Inder zieht es nach Main-Spessart – und das bringt interessante Begegnungen und Erkenntnisse mit sich. Erst waren neulich indische Studenten in Lohr unterwegs und haben den Löhrern vorgeschlagen, ihren Großparkplatz an der Mainlände in eine Grünanlage zu verwandeln. Vielleicht hätten die Inder auch noch bis zur Spessartfestwoche bleiben sollen, die an derselben Stelle stattfinden wird, um auszuloten, was die Mopper davon halten, wenn ihr Allerheiligstes durch derlei Vorschläge gefährdet wird.
Dann war die Tage ein indischer Bischof in Triefenstein zu Gast. Das Beeindruckendste für den Bischof war offenbar das Kennenlernen einer fremden Frucht namens Erdbeere. "Bei uns gibt es härtere Früchte wie Kokosnüsse", hat der Bischof gelacht. Wer also Inder beglücken will, der gehe mit ihnen zur rechten Zeit zum Pflücken ins Karlebercher Erdbeerfeld.
Eis ist heiß
Ob die indischen Austauschschüler, die in Karscht zu Gast waren, in Erdbeerfeldern auf ihre Kosten gekommen sind, ist nicht überliefert. Was jedoch offenbar auch zog, war Erdbeereis. Jedenfalls waren die Schüler nicht mehr zu halten, sobald sie einer Eisdiele ansichtig wurden. Wer gerne reist und vielleicht noch keine Idee hat, womit er sich mal seine Brötchen kaufen soll, dem sei eine Eisdiele mit echtem oder nachgemachtem italienischen Eis in Neu-Delhi empfohlen. Das ist ein sicherer Weg zum Rupien-Millionär. Es gibt offenbar keine größeren Spaghettieis-Fans auf diesem schönen Erdenrund. Sie müssen es nur erst mal kennenlernen.
Die indischen Schüler kamen sich im pulsierenden Karscht vor, als wären sie mitten in der Natur. Das soll eine Stadt sein? In ihrer Heimatstadt Neu-Delhi, über den Daumen gepeilt immerhin rund doppelt so groß wie Karscht, pulsiert's fast noch ein bisschen mehr als hier. Aber wenn sie sich über die Zementstadt am Main wundern, dann sollten sie erstmal nach Arnstee, das schimpft sich ja auch Stadt. Oder nach Retz- oder Himmelstadt. Da würden sie Augen machen.
Was Retzscht mit Neu-Delhi gemein hat
Aber sowohl in Arnstee als auch in Retscht dürften sich die Schüler der Mathura Road Public School (hat offenbar nix mit dem österreichischen Abi, der Matura, zu tun) ob des derzeitigen Verkehrschaos ganz wie zu Hause fühlen. Wer übrigens aus Spaß mal Google Maps im Internet aufmacht, um sich besagte Mathura Road anzuschauen, und dann auf die Satellitenansicht wechselt, der sieht auf den ersten Blick, wie Verkehrschaos auf Indisch geht. Interessant auch der daneben liegende See "Old Fort Lake", der wohl so heißt, weil er fort ist.
Bei den Bildern versteht man auch, dass mitnichten jeder in Indien Rikscha fährt. Der geneigte Leser erfuhr diese Woche, die jungen Inder seien teilweise an Chauffeur und Dienstpersonal gewöhnt – also ganz ähnlich wie Kinder hierzulande, wo allerdings dieses Dienstwesen in der Regel nicht outgesourct, sondern inter(nicht inder-)familiär geregelt ist. Auch dass sie Konditionsmängel zeigten, als sie durch Karscht gezerrt wurden, kann man sich bei hiesigem Nachwuchs vorstellen.
So bleibt festzustellen, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt. Um weitere kennenzulernen, machen sich im Herbst Karschter Schüler zum Gegenbesuch nach Indien auf – vielleicht schaut der ein oder andere dabei schon mal nach einem geeigneten Standort für eine Eisdiele. Bei der dort gerade herrschenden Hitzewelle, bei der Abkühlung statt Eis nur die 34 Grad in der Nacht bringen, ein sicher lohnender Blick.