
"Da sitzt man halt so drin und stimmt über Dinge mit ab." Das Bild, dass viele Menschen von der IHK-Vollversammlung haben – wenn sie überhaupt eines haben – ist nicht sehr umfangreich. Die Vollversammlung erlässt die Rechtsvorschriften der IHK, beschließt die Wirtschaftssatzung, legt Beiträge und Gebühren fest – mit Verlaub, das klingt alles andere als spannend. Und es klingt, als müsste man als Ehrenamtlicher eher noch bezahlt werden, als freiwillig dabei zu sein.
Dass das Ehrenamt bei der IHK alles andere als eine verstaubte Angelegenheit ist, weiß eine, die seit 25 Jahren dabei ist. Alexandra Seitz, Prokuristin der Firma Seitz und Kerler aus Lohr, war über zehn Jahre Mitglied der IHK Vollversammlung, acht Jahre im IHK Bezirksausschuss Würzburg, fünf Jahre im IHK Handels- und Dienstleistungsausschuss und ist seit über 25 Jahren Mitglied im IHK-Gremialausschuss Main-Spessart.
Von banal zu großen Themen
"Als Unternehmerin ist es ein Geben und Nehmen. Man kann Gutes für die Region mitbestimmen und vor allem netzwerken. Einblicke, die man hier bekommt, auch in andere Branchen, erhält man so kaum woanders", sagt Seitz. Ende des Jahres 2023 wurde sie für ihr 25-jähriges ehrenamtliches Engagement von der IHK ausgezeichnet. Ja, es stimme: In der IHK-Vollversammlung sitze man halt so drin mit vielen anderen und stimme über Dinge mit ab. Das könnten banale Sachen sein, die die Satzung oder Mitgliedsbeiträge betreffen. Es können aber auch die ganz großen Themen sein, die für alle Regionen relevant sind. "Es ist das Gremium der mainfränkischen Wirtschaft. Es ist ein Abbild aus allen Bereichen der Wirtschaft und da geht es vor allem um Meinungsbildung", erklärt Seitz. Auch wenn man manchmal denke, die eigene Stimme habe doch kaum ein Gewicht und gehe eher unter, so sei das ganz und gar nicht so.
Wichtige Meinungsbildung
"Man kann in der Vollversammlung seinen Teil zum großen Ganzen beitragen. Da geht es häufig um die großen Verkehrsthemen wie Autobahnanbindung, die Südlink-Trassen oder die B 26n. Ich kann mich noch erinnern, wie damals Wertheim Village gebaut wurde und wie lange wir darüber diskutiert haben, ob dadurch die Würzburger Innenstadt ausstirbt oder nicht", berichtet Seitz.
Immer, wenn es in den Medien heiße, die IHK vertrete diese oder jene Meinung, kritisiere oder befürworte jenes Vorhaben, habe man so als Unternehmer seinen kleinen ehrenamtlichen Beitrag zu dieser Meinung geleistet. Und das sei nicht zu unterschätzen, denn die regionale Meinung fließe auch in die Haltung der deutschen IHK rein, die wiederum sehr nah an der Politik sitze.
Fachkenntnis vor Ort
So könne jeder Unternehmer bei den offenen Diskussionen über Wirtschaftspolitik, Ausbildung und Innovation seine Expertise einbringen. Und damit beeinflusse man direkt auch die Geschicke von Unternehmen in der Region. Mittlerweile hat Seitz ihre Tätigkeit in den anderen Ausschüssen niedergelegt und ist nur noch im Gremialausschuss Main-Spessart tätig. "Das ist so etwas wie die kleine Schwester der Vollversammlung. Wesentlich kleiner, familiärer und man kommt noch wesentlich mehr ins Gespräch", sagt Seitz. Und natürlich gehe es hier besonders um die regionalen Themen aus dem Landkreis.
Zweimal im Jahr treffen sich die 15 Mitglieder, jedes Mal bei einem anderen Unternehmer, der dann tiefere Einblicke in seine Branche gewähren kann. "Auch hier diskutieren wir über aktuelle Themen und es geht um die Meinungsbildung", erklärt Seitz. Zudem erhalte man oft Einblicke, zum Beispiel in Missstände anderer Branchen, die man ohne dieses Netzwerk nicht bekommen würde.
Besondere Fälle
Die Geschäftsführung der IHK schaltet die Gremialausschüsse über die regelmäßigen Sitzungen hinaus zudem ein, wenn es auf besondere örtliche Fachkenntnisse und die Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen ankommt. Typische Beispiele dafür sind bedeutsame Bauleitplanungen, Verkehrsfragen oder Stellungnahmen. Der Gremialausschuss vertritt dann die Interessen der gewerblichen Wirtschaft vor Ort. Das heißt, die Mitglieder sollten Informationen, Fragen, Probleme und Anregungen aus der Region sammeln, die wiederum als Stellungnahmen oder Forderungen in die Arbeit der IHK einfließen.
Kontakt zu Unternehmern
Nicht immer ganz einfach, wie Seitz aus ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit weiß. "Tatsächlich könnten mehr Unternehmer aus der Region mit ihren Anliegen auf uns zukommen. Vielleicht wissen manche gar nicht, dass das ein guter Weg sein kann, oder sie denken, dass ihre Probleme zu klein sind, um nach Würzburg getragen zu werden. Aber genau dafür sind wir da", so Seitz.
"Der Ausschuss ist das Sprachrohr der ortsansässigen Unternehmen in die IHK nach Würzburg und in die Politik", sagt auch Verena Müller-Drilling. Die Frammersbacher Unternehmerin ist Vorsitzende des Gremialausschusses. Die Anliegen der Mitgliedsunternehmen der IHK im Landkreis zu erfahren, sei essenziell für die Arbeit im Ausschuss. Schließlich werden in den Sitzungen Themen behandelt, die für die Wirtschaft und das Leben im Landkreis von großer Bedeutung sind.