Der interessanten Historie des ehemaligen Forsthauses Zieglerfeld (Gemeinde Aura), gelegen an der Landesgrenze Bayern-Hessen zwischen Aura und Jossgrund-Burgjoß, ist der Geschichtsverein Jossgrund auf die Spur gegangen. Zweiter Vorsitzender Robert Ruppel unterstrich das Interesse seines Vereins, historische Relikte festzuhalten.
In monatelanger Recherche konnte er in enger Kooperation mit dem Gemündener Kreisheimatpfleger Bruno Schneider die Geheimnisse des imposanten Forsthauses lüften. Der Name "Zieglerfeld" geht auf die einstige, seit etwa 1700 bestehende Ziegelei mit Branntweinwirtschaft zurück, die Schmugglern, Holz- und Wilddieben als Treffpunkt diente und 1837 aufgegeben wurde. Gemeinsam mit Geschichtsinteressierten präsentierte der Verein jetzt eine Infotafel mit dem historischen Hintergrund.
Bauern witterten "klingende Münze"
Für die königlichen Forstwarte baute man überall Gehöfte mit kleiner Landwirtschaft zur Selbstversorgung. 1891 zog mit Albert Jäger der erste Förster in das imposante Sandsteingebäude ein. Schon für die Grundstückskäufe witterten die hessischen Bauern "klingende Münze" und verlangten horrende Preise, sodass für 3,9 Hektar Wiesen und Äcker schlechter Qualität das Königreich Bayern 7300 Goldmark zahlen musste.
Eine in den Archiven entdeckte Ausschreibung der Bauleistungen für das Forsthaus Zieglerfeld und der parallel angedachte Bau des Forsthauses Emmerichsthal bei Obersinn im Jahr 1890 sah einen Preis von 20.264 Goldmark für Zieglerfeld vor. Zehn Meter tief musste der Brunnenschacht für die Trinkwassernutzung gegraben werden, erklärte Ruppel. Das neue Forsthaus stand auf bayerischem Grund, welches mit einem Holzpfosten mit weiß/blauer Markierung und dem Wappen des Königreichs Bayern dokumentiert war. Auf der anderen Seite des Waldwegs zeigte ein aufwändiger Grenzstein mit dem Wappen des Königreichs Preußen den Grenzverlauf. Bayern hatte an der Seite Österreichs 1866 den Bruderkrieg gegen Preußen verloren und musste das "Amt Orb" mit den Gemeinden des Jossgrunds an Preußen abgeben.
Schnaps als Schutz vor kaltem Bier
Die raffinierte Förstersgattin Marie erhielt die Genehmigung einer Schankwirtschaft für die "Abgabe von Bier für Forstleute und Fremde". Kurz später wurde der Ausschank für den "unbedingt notwendigen Schnaps" erweitert, als "Schutz vor dem folgenden kalten Bier". Bis in die 1960er Jahre gab es am Zieglerfeld einen Gastbetrieb, zu dem oft die Jossgründer Kinder zum Schulausflug kamen, erinnerten sich die Insider Robert Ruppel und sein Freund Winfried Imkeller. Am 1. Mai spielte die Musik auf.
1964 verkaufte der bayerische Staatsforst das Anwesen an Adolf Herdt, der es 2005 an die Aschaffenburger Familie Teichmann weitergab. 2017 wurde das Anwesen zwangsversteigert; die Auraer Manfred und Carmen Heinz erwarben das Gehöft und bauten es zu einem modernen Gästehaus um.
Auf der hessischen Seite hat der Naturpark den Premiumwanderweg, die Spessartfährte markiert, der jährlich von rund 2500 Naturenthusiasten gelaufen wird und direkt am Forsthaus, an der neuen Infotafel vorbeiführt. So passiert auch der "Judenpfad" das Forsthaus, der auf kürzestem Weg die Mittelsinner Juden in die hessischen Dörfer zum Verkauf ihrer Waren führte. Bruno Schneider wusste von einer großen Zahl von alten Grenzsteinen in der unmittelbaren bayerischen und hessischen Nähe.