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LOHR
Jubiläumsfeier 50 Jahre Lebenshilfe: „Heut ist so ein schöner Tag“
„So a schöner Tag“: Bei Donikkls Fliegerlied gab es kein Halten mehr. Voll mit dabei: Vorsitzender Ekkehard Auth (Mitte).
Foto: Roland Pleier | „So a schöner Tag“: Bei Donikkls Fliegerlied gab es kein Halten mehr. Voll mit dabei: Vorsitzender Ekkehard Auth (Mitte).
Von unserem Redaktionsmitglied Roland Pleier
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:06 Uhr

Sie ist anders. Anders als all die anderen Matineen. Anders, weil Sebastian sich die Seele aus dem Leib rappt; weil das Dauerlächeln von Drummer David nicht erlischt; weil Rainer beim Impro-Theater einen Dirigenten gibt, der nicht nur seinen Mini-Chor einschüchtert, sondern auch die 250 Gäste im Publikum beeindruckt; weil Steffen das Fliegerlied von Donikkl dermaßen locker und begeisternd anleitet, dass alle aufstehen, mitfliegen, mitklatschen, mitsingen. Ja, die Feier zum 50-jährigen Bestehen der Lebenshilfe Main-Spessart ist etwas Besonderes.

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Gepflegte Musik vom Saxofon-Quartett „Reeds on stage“ und geschliffene Ansprachen sind auch dabei bei der Feier in der Rexroth-Kantine. Die meisten aber sprechen frei, von Herzen. Allen voran Ekkehard Auth, der stets zu schwanken scheint zwischen hartnäckigem Kampfeswillen und wortloser Ergriffenheit, zwischen aufrichtigem Dank und humorvollen Anspielungen, zwischen Visionen und Pragmatismus.

Er, der seit 25 Jahren Vorsitzender des Lebenshilfevereins mit seinen knapp 400 Mitgliedern ist. Nein, korrigiert Geschäftsführerin Gabriele Hofstetter: Auth ist der, „der dieses Ehrenamt seit 25 Jahren lebt“. Barbara Stamm, soeben im Amt bestätigte Landtagspräsidentin, würdigt Auth mit der Medaille des Bayerischen Landtags.

Wo sonst bekommt eine solche renommierte Politikerin wie sie, die beim Jubiläum vor 25 Jahren schon Schirmfrau war, die einst bei den Kreuzschwestern in Gemünden Erzieherin lernte und nun Vorsitzende der Lebenshilfe Bayern ist, so unverblümte Fragen gestellt wie: „Was essen Sie am liebsten?“ Da lacht sie und bekennt, dass sie sich oft auf eine Bratwurst freut, wenn sie nach Hause kommt.

Zwei der 250 Menschen mit Behinderungen stellten dergleichen Fragen. Alina, grade mal zwei Tage vorher vier Jahre alt geworden, und Theresa, die am Sonntag 93 wird – die jüngste und die älteste aus diesem Kreis derer, die von 180 Hauptamtlichen betreut werden, überreichen Auth Geschenke: Rebstock, Gießkanne, Weinglas. Warum ausgerechnet diese, erklärt Hofstetter: „Die Goldene Ehrennadel – hat er schon. Urkunden – hat er schon. Riesenfoto mit Würdigung im Foyer – will er nicht. Luxusreise für ihn und seine Frau – kriegt er nicht.“ Deshalb also wenigstens etwas für den Wengert des Hobby-Winzers.

Auth ist der Motor, der seit 25 Jahren sage: „Das geht doch nicht. Da müssen wir doch was tun!“ Er sei der, der Ideen in die Köpfe gepflanzt, die Mannschaft überzeugt habe, führt Hofstetter aus. „Er ist platt“ ob dieser Würdigung, hat Stamm messerscharf beobachtet und greift den Refrain des Fliegerliedes auf: „Heut ist wirklich ein schöner Tag.“

Nicht so schön war die Situation, an die Stamm in ihrer Rede erinnert. Als nämlich die Lebenshilfe Lohr 1963 die erste Tagesgruppe mit sechs behinderten Menschen einrichtete. Damals seien Behinderte noch versteckt worden, habe man sich nicht hinausgetraut. Damals habe es geheißen, „unsere Kinder sind bildungsunfähig“, blickt sie zurück. Die Lebenshilfefamilie habe es geschafft, die Inklusion tatsächlich auf den Weg zu bringen, sagt sie und macht deutlich: „Es gibt nicht ambulant oder stationär. Es gibt nur ambulant und stationär.“

Die Betreuung müsse zugeschnitten sein auf den Menschen und dessen Individualität. In dem geplanten Bundesleistungsgesetz wünscht sie die Handschrift des (Noch-)Bundestagsabgeordneten Wolfgang Zöller zu finden; darin möge es nicht nur um die Kostenbeteiligung des Bundes, sondern auch um Inhalte gehen. Jene Eltern von Behinderten gelte es ernst zu nehmen, die sich sorgen: „Was ist, wenn wir mal nicht mehr sind?“ Und: die Stimme der Schwerstbehinderten zu sein, „ist unsere Aufgabe“.

„Das geht doch nicht, da müssen wir was tun!“
Standard-Spruch von Ekkehard Auth, zitiert von Gabriele Hofstetter

In allen vier ehemaligen Kreisstädten des Landkreises ist die Lebenshilfe mittlerweile vertreten. Die Wohngruppe aus Gemünden punktet nicht nur mit dem Fliegerlied, sondern auch mit dem Tanz im Gangnam Style. Dominik trägt ein Gedicht vor mit einer Botschaft, die andere Redner aufgreifen: „Keiner von uns ist normal.“

Das gilt auch für die Matinee, die nicht ohne Wirkung bleibt. Wer schlechte Laune habe, müsse nur mal in eine der Lebenshilfe-Gruppen gehen und in die zufriedenen Gesichter schauen, riet Zöller, einer der alten Hasen in der Lebenshilfefamilie. Michael Bauch, der den Regierungspräsidenten Paul Beinhofer vertrat, zeigte sich „überwältigt von der gelösten Atmosphäre“ und erklärte: „Die Lebenshilfe hat ab heute einen neuen Fan.“

Der Dank der Behinderten war Herzlichkeit. „mach die Augen zu und dankt an die schöne Zeit“, rappte Sebastian frei Schnauze .„Danke für die Zeit. Dank an die Betreuer, dass Ihr uns die Kraft gegeben habt.“

ONLINE-TIPP

Zahlreiche Bilder von der Matinee unter www.mainpost.de

Brillanter Schauspieler: Rainer Durchholz als Dirigent.
| Brillanter Schauspieler: Rainer Durchholz als Dirigent.
„Was essen Sie gern, Frau Stamm?“ – „Bratwürste“.
| „Was essen Sie gern, Frau Stamm?“ – „Bratwürste“.
 
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  • Leidenschaft die Gruppen den Tag gestaltet haben grinsen Im Übrigen wurde das Fliegerlied und Gangnam Style vom Wohnheim Marktheidenfeld vorgetragen grinsen grinsen
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