
Eine einzigartige Aneinanderreihung von Verkehrsschildern an der Einmündung der Richard-Wagner-Straße in die Glauberstraße sorg seit einigen Tagen in Karlstadt für ungläubiges Kopfschütteln. Die Krönung sind zwei Schilder für absolutes Halteverbot, die nur 2,46 Meter voneinander entfernt stehen. Auf einem zeigt der Pfeil nach links auf dem anderen nach rechts. Sollte hier ein Parkplatz für einen Smart geschaffen werden? Dafür reicht's nicht ganz. Der Kleinwagen ist mit 2,69 Metern zu lang dafür.
Kai-Uwe Brune vom städtischen Ordnungsamt erklärt auf Anfrage der Main-Post, wie es zu den Beschilderungen kam. Er hat beim Treffen vor Ort einen kleinen Stapel Papier dabei. "Alles Anliegen von Bewohnern der Glauberstraße, die über mehrere Jahre hinweg gesammelt wurden", sagt er.

Ein immer wieder vorgetragener Wunsch sei gewesen, die Glauberstraße legal mit dem Fahrrad entgegen der Einbahnregelung befahren zu dürfen. Das sei verständlich, denn: "Der Radweg mündet von Gambach kommend in die Glauberstraße." Da häufig Radler auf dem Gehweg von Nord nach Süd gefahren seien, sei es oft zu Schreckmomenten bei den Fußgängern gekommen, die dort unterwegs waren. In Rücksprache mit der Polizei habe man entschieden, die Straße für Radfahrer in beide Richtungen freizugeben. Das erforderte entlang der Strecke einige Schilder mit dem Hinweis auf diese Ausnahme.
Schilder dauerhafter als Sperrflächen
Biege nun ein Autofahrer von der Richard-Wagner-Straße aus in die Glauberstraße ein, so rechne er nicht unbedingt damit, dass ihm ein Radfahrer entgegenkommen könnte. Daher soll dort ein Sichtdreieck freigehalten werden. Eigentlich ist rechts nach der Einmündung auf den ersten Metern der Glauberstraße eine Sperrfläche eingezeichnet. Doch nach Aufgrabungsarbeiten wurde dort wieder asphaltiert. Und von der Markierung blieben nur noch Reste. Statt die Sperrfläche wieder komplett zu markieren, seien Schilder die bessere Variante, meint Brune. Sie seien dauerhafter – und könnten nicht von Schnee verdeckt werden.

Ein Halteverbotsschild mit einem Pfeil Richtung Einmündung hätte nicht genügt, erklärt der Verkehrsüberwacher. Denn das Gesetz schreibe vor, dass Anfang und Ende eines Halteverbots beschildert sein müssen. Da genüge die Einmündung nicht als Endpunkt des Verbots.
Maximal zwei Gebotsschilder erlaubt
Und nun zu den beiden Halteverbotsschildern, die nur knapp 2,50 Meter auseinander stehen. An dieser Stelle wird die Glauberstraße von der Einbahnstraße zur Straße mit Gegenverkehr. Deshalb gelte das eine Schild für den Einbahnteil und das andere für den Zweibahnabschnitt. Beide an denselben Pfosten zu montieren wäre nicht erlaubt gewesen. Brune: "Der Gesetzgeber lässt nicht mehr als zwei Gebotszeichen an einem Pfosten zu." Und einer der beiden Plätze ist schon vergeben – für das Einbahnstraßenschild.
Wird der Schilderwald in Karlstadt noch weiter anwachsen? Brune tritt dieser Befürchtung mit folgendem Beispiel entgegen: "Früher hatten wir in der Wagnerstraße sechs Halteverbotsschilder. Jetzt haben wir sie zur Halteverbotszone erklärt und haben weniger Schilder."
Rettungszone am Altenheim
Bei einer Begehung der Glauberstraße verweist er auf den neuerdings längeren Halteverbotsabschnitt am Altenheim. "Das hat die Verwaltungsleitung des Altenheims so gewünscht." Das Heim sei ein besonders schützenswertes Objekt. Als Drehleiterfahrer bei der Marktheidenfelder Feuerwehr wisse es, dass das zehn Meter lange Fahrzeug Platz braucht, um auszuholen. Außerdem würden vermehrt Krankenwagen das Heim anfahren, seit Karlstadt kein Krankenhaus mehr hat.
Wo die Straße "Am Lenker" einmündet, habe man Halteverbotsschilder aufstellen müssen, weil hier wiederholt so geparkt worden sei, dass die Müllabfuhr nicht mehr durchkam. Ab hier werde die Glauberstraße ein Stück weit auch zu einer engen Straße, was ein weiteres Halteverbot erfordere. Die Beschilderung wurde leider nötig, weil viele nicht wissen, dass eine Restfahrbahnbreite von 3,05 Metern einzuhalten ist.
Anschreiben an die Haushalte
Genau darauf hatte die Stadtverwaltung im Herbst 2018 mit einem Schreiben hingewiesen, das in 600-facher Ausfertigung an alle Haushalte ging, die an schmalen Straßen gelegen sind. Darin wurde erklärt, dass Fahrzeuge der Müllabfuhr und Feuerwehr bis zu 2,55 Meter breit sind und auf beiden Seiten noch etwas "Luft" brauchen. Auch ohne Verkehrszeichen habe das jeder Autofahrer selbstständig zu beachten. Veranschaulicht wurde das mit Fotos, auf denen sich Müllabfuhr und Feuerwehr zwischen parkenden Autos hindurchzwängen.
Nach den Kosten der Schilder befragt, verrät Brune, dass die Stadt Rabatt bekommt. Netto koste ein Schild 25 Euro. Die Kosten für die Pfosten und die Montage kenne er nicht. "Wir versuchen aber, Straßenlampen und bestehende Pfosten zu nutzen."