Jürgen Sony-Boy Papert ist, neudeutsch gesprochen, so etwas wie ein „Allrounder“. Übersetzt heißt dies, dass der 58-jährige Chef eines der größten deutschen Festzelt-Betriebe aus dem mittelfränkischen Bechhofen (Landkreis Ansbach) viel können muss und in der Alltagspraxis nach dem Motto „Geht nicht gibt’s nicht“ zurechtkommen muss.
Der gelernte Großhandelskaufmann muss etwas von Management verstehen, technisches Verständnis haben, sich in personalpolitischen Dingen und den gesetzlichen Vorschriften auskennen und auch dort seinen Mann stehen, wenn’s mal irgendwo nicht weitergeht und praktisches Know-how gefragt ist. Wenn Not am Mann ist, krempelt er die Ärmel hoch und setzt sich selbst hinter das Steuer eines seiner Sattelzüge. In diesem Jahr sind es im süddeutschen Raum 16 Volksfeste, die von der „Tour de Papert“ angefahren werden.
Jürgen Papert kennt den Standort Marktheidenfeld seit seiner Kindheit. Weil die Hädefelder Mess' in die Schulferien fällt, war er schon 1964 als neunjähriger Schulbub mit seinen Eltern in der Stadt am Main, die er nach vielen, vielen Besuchen längst ins Herz geschlossen hat. Er lässt sich hier nicht nur zur Messezeit sehen, sondern kommt auch dann vorbei, wenn er in der Nähe beruflich zu tun hat.
„Marktheidenfeld ist für mich eine weitere Heimat“, bekennt Papert. Hier befinde sich ein mobiler Firmensitz, von dem schließlich die Stadt durch nicht unerhebliche Gewerbesteuereinnahmen profitiere.
Dieses Umstandes wegen sei man praktisch ein „Marktheidenfelder Unternehmen“ – ein Unternehmen, das, soweit es möglich sei, auch regionale Produkte einkaufe. Unter anderem seien dies das Festbier, der Wein oder Dinge des täglichen Bedarfs wie Backwaren oder ganz frische Nahrungsmittel, die man in der Personalküche benötigt.
Apropos Personalküche: Wenn zu Tisch gebeten wird, dann sieht man die Familie mit Jürgen und Ehefrau Gerlinde, Sohn Christian, Tochter Désirée und Bruder Joachim nicht etwa im gemütlichen Wohnmobil, sondern in der Personalküche, wo bis zu 150 Mitarbeiter verköstigt werden, sitzen. Wenn Jürgen Papert über seine „weitere Heimat Marktheidenfeld“ erzählt, dann erwähnt er in gleichem Atemzug seinen Vater Sony-Boy und seine Mutter Margarete. Sein Vater sei ihm nicht nur immer ein gutes Vorbild gewesen. Von seinen Eltern habe er auch so etwas wie eine „gute Menschenlehre“ erfahren.
Heute sind die wichtigen Positionen des mittelständischen Unternehmens familiär besetzt. Chef Jürgen hat mit Sohn Christian einen studierten Betriebswirt zum Stellvertreter, Ehefrau Gerlinde kümmert sich um die Bürotechnik und Personalverwaltung, Bruder Joachim ist als technischer Leiter für den Auf- und Abbau mit Unterstützung von „sehr vielen treuen Mitarbeitern“ zuständig. Tochter Désirée, die ebenfalls Betriebswirtschaft studiert hat, hat im „Hädefelder Weindorf“ (Papert: „Das i-Tüpfelchen auf der Laurenzi-Mess'“) die Verantwortung.
Der mobile Papert-Tross umfasst unter anderem 20 Sattelzüge, 15 Container und 30 Personalwohnwagen, die Zentrale befindet sich im Papert'schen Wohnmobil mit allen technischen Kommunikations-Einrichtungen („Du muss heute sehr mobil sein!“).
Das Leben auf Rädern, das in diesem Jahr Ende März mit dem Nürnberger Frühlingsfest begonnen hat und Ende September mit der Feuchtwanger Mooswiese endet, bestimmt während des Sommerhalbjahres die Lebensgewohnheiten der Familie Papert, die 2015 zum 50. Mal nach Marktheidenfeld kommt. Genaues verrät Jürgen Papert nicht, was er zum Jubiläum vorhat. Es lässt nur durchblicken, dass man es richtig krachen lassen werde.
Als der Mann von der Zeitung den Firmen-Chef während des Zeltaufbaus zwischen zwei Terminen besucht, öffnet dieser ein wenig sein privates Umfeld und sein Leben außerhalb der kleinen Wohnwagen-Stadt. So erfährt man zum Beispiel, dass vier Paperts – Chef Jürgen, Sohn Christian, Tochter Désirée und Bruder Joachim – ausgebildete Skilehrer mit einem Zertifikat des Deutschen Skiverbandes sind.
Jürgen Papert vermutet, dass sie Deutschlands einzige Festwirt-Familie mit einer DSV-Lizenz sind. Er ist im Alpenverein aktiv, frönt dem „weißen Sport“ vorwiegend im Salzburger Land und in Südtirol und kümmert sich um die Nachwuchsausbildung: „Wenn ich gerufen werde, bin ich dabei.“
„Wir lieben die Berge, die Natur und die Luft“, fasst Jürgen Papert sein Leben nach und neben dem Festzeltbetrieb zusammen.