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Lohr
Ist das bereits der Aufschwung? Betriebs- und Personalräte aus Lohr berichten
Trübe Stimmung über Lohr: Die aktuelle Haushaltsberatung im Stadtrat hat gezeigt, dass die Stadt über Jahre hinaus aufgrund ihrer Geldnot kaum Spielraum für Investitionen hat.
Foto: Johannes Ungemach | Trübe Stimmung über Lohr: Die aktuelle Haushaltsberatung im Stadtrat hat gezeigt, dass die Stadt über Jahre hinaus aufgrund ihrer Geldnot kaum Spielraum für Investitionen hat.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 20.04.2025 02:31 Uhr

Von kleineren Lichtblicken in ihren Unternehmen haben Betriebs- und Personalräte beim Mai-Empfang der Stadt Lohr am Montag im Gewölbekeller des neuen Rathauses berichtet. Über allen Aufwärtsbewegungen liege aber der Schatten der US-Politik. Bürgermeister Mario Paul forderte dazu auf, weiterhin eng zusammenzustehen.

Das diesjährige Gewerkschaftsmotto zum 1. Mai, "Mach dich stark mit uns", könnte nach Pauls Worten kaum passender gewählt sein angesichts von Krisen, Transformationsprozessen und der zweiten Amtszeit von Donald Trump. Im Kreis herrsche ein ausgeprägter Gemeinschaftssinn, "den braucht es in solchen Zeiten".

In Main-Spessart gebe es neben vielen internationalen Konzernen auch einen starken Mittelstand und öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser. Er sei überzeugt, so Paul, dass die großen Aufgaben als Gesellschaft nur gemeinsam gemeistert werden könnten. Ein faires und solidarisches Miteinander sei der Schlüssel zum Erfolg.

Die Zukunftsfrage der Gerechtigkeit

Die Betriebs- und Personalräte sind laut Bürgermeister das Bindeglied zwischen den Arbeitgebern und den Beschäftigten. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit sei dabei von zentraler Bedeutung. Sie sei nicht nur eine "Wohlfühlgeschichte", sondern die Zukunftsfrage für eine stabile, zukunftsfähige, demokratische Gesellschaft.

Entscheidend sei weiterhin die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen vor Ort und ihre Innovationskraft. "Nur durch ständige Weiterentwicklung, neue Ideen und die Bereitschaft, sich veränderten Märkten anzupassen, können wir unsere Arbeitsplätze erhalten und unseren Wohlstand sichern", so Paul. Ein offener Dialog und eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung und Arbeitnehmervertretern seien dabei ein Wettbewerbsvorteil.

Bei Bosch Rexroth gebe es unverändert Restrukturierungs-, Verlagerungs- und Personalabbauprozesse, berichtete Betriebsratsvorsitzender Klaus Friedrich. Vier Personalabbauprogramme liefen, das fünfte werde gerade verhandelt. Im Geschäftsbereich Elektrische Antriebe und Steuerungen (früher Indramat) gebe es die zweite massive Welle des Personalabbaus in zwei Jahren.

Einen so langen Abschwung habe noch keiner je erlebt, meinte Friedrich. In diesem Jahr gebe es jedoch Lichtblicke: Die Aufträge zögen etwas an, die Kunden seien besser gelaunt. Die Frage, ob jetzt der Aufschwung komme, werde überlagert von Sorgen wegen der US-Politik. Erste deutsche Firmen reduzierten bereits die Produktion, weil sie nicht mehr in die USA exportierten.

Gemischte Erfahrungen

Ob die Beschäftigten den Eindruck hätten, die Restrukturierungen würden die Wettbewerbsfähigkeit stärken, wollte Bürgermeister Paul wissen. Die Erfahrungen sind nach Friedrichs Angaben gemischt. Es gebe geeignete und weniger geeignete Maßnahmen. "Aber wir haben gute Leute, die etwas vom Geschäft verstehen."

Beim Mai-Empfang der Stadt Lohr mit Bürgermeister Mario Paul berichteten Betriebs- und Personalräte über die Lage in ihren Unternehmen.
Foto: Thomas Josef Möhler | Beim Mai-Empfang der Stadt Lohr mit Bürgermeister Mario Paul berichteten Betriebs- und Personalräte über die Lage in ihren Unternehmen.

Nach über einem Jahr Kurzarbeit merkt man nach Angaben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Thomas Schedlbauer in der Rexroth-Gießerei, "dass es langsam wieder anzieht". Im Mai und Juni werde voraussichtlich keine Kurzarbeit nötig sein. Der Konzern habe Millionen in neue Technik investiert, die Strom spare und den CO2-Ausstoß verringere.

Gerresheimer investiere 100 Millionen Euro in sein Lohrer Werk, berichtete Betriebsratsvorsitzender Harald Merz. Die neue Weißglaswanne werde ein Meilenstein sein. Am 7. Mai solle dort nach 110 Tagen Stillstand der Glasfluss wieder starten. Weil die neue Wanne über 100 Tonnen mehr Glasschmelze fasse, werde auch mehr Quarzsand benötigt, was die Notwendigkeit des Bahnanschlusses unterstreiche, so Merz. Die Auftragslage sei stabil.

Umstellung bis Jahresende

Die Digitalisierungsbemühungen der Arbeitsagentur Lohr erläuterte ihr Geschäftsstellenleiter Martin Heilmann. Der Erstkontakt solle nur noch nach Terminabsprache via Telefon oder Internet erfolgen. Damit fielen die Wartezeiten weg. Bis Jahresende solle die gesamte Geschäftsstelle umgestellt sein.

Im Klinikum Main-Spessart gibt es nach den Worten des Personalratsvorsitzenden Dennis Westphal zwei zentrale Themen: den Neubau des Zentralklinikums, dessen Rohbau zwischen Juli und September fertig sein soll, und die Übernahme der Seniorenheime durch die Karlstadter Herold-Stiftung. "Wir wollen einen ordentlichen Übergang für die Beschäftigten erreichen", so Westphal.

Auch am Bezirkskrankenhaus werde gebaut, der Rohbau der Gerontopsychiatrie sei früher fertig geworden als geplant, erläuterte der stellvertretende Personalratsvorsitzende Markus Riedmann. Der Fachkräftemangel mache sich vor allem im Pflegebereich bemerkbar, bei den Ärzten sei die Klinik gut aufgestellt. Insgesamt sei man "recht zufrieden". "Bei den Investitionen können wir nicht so mithalten", meinte Marco Ludwig, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende des Autohauses Grampp. Der Keller des Gebäudes sei erneuert worden, in dem die Kundenreifen lagerten. Bei der E-Mobilität sei das Autohaus weit vorne unter den Top-Verkäufern in Deutschland.

Konjunkturell gehe es wieder etwas vorwärts, etwa beim Wohnungsbau, meinte Anja Held, die stellvertretende Personalratsvorsitzende der Sparkasse Mainfranken. Jetzt funke aber US-Präsident Donald Trump dazwischen: "Im Moment weiß keiner so richtig, was er machen soll." Vom Tisch ist nach ihren Angaben die Idee, Teile im Lohrer Sparkassengebäude zu vermieten.

 
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