
Keinen Heizkessel und auch keine Wärmepumpe mehr im Haus, sondern eine Übergabestation für Nahwärme. Das könnte in Zellingen in einigen Jahren Realität sein, wenn genug Hausbesitzende mitziehen und sich anschließen lassen. Bis zum 20. Juli haben sie Zeit, ihr Interesse per Postkarte oder Online kundzutun.
Zu einer ersten Infoveranstaltung der Gemeinde und der Firma GP Joule, die das Nahwärmenetz samt Heizzentrale planen und bauen würde, kamen Mitte Juni rund 100 Bürgerinnen und Bürger in die Friedrich-Günther-Halle. Die Firma mit Sitz unter anderem im bayerischen Buttenwiesen bei Augsburg ist als integrierter Energieversorger seit 2009 am Markt und baute bereits mehrere Wärmenetze, unter anderem im Landkreis Dillingen und in Mertingen. Auch die Gemeinde Retzstadt will mit dem Unternehmen zusammenarbeiten.
Pufferspeicher gleicht Schwankungen aus
In Zellingen stellten Projektentwicklerin Johanna Weidlich und Kundenberater Thomas Schombachher und Ogzuhan Sari die Funktionsweise eines Nahwärmenetzes sowie den Stand der Projektvorbereitung vor. Erzeugt würde die Wärme von Hackschnitzelkesseln in Kombination mit einer Großwärmepumpe, dazu käme ein Spitzenlastkessel. Pufferspeicher für heißes Wasser würden in der Wärmezentrale einen stetigen Betrieb und den Ausgleich von Bedarfsschwankungen ermöglichen.
Die Hackschnitzel sollen möglichst lokal bezogen werden, vielleicht sogar aus dem Zellinger Gemeindewald, der Strom soll aus erneuerbaren Energien stammen. Bekanntlich wird bei Retzbach eine Freiflächenphotovoltaikanlage entstehen. Der Spitzenlastkessel würde laut Bürgermeister Stefan Wohlfart mit Gas betrieben, was auch Biogas sein könnte. Die ohne fossile Brennstoffe erzeugte Wärme wäre von der CO₂-Bepreisung nicht betroffen.

Gebaut würde die Wärmezentrale auf dem Grundstück des ehemaligen Tanzcenters ("Bunker") am Ortsrand. Baurechtlich wären ein Bebauungsplan und die Änderung des Flächennutzungsplanes von "Sondergebiet Tanzcenter" in "Gewerbegebiet"nötig. Für diese Bauleitplanung auf Kosten der Firma GP Joule beschäftigte sich der Gemeinderat bereits in einer internen Sitzung mit einem städtebaulichen Vertrag.
Freibad als großer Wärmeabnehmer
Ein Nahwärmenetz kann technisch und wirtschaftlich nur betrieben werden, wenn genug Wärme abgenommen wird. In Zellingen gibt es mit dem Freibad auch im Sommer einen großen Wärmeabnehmer, außerdem die Seniorenresidenz und das benachbarte betreute Wohnen. In die Jahre gekommen ist auch die Heizung der Friedrich-Günther-Halle.
Darüber hinaus wird das Interesse der Zellinger Hauseigentümerinnen und -eigentümer wesentlich sein. Nur in Straßen mit viel Anschlussinteresse werden die Rohrleitungen für das 65 Grad Celsius heiße Wasser (Vorlauftemperatur) verlegt werden. Die Erschließung mit dem Nahwärmenetz würde in Teilabschnitten erfolgen und mehrere Jahre dauern. Die Reihenfolge wird auch von der Interessenlage abhängen. Zudem muss die Wärmezentrale nach Bedarf dimensioniert werden.
Befragte können aus drei Antworten wählen
Bei der Befragung haben die Bürgerinnen und Bürger die Antwortoptionen "Interessiert und Anschluss sofort", "Interessiert und Anschluss in einigen Jahren", oder "kein Interesse". Zudem müssen sie ihre Heizungsart und einen konkreten Jahresverbrauch angeben. Der Anschluss im Haus besteht aus einer Übergabestation mit Wärmetauscher. Wer Interesse an einem späteren Anschluss hat, bekäme die Wärmenetzleitung rund 1,5 Meter in das Grundstück gelegt.
An der eigenständigen Wärmenetzgesellschaft als Betreiber würde sich die Gemeinde beteiligen. Die Konzept-Planung wird auf Basis der Rückmeldungen erfolgen. Bürgermeister Stefan Wohlfart ist sehr gespannt auf die Resonanz. Bei genug Interesse würde das Projekt Ende des Jahres in die nächste Phase (Beratung) gehen. Dann würden in einer neuen Informationsveranstaltungen Details über ein Zellinger Nahwärmenetz nebst Preisen für Anschluss und Wärmebezug (Grundpreis und Arbeitspreis, wie bei Strom und Gas) vorgestellt.
