Süchtigen auf ihrem Weg aus der Sucht zu helfen, sei eine herausragende Aufgabe, betonte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel am Montag bei der Eröffnung des Psychiatrie-Symposiums des Bezirks Unterfranken. Heuer beschäftigte sich das Symposium mit „aktuellen Aspekten der Suchttherapie“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Dotzel zitierte aus einer Münchner Zeitung, die vom 50. Drogenopfer dieses Jahres, einer 24-jährigen Frau, berichtet hatte. „Was hätte diese Frau noch alles erleben können, wenn sie von ihrer Sucht losgekommen wäre?“, gab Dotzel zu bedenken.
Unter die Leitlinie „Was suchen Süchtige?“ stellte Prof. Ernst Engelke als Moderator die Veranstaltung. Das Thema gehe jeden an, so Engelke. 14,7 Millionen Deutsche seien Raucher, 1,8 Millionen alkoholabhängig und zehn Millionen Menschen in der Bundesrepublik seien von Alkoholismus gefährdet. Oberarzt Martin Hauschild fügte hinzu: jährlich gebe es in Deutschland 42 000 alkoholbedingte Todesfälle. Gemessen an den 3277 Verkehrstoten des vergangenen Jahres eine gewaltige Zahl.
31,8 Prozent der Gewalttaten erfolgten unter Alkoholeinfluss. Im Bezirkskrankenhaus Lohr am Main verfüge man daher über zwei Stationen mit jeweils 24 Betten – eine für Drogensüchtige und eine für Alkoholiker. Pro Jahr werden rund 1500 Suchtpatienten aufgenommen, also etwa ein Drittel der 4500 Patienten im Bezirkskrankenhaus (BKH).
Im Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck setze man auf ein integriertes Behandlungskonzept. Alkoholiker und Drogensüchtige würden nicht getrennt, sagte der Ärztliche Direktor der Klinik, Prof. Dr. Hans-Peter Volz. „Unser Konzept funktioniert gut.“ Die Wartezeiten für Patienten seien kurz, die Nachfrage nach Betten hoch und die Beschwerden selten. Mit 800 bis 900 Patienten machen Suchtkranke in seiner Klinik rund ein Fünftel der jährlichen Neuaufnahmen aus.
Dipl.-Psychologe Stefan Koschmieder vom Lohrer Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin stellte zunächst einen Mythos klar: „Sucht kommt vom mittelhochdeutschen Wort siechen.“ Es bedeute also krank, und nicht suchen. Auch in Lohr verfolge man bei der Suchttherapie einen „lösungsorientierten Ansatz“. Darunter versteht der Psychologe, „die Patienten mit ihrer Verantwortung zu konfrontieren“. Deshalb komme es im BKH Lohr verhältnismäßig selten zu Rückfällen, wenngleich Suchttherapien „ihre Zeit brauchen“.
Stephanie Stirnweis berichtete über die ambulante Therapie Drogenabhängiger im Raum Schweinfurt. Im Gegensatz zur stationären Therapie setze die ambulante Variante ein stabiles Umfeld voraus. Nach ihrer Beobachtung werde die Alterspanne der Süchtigen größer, wegen der steigenden Zahl von Patienten würden die Wartezeiten länger, die Klinikaufenthalte der Betroffenen kürzer und die Zahl der „Drehtür-Patienten“ höher. Und noch etwas ist ihr aufgefallen: unter den Suchtkranken finden sich immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund.
Oberärztin Dr. Susanne Pera berichtete abschließend über ihre Erfahrungen mit der Opiat-Substitution an der Psychiatrischen Instituts-Ambulanz (PIA) in Schweinfurt. Diese Einrichtung wurde 2011 mit einem Arzt und einer Halbtagskraft eröffnet. Heute besteht das PIA-Team aus 24 Köpfen. ds/mm