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Retzbach
In Retzbach blüht's im Weinberg
Winzermeister Burkard Heßdörfer lässt zwischen den Reben eine Vielzahl von Blumen und Kräutern wachsen. Der Vorsitzende der Retzbacher Winzer ist von den Vorteilen überzeugt.
Winzermeister Burkard Heßdörfer aus Retzbach zeigt die Blühfläche in einem seiner Weinberge am Benediktusberg.
Foto: Björn Kohlhepp | Winzermeister Burkard Heßdörfer aus Retzbach zeigt die Blühfläche in einem seiner Weinberge am Benediktusberg.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:21 Uhr

In den Weinbergen von Winzermeister Burkard Heßdörfer in Retzbach blüht es derzeit prächtig. Man sieht in den Zeilen zwischen den Rebstöcken jede Menge Mohn, Borretsch, Ringelblume, Phacelia und Kornblume. Wenn die Sonne scheine, summe es richtig laut, erzählt er. Dann sehe man viele Wildbienen und Schmetterlinge. Schon letztes Jahr, noch vor dem Volksbegehren zur Rettung der Bienen, hat er dafür rund 70 Kilogramm Saatgutmischung "Veitshöchheimer Bienenweide" auf 7000 Quadratmeter ausgesät – per Hand, nachdem er mit dem Grubber den Boden erst flach gelockert hat.

"Weil es für die Insekten was bringt, weil es für den Boden was bringt und weil es schön aussieht."
Burkard Heßdörfer erklärt, warum er Blühflächen im Weinberg hat

Warum er das Ganze gemacht hat? "Weil es für die Insekten was bringt, weil es für den Boden was bringt und weil es schön aussieht." Letzteres sei natürlich gut für das Image des Weinbaus, das er durch die Diskussion um Glyphosat etwas beeinträchtigt sieht. Per Hand hat er es gemacht, weil die unterschiedlichen Samengrößen maschinell ein Problem wären. Der 57-jährige ist Winzermeister im Bürgerspital, Vorsitzender des Retzbacher Winzervereins und Aufsichtsratsvorsitzender bei der Weinbaugenossenschaft Divino. Jetzt versucht er bei seinen Kollegen Überzeugungsarbeit zu leisten, wenigstens auf Teilen ihrer Flächen eine Blumenmischung auszusäen. "Man könnte, wenn man das in großem Umfang macht, viel für die Umwelt tun", ist sich Heßdörfer sicher.

Kein Vogelfutter, sondern Saatgut für Kräuter und Blumen.
Foto: Björn Kohlhepp | Kein Vogelfutter, sondern Saatgut für Kräuter und Blumen.

Auch, wie er zugibt, durch Förderung über das Greening-Programm gesteuert, habe in den letzten Jahren ein Umdenken bei den Winzern stattgefunden. "Früher waren die Weinberge picobello sauber – gehackt und abgespritzt." Jedes Kräutlein im Weinberg wurde entfernt. Das hatte den positiven Effekt, dass beim Hacken Stickstoff frei wurde, der die Reben grüner werden und damit den Ertrag höher werden ließ.

Aber es hatte auch einen ganz gravierenden Nachteil. Das zeigt er an einer Wasserrinne aus Beton zwischen zwei Weinbergen. Rechts davon habe ein Winzer seinen Weinberg, der eher als "Faulenzer" galt und nicht alles herausgehackt hat. Die Seitenwand der Rinne ragt nur ein kleines Stück über den Boden des Weinbergs. Der links davon habe seit jeher mit einem Seilzug gepflügt und penibel alles Unkraut entfernt. Hier ragt die Rinne deutlich über das Bodenniveau – eine Folge von Erosion, weil keine Wurzeln und kein Kraut den Boden bei Regen hält. Jedes Jahr müsse der "fleißige" Winzer nach unten abgeschwemmten Boden wegfahren, wenn der nicht ohnehin gleich in die Hecke gespült werde. So verlorenen Boden im Weinberg wieder aufzubauen, dauere eine Ewigkeit, sagt Heßdörfer, der einmal ein Seminar zum Thema Boden besucht hat.

40 verschiedene Blumen und Kräuter

Heßdörfer erzählt, dass er seit Jahren mit unterschiedlichem Saatgut experimentiere. Mal hatte er nur Sonnenblumen, mal verschiedene Wicken. Jetzt ist er bei einer Mischung aus rund 40 verschiedenen Blumen und Kräutern gelandet und außerordentlich zufrieden – auch wenn sie 80 bis 100 Euro pro Hektar koste. Manche Winzer würden einfach Getreide aussäen, um die Förderprämie zu bekommen, aber das bringe den Insekten nichts. Er selbst sät in einer zwei Meter breiten Zeile auf 1,70 Meter Blühfläche an. Die restlichen 30 Zentimeter, den "Unterstockbereich", halte er mit einem Glyphosat im Frühjahr frei. "Wir reduzieren das aufs Minimum", sagt er, etwa wenn eine mechanische Bearbeitung gar nicht möglich ist. Eine mechanische Bodenbearbeitung könne auch die Gefahr von Bodenerosion erhöhen.

Er zeigt auch einen Öko-Weinberg, wo jedoch nur Gras zwischen den Zeilen wachse – für ihn "eine Monokultur in einer Monokultur". Den direkten Bereich um die Reben halte Heßdörfer frei, damit nicht schnell wachsende Unkräuter wie Disteln oder Brennnesseln in den Rebstock wachsen und die Abtrocknung verhindern und die Ernte stören.

Was die Saatmischung mit dem Boden macht

Die Blumen- und Kräutermischung belebe den Boden, mache den durch Schleppereinsatz verdichteten Boden wieder locker und wasserdurchlässig und halte die Feuchtigkeit. "Der billigste Pflug ist der Regenwurm", sagt er. Bei der großen Trockenheit im vergangenen Jahr musste er die Grünstreifen jedoch mulchen, weil das Grün dann plötzlich mit den Reben um Wasser konkurrierte. Das Problem betreffe eher junge Weinberge unter zehn Jahren, bei denen die Wurzeln der Reben noch nicht so tief reichen. Ansonsten mulche er die Streifen einmal im Jahr, die Kräuter gehen meist von selbst wieder auf.

 
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