Wenn ein junger Motocross-Fahrer auf seiner 50ccm-Mini KTM-Cross-Maschine verwegen über die Rennstrecken Nordbayerns, Hessens und Südthüringens "brettert", in der Luft über die Sprunghügel die Konkurrenten "schnickt" und auf der staubigen oder schlammigen Piste spielend die Mitfahrer überholt, raunen sich die Zuschauer oft anerkennend nickend ein "Der hat aber richtig Talent" zu. Die Rede ist vom achtjährigen Daniel Welzenbach, der seit 2016 auf der Motocross-Maschine seine sportliche Heimat gefunden hat. Jetzt hat das Ausnahmetalent erstmals mit Ausrufezeichen zugeschlagen: Zum Saisonende gewann er souverän die beiden Rennserien seiner Kategorie des Hessencups sowie der Motor-Sport-Ring-Meisterschaft (MSR).
Kenner der Szene attestieren dem jungen Energiebündel Benzin im Blut: Kein Wunder, war doch sein älterer Bruder Florian 20 Jahre in seiner 500-Kubikzentimter-Kategorie erfolgreicher Motocrosser und mehrmaliger Hessencupsieger, während sein Vater, der gleichzeitig Trainer, "Schrauber", Physiotherapeut, Mentaltrainer und Sponsor sowie Fahrer zu den Rennen ist, kein geringerer als der legendäre Altveteran Hermann Welzenbach ist, der in den 1970er Jahren erfolgreich mit dem Kosenamen "JU" in der deutschen Motocross-Szene mitmischte und später hauptberuflich als Werksmechaniker bei Honda und KTM unter Vertrag stand.
Über die Wiese hinterm Bauernhof geflitzt
Daniel war gerade vier Jahre alt, da war er schon vom Cross-Sport seines damals noch aktiven Bruders Florian infiziert und sein Vater kaufte ihm eine gebrauchte Yamaha, mit der er über die Wiese hinter dem Bauernhof mit Heidenspaß flitzte. Seine aus Ghana stammende Mutter Berta war verständlicherweise vom Sportfaible ihres Sohnes nicht begeistert.
Erste sportliche Erfolge beim Hessencup
Bereits 2016 ließ ihn sein Trainer in ein paar Rennen des Hessencups reinschnuppern. Nachdem Daniel dieser Sport gefiel und der Vater bei seinem Filius einen Aufwärtstrend erkannte, startete man ein gezieltes Trainingsprogramm und Sponsor Papa kaufte eine neue 50-Kubikzentimeter-Husqvarna Cross-Maschine.
Schon im regelmäßigen Training erkannte der Coach das außergewöhnliche Talent und meldete ihn zur Teilnahme an beiden Rennserien des Jahres 2017 an. Zum Rundenschluss stand Daniel mit dem dritten Rang erstmals auf dem Siegerpodest. Und dieses Gefühl auf dem "Stockerl" fesselte den jungen Sportler.
Bereits ein Jahr später galt er als gefürchteter Konkurrent in den Rennserien des Hessencups und des MSR und erzielte in beiden Wettbewerben jeweils einen dritten Gesamtrang. In diesem Jahr wollten es Daniel und sein Trainer Hermann richtig wissen: Gute konditionelle Vorbereitung und konzentrierte Arbeit auf den Motocross-Strecken seines Heimatvereins Motorsportfreunde Sinngrund und Umgebung (MSF) in Obersinn sowie in Mernes waren Voraussetzung für eine erfolgreiche Saison. Nach Abschluss der beiden letzten Rennen in Sontra und Langgöns stand der achtjährige Daniel Welzenbach als souveräner Sieger beider Rennserien fest.
MSF-Vorsitzender Olaf Würfel zeigte sich begeistert ob des erfolgreichen Newcomers, der sich mit einem Doppelsieg in zwei Rennserien in einer Saison unter die "Helden des Vereins" einreihen darf. Zweifelsohne hatte er keine einfache Konkurrenz - der Nachwuchs ist derzeit stark besetzt, bilanzierte Würfel.
Die Hessencup-Rennserie in der 50ccm-Kategorie umfasste heuer sieben Rennen mit jeweils rund 15 Fahrern, die auf den Cross-Strecken von Aufenau/Bad Orb bis nach Sechshelden/Haiger führen. In der MSR-Serie hingegen stehen bei den acht Rennen schon bis zu 26 Fahrer an der Startmaschine von Schweinfurt, Mernes über Bad Hersfeld bis Bad Salzungen/Thüringen.
Permanentes Konditionstraining mit Waldläufen und Radtouren
Am Motocross fasziniert den Achtjährigen die Schnelligkeit, Körperbeherrschung, Reaktionsvermögen und der Sport in der freien Natur. Natürlich gehört permanentes Konditionstraining mit Waldläufen, Radtouren, Körpertraining, Gymnastik und Elastizität dazu.
Einmal wöchentlich geht es auf die neue MSF-Rennstrecke nach Obersinn, um mit dem Krad Sprünge, Waschbrett oder Kurven unter Anleitung seines Coachs zu üben. "Daniel beherrscht sein Sportgerät", erklärt der "JU". "Er fährt fast völlig sturzfrei". Wenn der Vater draußen bei seinen Kühen oder am Bauernhof arbeitet, ist Daniel auf der Wiese mit unterwegs und übt Starts oder Kurvenfahrten, bis der Benzintank leer ist.
Die Schule soll weiterhin absoluten Vorrang haben
Als Ziel für 2020 gibt Daniel die erneute Teilnahme an beiden Rennserien aus. Diesmal muss er jedoch in das 65ccm-Klassement wechseln und erstmals mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe fahren. Aber Daniel ist diese Umstellung leicht gefallen, gibt er freimütig zu. Doch Vater Hermann wird mit Argusaugen wachen, dass die Schule absoluten Vorrang hat.
Auch für die neue Saison sind nach wie vor Daniels Vorbilder sein erfolgreicher Bruder Florian, der 2018 leider wegen eines bösen Sturzes seine Karriere beenden musste, sowie sein Vater und Trainer Hermann. Dieser hatte diesen Sport im Sinngrund überhaupt salonfähig gemacht und war Gründungsmitglied des MSF. In den 1970er Jahren wurde er Dritter bei den Deutschen Juniorenmeisterschaften, Fünfter bei der Deutschen Meisterschaft und nahm an zwei WM Läufen teil.
Erfolgreiche Zusammenarbeit mit befreundeten Cross-Vereinen
Spektakulär ist immer noch sein 28-Meter-Sprung über die Sinn im Jahr 1978 im Rahmen der BR-Sendung "Blickpunkt Sport". MSF-Vorsitzender Olaf Würfel erkennt die Früchte der erfolgreichen Zusammenarbeit im Jugendbereich mit den benachbarten Motocross-Vereinen Mernes, Schlüchtern und Kassel/Spessart. "Dass viele junge Leute den Sport ergreifen, lässt uns hoffnungsvoll in die Zukunft blicken".