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Urspringen
Jüdische Musik und Kultur bei "Donna, Donna" in Urspringen
Peter Kuhz und Esther Lorenz beeindruckten bei ihrem Konzert in der früheren Synagoge von Urspringen.
Foto: Martin Harth | Peter Kuhz und Esther Lorenz beeindruckten bei ihrem Konzert in der früheren Synagoge von Urspringen.
Martin Harth
Martin Harth
 |  aktualisiert: 07.10.2021 02:32 Uhr

Zu einer Reise durch Zeiten und Länder begrüßte die Vorsitzende des Förderkreises Synagoge Urspringen, Christine Kasamas, das Duo Esther Lorenz (Gesang) und Peter Kuhz (Gitarre). In der früheren Synagoge entdeckten rund 50 Gäste bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Volkshochschule Marktheidenfeld jüdische Musik und Kultur von der Antike bis zum heutigen Israel.

Beim Auftakt macht Esther Lorenz (Hanau) deutlich, dass das Konzert im Rahmen des Jubiläums "1700 Jahre jüdische Leben in Deutschland" stehe, da im Jahr 321 mit einem Dekret des römischen Kaisers Konstantin die erste jüdische Gemeinde in Deutschland urkundlich belegt sei. Begleitet vom Berliner Konzertgitarristen Peter Kurz stand zu Beginn und später das "Hohelied Salomos" auf dem Programm.

Ihre einfühlsame Stimme brachte die Sängerin mit dem in Israel populären "Dodi li – mein Geliebter ist mein" zur Entfaltung. Der französische Chansonnier Georges Moustaki, ein Nachfahre griechisch-sephardischer Juden, schuf eine Vertonung zu Versen aus dem Alten Testament, die Peter Kuhz als Begleitung eindrucksvoll lyrisch interpretierte. Die Liebesverse des Hohelieds sind spirituell ebenso als Beschreibung der Beziehung Gottes zu seinem Volk zu interpretieren. So liegen in der Welt gläubiger Juden weltliches und geistliches Verständnis oft nahe beieinander.

Tradition der Sephardischen Juden

Esther Lorenz moderierte die einzelnen Stationen der Reise. Nicht immer war dies leider bis in die letzten Reihen gut zu verstehen. So auch, als sie eine humorvolle Anekdote des Wiener Oberrabbiners Jaron Engelmayer über den Sinn des materiellen "immer Mehrs" erzählte.

Ein Schwerpunkt des Abends lag in der Tradition der Sephardischen Juden, die Ende des 15. Jahrhundert aus Spanien vertrieben wurden und sich im Osmanischen Reich, im Maghreb, aber auch in Ländern Europas ansiedelten. Ihre Musik war von kastilischen und arabischen Einflüssen geprägt. Tamburin, die Kurzhalslaute Oud oder die arabische Zither Kanun lieferten die Klänge in Toledo oder Cordoba.

Mit "Adio Kerida – auf Wiedersehen, Geliebter" machte Lorenz diese Welt mit ihrer eigenartigen Melancholie und Lebensfreude in Ladino, dem so genannten Judenspanisch, spürbar. In die Welt der Frommen, der osteuropäischen Chassidim, entführte Peter Kuhz instrumental mit einer Bearbeitung einer tänzerischen Komposition des Ukrainers Joachim Stutschewsky (1891-1982).

Einladung zum Mitsummen

12 Millionen Menschen sprachen einst Jiddisch, eine Sprache, die in gesprochener Form stark an das Mittelhochdeutsch vor der Vertreibung der Aschkenasim nach Osteuropa erinnert. Es ist aber vor allem in der Schriftform dem Hebräischen besonders eng verbunden. Heute nach der Shoah gehen Fachleute von etwa 200 000 jiddisch sprechenden Menschen in Israel und auf der ganzen Welt aus. Aus dieser Welt stammte ein Duett des "Heine der Aschkenasim" Abraham Reisen (1876-1953), das die israelische Sängerin Chava Alberstein vertonte.

"Donna, Donna", mit dem Titel dieses Folk-Hits, den Joan Baez oder die Gruppe "Zupfgeigenhansel" vor Jahrzehnten sehr populär machten, war das Programm in der Synagoge überschrieben. Dabei schufen Sholom Secunda und Texter Aaron Zeitlin dieses Lied, das sich als Parabel mit dem jüdischen Schicksal befasst, 1940 in New York ursprünglich für das jiddische Musical "Esterke". Das auf Jiddisch und Englisch bewegend vorgestellte Werk lud ein wenig zum Mitsummen und –singen ein.

Schnell zog die musikalische Reise vorüber und berichtete von der Vielfalt jüdischer Kultur, die an vielen Stellen, wie in Urspringen, schon für immer verschollen schien. Mit dem israelischen Wiegenlied "Numi, Numi", das von der Liebe eines Vaters zu seinem Kind berichtet und von Esther Lorenz in Bezug zum familiären Siddur-Segen am Abend des Sabbat gesetzt wurde, nahte das Ende des ruhigen, besinnlichen und bewegenden Musikabends vor dem Toraschrein der einstigen Synagoge.

 
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