalat mit Zitronensaft - schmeckt das so wie es aussieht?" Bei Beginn der "Mitleids-Krisis" fragt man sich, was man noch machen muss, solange es noch geht. An selber Stelle trat auch die Liedermacherin Toni Kater mit anspruchsvollen und poetischen Songs auf.

Musik gab es in der Spitalkirche, wo Leo Stoll (Cello) und Maurice Baumann (Piano) sowohl feine klassische Weisen als auch modern umgesetzte Stücke spielten. "Klangträume" boten Steffen Haase (Fagott), Klaus Haas (Akkordeon) und Bernhard (Seelbach) in der Stadtpfarrkirche St. Andreas und das Trio Django Mobil entführte mit fetzigen Beiträgen im Bürgersaal des Historischen Rathauses in die Welt des Jazz. In den Räumen des Weltladens spielte die Pianistin Ann-Margret Schlüter aus Karlstadt Bekanntes aus verschiedenen Epochen.
Zauberei in der Uhrenstube
Dort begeisterte auch das improvisierte Theater "Der Kaktus", das ohne Programm und ohne Skript - nur inspiriert von den Besuchern, pfiffige und auch anrührende Beiträge brachte. Einen Stock höher wurde es magisch: In der Uhrenstube ließ der Zauberer Bernd Zehnter seine Gäste staunen, obwohl er zuvor darauf hingewiesen hatte: "Das Staunen findet eigentlich nur in euren Köpfen statt". Er zertrennte Seile, ließ sie wieder zusammenwachsen, brachte eine ganze Colaflasche zum Verschwinden und vollbrachte eine wundersame Geldvermehrung mit 5-Euro-Scheinen.

Weniger Zauberei, sondern eher Kreativität und künstlerisch-handwerkliches Können zeigten die beiden Fotografen Selina Schwarz und Lukas Hofmann in der Oberen Viehmarktstraße. Dort demonstrierten sie, wie man gelungene Aufnahmen der Objektfotografie erstellen kann und gekonnt mit Licht und Schatten umgeht. Die Autorin und Geschichtenerzählerin Mitzi Irsai las in den Geschäftsräumen des "Blickwinkel".
Für manche Besucher war die Jonglage-Show von Antje Pode der Schlusspunkt ihres Rundgangs, doch er war auch ein echter Höhepunkt der Kultur Häppli 2024. Mit unglaublicher Kunstfertigkeit und viel Geschick balancierte sie mit den Füßen Koffer, ließ sie rotieren und versetzte ihr Publikum in Staunen.