
Trojaner, Phishing, Warenbetrug – das Internet ist ein beliebter Tummelplatz für Kriminelle. Das hat erst jüngst wieder der Fall Dettelbach öffentlichkeitswirksam vor Augen geführt. Dort hatte sich die Gemeindeverwaltung einen Computervirus eingefangen, Lösegeld gezahlt und dennoch Daten verloren.
Doch viel häufiger als Kommunen werden im weltweiten Netz Privatleute Opfer von Kriminellen. Davon kann Matthias Wild ein Lied singen. Der Polizeihauptmeister ist bei der Lohrer Polizeiinspektion Sachbearbeirter für Internetkriminalität. Allein auf seinem Schreibtisch landen pro Jahr rund 150 Fälle.
Die Dunkelziffer, so schätzt der 30-Jährige, ist wohl deutlich höher. Viele Betroffene halte die Scham vom Gang zur Polizei und vor einer Anzeige ab. Dafür hat Wild kein Verständnis. Er sagt: „Scham ist nicht angebracht. Es kann wirklich jeden treffen.“ Der gebürtige Lohrer ist zwar kein „Cyber-Cop“ wie die beiden auf Internetkriminalität und deren Aufspüren spezialisierten Beamten der Würzburger Kriminalpolizei. Doch an jeder Polizeiinspektion gibt es einen wie ihn, der sich schwerpunktmäßig um die Fälle derjenigen kümmert, die über die zahlreich im Internet lauernden Fußangeln gestolpert sind.
Die Schadensspanne der Fälle, die bei Wild landen, beginnt bei der mit geklauten Kreditkartendaten bestellten Pizza.
Aber auch einen 10 000-Euro-Betrug landete schon auf dem Schreibtisch des Lohrer Polizisten. Dabei hatten Kriminelle mit ausgespähten Kreditkartendaten weltweit in Online-Shops eingekauft, von Shanghai über Hongkong bis in die USA. Kreditkartenunternehmen versuchen laut Wild, solche auffälligen Umsätze festzustellen und betroffene Karten so schnell wie möglich zu sperren. Im Einzelfall komme es jedoch trotzdem zu hohen Schadenssummen, insbesondere dann, wenn für die Kreditkarten kein Limit eingerichtet sei.
Ein Schwerpunkt in Wilds Arbeit ist der so genannte Warenbetrug. Klassisches Beispiel: Jemand bestellt im Internet etwas und bezahlt im Voraus, ohne die Ware jemals zu erhalten. Etwa 50 solcher Fälle nimmt Wild pro Jahr aus dem Raum Lohr auf. In ähnlicher Größenordnung bewegt sich der zweite große Posten im Arbeitsalltag des Polizisten: eben der Kreditkartenbetrug. Dabei spähen Kriminelle im Internet preisgegebene Kreditkartendaten aus, um mit diesen anschließend selbst munter Bestellungen zu tätigen.
Die Frage, wie die Kriminellen an die sensiblen Daten kommen, lässt sich laut Wild nur in den seltensten Fällen klären. Häufig seien es fingierte Mails von vermeintlich seriösen Unternehmen, mitunter auch gefälschte Internetseiten, über die Daten abgegriffen werden. Je häufiger man seine Kreditkarte für Käufe im Internet nutze, desto wahrscheinlicher werde es, dass die Daten irgendwann in falsche Hände geraten, so Wild. Er sagt: „Die Preisgabe von Kreditkartendaten ist im Internet immer ein heißes Eisen.“
Neben solchen Daten eignen sich Kriminelle mitunter aber auch ganze Identitäten an, indem sie beispielsweise ein E-Mail-Konto knacken und so unter falschem Namen betrügerisch aktiv werden, beispielsweise durch das Verbreiten von Computerviren.
Eine immer wieder auftauchende Masche sind auch Gewinnversprechen oder Erbschaftsankündigungen, beispielsweise per Mail verschickt. Zur „Abwicklung“ würden Notar- oder Gerichtskosten gefordet, beschreibt Wild den Trick. Gerade ältere Menschen hätten in solchen Fällen schon häufiger größere Geldbeträge mittels Bargeldtransfer oder anderer anonymer Zahlungsmethoden ins Ausland überwiesen und letztendlich verloren.
„Es kommt fast alles immer wieder“, macht Wild deutlich, dass Kriminelle im Internet mit alten Tricks stets neue Opfer finden. Vielfach machten es ihnen die Internetnutzer aber auch zu leicht, weil sie viel zu sorglos mit ihren Daten umgingen.
Wenn es dann passiert ist, gilt laut Wild in vielen Fällen, dass die Aussicht auf Ermittlung des Täters recht gering ist. Die Chancen, beispielsweise überwiesenes Geld wieder zurückzubekommen, seien noch am größten, wenn das Geld auf ein Konto in Deutschland geflossen sei. Ins Ausland überwiesenes Geld sehe man im Zweifelsfall hingegen kaum mehr wieder. Die Polizei selbst habe keine Möglichkeit, überwiesenes Geld zurückzuholen. Dazu müssten betroffene den zivilrechtlichen Weg gehen, was lange dauern könne und einen ungewissen Ausgang habe.
Eine klassische Zielgruppe für die Machenschaften der Internetkriminellen gibt es laut Wild nicht. Betroffen seien Junge ebenso wie Alte, Männer ebenso wie Frauen.
Beim Warenbetrug seien Artikel wie Smartphones oder Spielekonsolen häufig die Lockmittel der Betrüger, so Wild. Hier müsse jeder vor einem Internetkauf seinen gesunden Menschenverstand benutzen und sich fragen: „Kann es wirklich sein, dass ein Artikel, der im normalen Handel derzeit ausverkauft ist, im Internet nochmal 100 Euro billiger angeboten wird?“
Wild selbst übrigens hat trotz seines Berufsalltags keine Scheu vor dem Internet. Er sei überhaupt erst zu seiner derzeitigen Aufgabe gekommen, weil er computeraffin sei, sagt er. Und ja, Wild kauft auch im Internet ein. „Aber ich bin vorsichtig“, sagt der Polizist. Eine Kreditkarte besitze er auch nicht. „Ich komme im Internet auch ohne gut zurecht.“
Tipps für mehr Sicherheit im Netz
Für das Bewegen im Internet gibt Matthias Wild, Sachbearbeiter der Lohrer Polizei, folgende Tipps:
Aktuelles Betriebssystem: Ein Computer, dessen Betriebssystem keine automatischen Sicherheitsupdates mehr erhält, ist laut Wild ein Sicherheitsrisiko. Aktuell gebe es erst ab Windows Vista solche Updates, für Rechner, die noch mit Windows XP laufen, nicht mehr.
Firewall und Virenscanner: Ein kostenloser Schutz bietet meist nur eine Grundsicherung, so Wild.
Sicheres Passwort: Es sollte mindestens acht Stellen haben, darunter Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung, mindestens eine Ziffer und ein Sonderzeichen. Laut Wild gibt es Schadprogramme, die auf das Knacken von Passwörtern spezialisiert sind. Je sicherer das Passwort, desto geringer das Risiko, dass sie Erfolg haben.
Kreditkartendaten: Diese sollten nur beim Einkauf auf seriösen Portalen genutzt und im Internet grundsätzlich zurückhaltend gebraucht werden.
Soziale Netzwerke: Zurückhaltend sollte man bei Kontaktaufnahme durch Personen sein, die man nur aus dem Internet und nicht aus dem realen Leben kennt. Ausweis und Kontodaten sollte man in Sozialen Netzwerken niemals preisgeben, sonstige persönliche Daten wie die Adresse nach Möglichkeit auch nicht.
Phishing-Mails: Keine Mails von dubiosen Absendern oder gar Anhänge solcher Mails öffnen. Laut Wild ist beispielsweise dann besondere Vorsicht geboten, wenn man in der Mail nicht persönlich angesprochen wird.
Im Falle eines Betrugsverdachtes sollte man sämtliche diesbezügliche E-Mails speichern, Screenshots von der Internetseite machen, geleistete Zahlungen möglichst rückgängig machen und Anzeige bei der Polizei erstatten.
Eltern rät Wild, die Smartphones der Kinder nur mit Prepaid-Karten und kleinem Datentarif auszustatten. Mehrwertdienste, über die beispielsweise Klingeltöne gekauft werden können, solle man sperren. Für das Bewegen der Kinder im Internet gebe es Software, die gewisse Seiten sperrt. Aber auch sie entbindet laut Wild die Eltern nicht von der Aufsichtspflicht.
Viele Informationen rund um das Thema Internetkriminalität gibt es im Internet unter www.polizei-beratung.de www.kaufenmitverstand.de