Ruppertshütten wird zum Surferparadies: Wer jetzt an Wassersport auf dem Sindersbachsee denkt, ist noch zu analog unterwegs. Rasant digital gesurft werden kann bald in Ruppertshütten, weil dort am Montag mit dem Glasfaserausbau begonnen wurde. Bis zum Ende des Jahres ist geplant, dass rund 9000 Haushalte in ganz Lohr auf die schnellen Internetanschlüsse zugreifen können. Dafür werden laut Aussage der Telekom 188 Kilometer Glasfaserkabel verlegt, die das Surfen mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde ermöglichen. Derzeit ist bereits bei einem Zehntel davon Schluss.
Die Deutsche Telekom und die australische Investorengesellschaft IFM, die im Rahmen des Gemeinschaftsunternehmens "Glasfaser Plus" kooperieren, wollen jedes Jahr zwei Millionen Haushalte in Deutschland mit Glasfaser versorgen. Für Lohr beziffert Tobias Körber von der Telekom das Auftragsvolumen auf 15 bis 20 Millionen Euro. Die Firma Circet Deutschland übernimmt den rein privatwirtschaftlichen Ausbau der Infrastruktur in Lohr. Der zuständige Bereichsleiter Stefan Hecht sprach beim Spatenstich in Ruppertshütten von bis zu 120 Mitarbeitern, die sich gleichzeitig um den Glasfaserausbau kümmern werden.
Straße wird aufgerissen
Da das Glasfaserkabel nicht im Verteilerkasten am Straßenrand endet, sondern bis ins Gebäude gezogen werden muss, benötigt die Telekom für den Hausanschluss die Genehmigung des Eigentümers. Andernfalls werde es am Haus vorbeigeführt, sagte Wolfgang Neumann, Regiomanager Infrastrukturvertrieb bei der Telekom. Um die Glasfaserkabel zu verlegen, wird die Straße aufgerissen und die neue Technik parallel zu den Kupferkabeln verlegt, mit denen die Kunden aktuell mit Internet versorgt werden.
Wer bereits während der Ausbauphase einen Glasfasertarif bei einem Telekommunikationsanbieter abschließt, bekommt den dafür nötigen Hausanschluss kostenlos. "Bei einer Buchung nach der Ausbauphase kostet der Hausanschluss dann einmalig rund 800 Euro", erläuterte Neumann. Nach Aussage von Stefan Hecht könne der Kunde sofort schneller surfen, wenn die Arbeiten bei ihm abgeschlossen sind und müsse nicht warten, bis der letzte Glasfaseranschluss in Lohr verlegt sei. Um ein Einfamilienhaus anzuschließen, veranschlagt der Experte je nach Lage einige Stunden bis zu einem Tag. "Bei mehreren Wohnparteien gibt es vorher eine Auskundung vor Ort", sagte er.
Bürgersprechstunde geplant
Ruppertshütten und Halsbach wurden als Startpunkte für den Glasfaserausbau auserkoren, weil die Planung für diese kleinen Orte bereits fertig ist. Der Lohrer Bauausschuss wird sich mit dem Thema in seiner Sitzung am 4. April beschäftigen, denn in der Kernstadt sind bei Bauarbeiten teilweise bereits Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt worden. "Lohr hat ein Netz im Ortskern, das wir käuflich erwerben könnten", sagte Stefan Hecht dazu.
Lohrs Bürgermeister Mario Paul sprach von "einer absolut wichtigen Zukunfts-Infrastruktur, von der Lohr als eine der ersten Städte deutschlandweit profitiert". Er bat um Verständnis dafür, wenn es wegen der Bauarbeiten zu Beeinträchtigungen kommt. Diese sollen so gering wie möglich gehalten werden. Wenn Verteilerkästen aufgestellt werden, solle dies laut Paul eng mit den Hauseigentümern abgesprochen werden. "Über die Bauarbeiten werden die Anwohner straßenweise informiert", erläuterte Hecht. Außerdem werde eine Bürgersprechstunde zu dem Thema eingerichtet.
Langsames Internet im Baugebiet
Priorität hat für den Lohrer Bürgermeister die Versorgung der Wombacher Grundschule sowie das dortige Neubaugebiet "Westlich der Hirtenäcker", wo das Internet noch recht langsam ist. Neben der höheren Bandbreite hat der Glasfaseranschluss laut Telekom-Regiomanager Neumann noch einen weiteren Vorteil: Wer eine bestimmte Geschwindigkeit gebucht habe, bekomme diese auch, unabhängig davon, wie weit er vom Verteiler weg sei. Der Nachteil der neuen Technik ist allerdings, "dass man durch jeden Vorgarten durch muss, um den Hausanschluss zu legen", so Neumann.
Die Corona-Pandemie hat die Diskussion über ein schnelleres Internet befeuert, weil sich vielerorts Defizite bei der Arbeit oder dem Unterricht zuhause offenbarten, wenn das Netz ständig ins Stottern kam. Richtig beschleunigt hat den Ausbau der Glasfaser laut Neumann allerdings die Konkurrenz unter den Telekommunikationsunternehmen.
Wie eilig die Telekom es hat, wird daran deutlich, dass sie nach Neumanns Angaben voriges Jahr kurz vor Weihnachten erstmals wegen des Glasfaserausbaus im Lohrer Rathaus gewesen ist. Dass bereits drei Monate danach die Arbeiten beginnen, ist bei anderen Baumaßnahmen selten der Fall. Wer hätte gedacht, dass in Ruppertshütten mit seinen 800 Einwohnern die digitale Zukunft früher Einzug hält als in vielen Würzburger Stadtteilen?