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Aschaffenburg
Jurist Bausback: "Impfen ist eine Frage der sozialen Verantwortung"
Dank Impfung wieder in die Kneipe oder zum Fußball? CSU-Rechtsexperte Winfried Bausback fände das gut. Warum er auch eine Impfpflicht für Pflegekräfte nicht ablehnt.
Winfried Bausback, der CSU-Rechtsexperte, begrüßt die Überlegungen für eine Impfpflicht für Pflegepersonal.
Foto: Daniel Peter | Winfried Bausback, der CSU-Rechtsexperte, begrüßt die Überlegungen für eine Impfpflicht für Pflegepersonal.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:42 Uhr

Soll der Staat die Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichten? Für den Aschaffenburger CSU-Landtagsabgeordneten Winfried Bausback  ein gangbarer Weg zur Eindämmung der Pandemie. Der Jura-Professor, der von 2013 bis 2018 bayerischer Justizminister war, kann sich zudem vorstellen, unter bestimmten Voraussetzungen die aktuellen Beschränkungen für alle, die sich impfen lassen, aufzuheben. Die Impfung sei eine Frage der sozialen Verantwortung, sagt der 55-Jährige im Interview. 

Frage: Bayerns Ministerpräsident hat eine Impfpflicht für Pflegekräfte in Altenheimen ins Gespräch gebracht. Hat er recht?

Winfried Bausback: Markus Söder hat gesagt, man müsse über so eine Impf-Verpflichtung diskutieren. Solche Überlegungen sind angebracht. Klar ist: Eine Impfpflicht für Pflegepersonal in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen wäre ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Aber ein solcher Eingriff ist verfassungsrechtlich dann gerechtfertigt, wenn er zum Schutz von Leib und Leben Dritter oder zum Schutz von Gemeinschaftsgütern, wie ein funktionierendes Gesundheitssystem, notwendig ist. So gesehen kann auch ein freiheitlicher Staat seinen Bürgern Impfpflichten auferlegen.

Aber das widerspricht allem, was die Politik zuletzt zugesagt hat. Es werde keine Impfpflicht geben, haben Kanzlerin, Bundesgesundheitsminister und auch Söder immer wieder versprochen. Spielt man so nicht Verschwörungstheoretikern in die Hände?

Bausback: Politisch ausgeschlossen wird derzeit von allen politischen Verantwortungsträgern eine allgemeine Impfverpflichtung. Bei den Masern gilt für Pflegepersonal in Krankenhäusern, krankenhausähnlichen Einrichtungen, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen eine Impfnachweis- oder Immunitätsnachweispflicht. Von ihr sind nur Personen ohne medizinische Kontraindikation ausgenommen. Diese gesetzliche Impfverpflichtung gründet sich auf der hohen Verantwortung, die diese Berufsgruppe nicht nur für sich selbst, sondern auch für Dritte und auch für die Gemeinschaft insgesamt trägt. Sobald nachgewiesen ist, dass eine Impfung gegen Corona die Weiterverbreitung des Virus durch den Geimpften ausschließt oder stark vermindert, wäre eine Impfpflicht zum Schutz von Patienten und Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen juristisch gerechtfertigt.

Aber wäre sie auch politisch sinnvoll?

Bausback: Natürlich ist in einem freiheitlichen Staat das Mittel der ersten Wahl das Werben für eine freiwillige Impfung. Falls das aber nicht zu einem Erfolg führt, darf und muss man darüber nachdenken, bei Corona eine vergleichbare Verpflichtung wie bei den Masern einzuführen.

Können Sie sich erklären, warum sich so viele Menschen mit der Impfung schwer tun?

Bausback: Wir erleben im Moment eine sehr aufgeheizte, oft polemische und nicht selten irrationale Diskussion rund um das Thema Corona in den sozialen Medien. Ich spüre auch in meinem persönlichem Umfeld eine große Verunsicherung, das Thema Impfen beschäftigt viele. Sobald aber klar ist, dass eine Impfung letztlich zu einer Immunisierung der Gesellschaft insgesamt führt, dann ist es aus meiner Sicht eine ethische Frage, ob man sich impfen lässt oder nicht. Das ist eine Frage der sozialen Verantwortung für die Mitmenschen.

Wenn Impfen die einzige Möglichkeit ist, die Pandemie zu beenden, müsste es dann nicht eine Impfpflicht für alle geben?

Bausback: Ich finde es politisch richtig, auf freiwilliges Impfen zu setzen. Für eine generelle gesetzliche Impfverpflichtung gibt es zurecht hohe Hürden.  

Sie sind Verfassungsjurist. Wäre so eine Impfpflicht für jedermann überhaupt grundgesetz-konform?

Bausback: Das hängt von der konkreten Gefährdungssituation ab. Wenn Sie sich die aktuelle Situation in Großbritannien anschauen, wo sich das mutierte Virus rasend verbreitet, dann muss das Für und Wider einer Verpflichtung anders abgewogen werden als bei uns. Auch ganz grundsätzlich wäre auch in Deutschland eine gesetzliche Impf-Verpflichtung bei entsprechenden Epidemie-Lagen denkbar. So bestand bis 1976 eine allgemeine Pflicht zur Pockenschutzimpfung.

Winfried Bausback bei einer Pressekonferenz 2018 in München.
Foto: Peter Kneffel, dpa | Winfried Bausback bei einer Pressekonferenz 2018 in München.
Diskutiert wird nun auch, Geimpften bestimmte Privilegien zu gewähren. Beispielsweise: Nur wer gegen Corona geimpft ist, darf Bahn fahren oder in ein Flugzeug steigen?

Bausback: Die Frage muss anders lauten: Müssen den Geimpften nur aus Solidarität mit denjenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, obwohl genügend Impfstoff vorhanden ist, weiterhin staatlicherseits Freiheitsbeschränkungen auferlegt werden? Muss ich, wenn eines Tages klar nachweisbar ist, dass ich als Geimpfter das Virus nicht weiterverbreite, trotzdem im ICE von Aschaffenburg nach München Maske tragen?

Muss ich?

Bausback: Ich meine, dass diese Freiheitseinschränkung, die wir im Lockdown jetzt in verschärftem Maße erleben, sich nur aus einem Grund rechtfertigen lässt: um Dritte vor einer Ansteckung zu schützen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu erhalten. Ich bin der Meinung: In dem Moment, in dem von einem Geimpften keine Gefahr mehr ausgeht und alle die Möglichkeit zur Impfung haben, können wir eine Freiheitseinschränkung seitens des Staates für Geimpfte nicht rechtfertigen.

Aber bedeutet das nicht eine Diskriminierung von Nicht-Geimpften?

Bausback: Wenn jeder, der möchte, eine Impfung bekommt, dann ist eine Ungleichbehandlung derer, die sich impfen lassen könnten, es aber nicht tun, meines Erachtens gerechtfertigt. Anders sieht es bei Menschen aus, die keine Impfung vertragen, weil sie chronisch krank oder behindert sind. Die muss der Staat vor Diskriminierung schützen.

Macht es einen Unterschied, ob der Staat Auflagen macht oder ein privater Anbieter? Dürfen sich die Kneipe oder der Fußballverein von Besuchern vor dem Einlass den Impfpass vorlegen lassen?

Bausback: Ich meine schon, dass es einen Unterschied macht. Wenn ein Hotelier zum Schutz der anderen Gäste und des Personals verlangt, dass man einen Impfnachweis mitbringt, dann sehe ich darin keine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung, bei der der Staat eingreifen muss.

Kann ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter zwingen, sich impfen zu lassen?

Bausback: Es kommt auf die konkrete Situation an. Eine Impfung ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Auch ein Privater, der das als Voraussetzung für eine bestimmte Leistung verlangt, kann dies nicht ohne hinreichende Gründe tun.

Macht es einen Unterschied, ob der Arbeitgeber Zahnarzt ist oder Kfz-Mechaniker?

Bausback: Meines Erachtens ja. Es macht vor allem einen Unterschied, wie nahe jemand anderen Personen kommt, wie hoch also die Infektionsgefahr ist.

 
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  • steffen.cyran@freenet.de
    "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten..."
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  • jutta.noether@web.de
    Ich finde die gesamte Diskussion zum gegenwärtigen Zeitpunkt absurd. So wie es aussieht, können noch auf Monate hinaus nicht mal alle diejenigen geimpft werden, die das dringend wünschen...

    Der Vergleich mit der Pflichtpockenimpfung bis in die 70er ist übrigens gar nicht so verkehrt. Immerhin wurden auf diese Weise die Pocken bei uns ausgerottet.

    Aber zusätzlich: Seit Jahren ist z.B. für Pflegepersonal und Heimbetreuer eine Hepatitis A Impfung Pflicht. Darü ber regt sich aber scheinbar niemand auf?
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  • r.kerber@web.de
    Die Hepatitis Impfung ist - im Gegenteil zur Corona-Impfing - seit Jahrzehnten erprobt. Der Zulassungsprozess war sicherlich ein ganz anderer als der für die Corona-Vakzine. Somit hinkt der Vergleich erheblich.
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  • r.kerber@web.de
    Im Gegensatz zum Corona-Vakzin sind die Impfstoffe gegen Hepatitis A in einem jahrelangen Verfahren zugelassen worden und mitlerweile jahrelang erprobt. Das macht den Unterschied.
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  • Unfassbar. Die Bahn hat noch Beförderungspflicht. Wenn die mich verweigern, gibts Ärger - vor Ort.
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  • klafie
    also ich werde und möchte mich schon impfen lassen, es besteht jedoch die frage: komme ich
    als fast 59jähriger überhaupt zeit meines lebens noch drann, höchstens dadurch, dass meine eltern beide über 80 jahre alt sind und meine mutter zu den erhöhten risikogruppen gesundheitlich gehört. wie aber sollen ältere menschen über 80 die nicht mehr automäßig tüchtig sind zur talavera fahren, fragen über fragen ... weiß da unser schlaubürger und coronabundeskanzler auch eine antwort?
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  • NeMeinung
    Momentan sieht es ja so aus, dass ein geimpfter Mensch immernoch einen anderen anstecken kann. Also was soll dann die ganze Diskussion noch. Wer sich impfen lassen möchte, der soll es tun und wer nicht der nicht
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