Spanisch, Türkisch, Englisch – in diesen Tagen wird es auf dem Saupurzel in Karlstadt multikulturell. Zum sechsten Mal helfen junge Menschen aus der ganzen Welt auf dem Umsonst & Draußen (U & D). Die 18 Teilnehmer des Workcamps kommen aus Griechenland, Kanada, Mexiko, Spanien, Südkorea, Taiwan, Tschechien und der Türkei und engagieren sich zwölf Tage für das Gelingen des bereits zum Kult gewordenen Festivals.
Sich freiwillig für ein Gemeinschaftsprojekt einzusetzen – das ist der Sinn des Workcamps. Trägerverein ist „Internationale Begegnung in Gemeinschaftsdiensten e.V.“ (IGB), für die Betreuung vor Ort sind Petra Pfaff und Anna Hisch verantwortlich. Als Studentinnen der Sozial- und Kulturanthropologie und der Romanistik bringen die beiden wichtige Voraussetzungen für diese Aufgabe mit.
Die Teilnehmer kamen am vergangenen Samstag in Karlstadt am Bahnhof an – die erste Nacht durften sie noch im Jugendzentrum „Piranha“ übernachten. Sobald jedoch am Karschter Mäuerle die Zelte standen, zogen die Workcampler direkt auf das Festivalgelände. Die Vorstellung, nun eine Woche lang mit Chemietoilette und mobiler Dusche zu leben, schreckt im ersten Moment etwas ab, vor allem die Mädels. Die leckere Verpflegung, der kurze Weg zur Arbeitsstätte und der Sonnenuntergang über Karlstadt entschädigen jedoch für die einfache Ausstattung.
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase und einem ersten Kennenlernen untereinander geht es dann zum Arbeitseinsatz. „Die Deutschen sehen im ersten Moment streng aus, sie sind aber immer sehr freundlich“, sagt Marlene aus Mexiko. Seit 2009 unterstützen die internationalen Besucher schon das U & D. „Jeder Teilnehmer wird hier nach seinen persönlichen Fähigkeiten für verschiedene Aufgaben eingesetzt“, sagt Petra Pfaff. „Diejenigen, die gut zeichnen können, helfen bei der Gestaltung von Werbematerial und Plakaten. Starke Männer und Frauen werden für den Aufbau von Zäunen und Bauwägen eingesetzt.“ Jede Hand ist in der Aufbauwoche wichtig und willkommen: „Die Arbeit macht Spaß und durch die gute Organisation ist der Arbeitseinsatz für alle etwa gleich“, sagt ein Teilnehmer aus Spanien.
Neben der Arbeit auf dem Festplatz gibt es für die Gäste auch ein Freizeit-Programm. Gemeinsam mit den Betreuerinnen ging es in diesem Jahr zur Stadtführung nach Würzburg sowie auf die Kulinarische Meile in Karlstadt. Außerdem ist eine Wanderung durch die Weinberge inklusive Weinprobe und echt fränkischer Brotzeit geplant. „Die Stadt ist wirklich schön! Auch die Natur hier gefällt uns. In Taipeh, wo wir wohnen, gibt es nur Hochhäuser. Hier genießen wir die frische Luft“, schwärmen zwei Besucher aus Taiwan. Auch das kulturelle Programm kommt bei den Besuchern sehr gut an: „Wir haben viel über Würzburg und seine Geschichte gelernt. Besonders die historischen Gebäude haben mich beeindruckt“, sagt Laurence aus Quebec.
Während des Festivalbetriebs am Wochenende sind die internationalen Gäste mittlerweile eine wichtige Stütze geworden: Sie verkaufen Bier, mixen Cocktails und helfen auf dem Parkplatz. Dabei stolpern sie immer wieder über die ein oder andere lokale Besonderheit: „Am Ende der Woche haben eigentlich alle Teilnehmer gelernt, Bier zu zapfen, was genau das Wort „Pfand“ bedeutet und wie man eine Bierzeltgarnitur auf- und abbaut“, schmunzelt die Betreuerin Anna Hisch. Besonders Mutige dürfen auch auf der Hauptbühne eine Anmoderation übernehmen.
Das Workcamp bedarf präziser Vorbereitung. Außerdem werden sowohl von den Teilnehmern als auch von den routinierten Helfern ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und interkultureller Kompetenz verlangt. „Es ist verblüffend. Im ersten Jahr waren die Karlstadter noch sehr schüchtern gegenüber den Leuten vom Workcamp. Mittlerweile werden die Besucher aber ganz selbstverständlich eingesetzt“, sagt die Zweite Vorsitzende des U & D-Organisators Troja e. V., Esther Jakob. Die eingefleischten Helfer trauen sich wieder an ihr Schulenglisch und die Arbeit für das gemeinsame Ziel verbindet – egal, ob man aus Karlstadt oder Hongkong kommt.
Wegen dieser positiven Effekte hat sich das Workcamp in den letzten Jahren etabliert: Freundschaften wurden geknüpft, sogar eine Liebesbeziehung zwischen einer Taiwanesin und einem Zellinger ist entstanden und dauert bis heute an. Nicht selten kommen Camp-Teilnehmer ein zweites Mal zum Saupurzel. Pablo und Fernando aus Spanien waren bereits 2013 auf dem Platz und freuen sich, wieder da zu sein: „Das Ambiente, die Leute, die Stimmung: Für uns ist das wie Urlaub.“ Am meisten beeindruckt hat die beiden, dass hier alle ohne Bezahlung arbeiten. Die Leidenschaft für das U & D und der unbändige Teamgeist der ganzen Mannschaft übertragen sich auf die Workcampler und machen die zwölf Tage am „Karschter Mäuerle“ zum einmaligen Erlebnis.
ONLINE-TIPP
Das komplette Programm des U & D in Karlstadt finden Sie unter www.umsonstunddraussen.de