In Main-Spessart verzweifeln viele Gastronominnen und Gastronomen angesichts des immer wieder verlängerten Lockdowns. Gut, wer neue Ideen hat und eine Lücke findet, wie die kleine Osteria in Gemünden. Sie bietet hausgemachte Tiefkühlpizza für Daheim. Bis dahin aber war es ein langer Weg.
Frank Herbert, Inhaber der Pizzeria und Osteria Al Leone, steht in seinem Lokal. Er föhnt eine frisch in Folie verpackte Pizza mit dem Heißluftföhn. Gefügig legt sich die eckige Folie um die runde Pizza, die dann in der Gefriertruhe verschwindet. "Natürlich kann man sich professionellere Geräte anschaffen. Aber wir wollten erst mal schauen wie es läuft," schmunzelt Herbert.
Auf die Idee, die eigenen Pizzen auch gefroren anzubieten, kam er im letzten Sommer. Ein Bekannter erzählte von einer Pizzeria, die Feste mit ihren gefrorenen Pizzen beliefert. Die Idee ließ Frank Herbert, der mit seiner Frau Marzia (49) die Osteria seit 2015 führt, nicht mehr los. Die Frage nach dem nötigen Equipment war schnell beantwortet. "Wir haben uns einen Schockfroster angeschafft, der die Pizzen bei -30°C sehr schnell kühlt."
Gebrauchten Schockfroster angeschafft
Herbert zeigt auf den über zwei Meter hohen Edelstahlkoloss, der im Gastraum steht. "Den haben wir gebraucht gekauft. Wie man sieht", sagt er und zeigt auf die leicht verbeulte Seitenwand. Auch das Folieneinschweißgerät war ein Gebrauchtgerät. "Wir wollten die Anfangsinvestition überschaubar halten." Dazu noch ein Heißluftföhn und schon ist man im Tiefkühlpizzengeschäft?
"So einfach ist das nicht", sagt Herbert. Er telefoniert mit dem Landratsamt in Karlstadt. Lässt sich von einem Lebensmittelkontrolleur beraten. Erfährt die Basispunkte, die es unbedingt zu beachten gilt: Verpackungsverordnung, Tiefkühlwarenverordnung, Wahrung der Kühlkette, notwendige Auszeichnungen auf dem Pizzaetikett. "Ich habe gestrauchelt und gestöhnt, aber ich habe mich damit auseinandergesetzt."
Mehrere Nächte habe er Tabellen erstellt, Allergene und Zusatzstoffe der jeweiligen Pizza gelistet, Gewicht und Mengenangaben ausgerechnet. Er weiß nun: "Es ist nicht unmöglich, aber man muss sich wirklich im Detail damit beschäftigen."
Es mache auch einen Unterschied, wo die Tiefkühlpizzen verkauft werden. Im Lokal oder in einer Verkaufsstelle. Eine solche hat er in der OMV Tankstelle von Udo Eschenbacher gefunden. In der Gefriertruhe der Tankstelle liegen, gleich neben dem Fertigeis, jetzt auch fünf Sorten der Pizzen von Al Leone.
Tankstellen-Inhaber musste bislang täglich nachbestellen
Udo Eschenbacher, Inhaber der Tankstelle und früherer Schulkollege von Frank Herbert: "Ich finde es sehr mutig, so eine Idee umzusetzen. Das will ich unbedingt unterstützen." Er freut sich auch, dass die Kundinnen und Kunden das Angebot gut annehmen. "Bisher haben wir jeden Tag frische Pizzen nachbestellt." Etwa 100 Pizzen gingen in den ersten sechs Tagen seit dem Verkaufsstart über die Tankstellentheke. Familie Herbert hatte die Tiefkühlpizzen bisher nur via Facebook beworben. Das hat sich herumgesprochen, freut sich Herbert und gesteht: "So wirklich haben wir damit nicht gerechnet."
Auch Fichtels Bauernladen in der Altstadt bietet die Pizzen an. "Hinzu kommen bald noch Verkaufsstellen in Seifriedsburg und in Aura", kündigt Herbert an. Auch könne er sich vorstellen, dass die Pizzen in den örtlichen Supermärkten verkauft werden.
Und wenn die neue Geschäftsidee nun boomt? Herbert lacht: "Im Moment ist alles noch etwas unstrukturiert. Wir müssen da erst mal reinkommen." Derzeit arbeiten sie zu dritt in ihrer Pizzeria, fertigen die Tiefkühlpizzen neben dem normalen To-go-Betrieb.
Arbeitsschritte anders als bei Abhol-Pizzen
"Die Arbeitsschritte sind etwas anders, als bei den Pizzen, die fertig gebacken abgeholt werden." Herbert erklärt den Fertigungsprozess: Pizza mit Tomatensauce backen, belegen, schockfrosten, verpacken und etikettieren, tiefkühlen, ausliefern. Das Nadelöhr? "Ist nicht das Personal", so Herbert. Es sei der Schockfroster. 34 Pizzen lassen sich dort gleichzeitig frosten. So kommen sie auf etwa 100 Pizzen pro Tag. "Es liegt nur an der Technik. Wir können das System ausbauen."
Das Tiefkühlgeschäft eröffnet für Familie Herbert neue Möglichkeiten, auch in einer Post-Corona Zeit. "Ich würde dann gerne zurück zur Anfangsidee kommen und Feste beliefern", so Frank Herbert.
Grenzen setzen auch die Räumlichkeiten in dem alten Fachwerkhaus. Herberts möchten in jedem Fall ihre Gasstätte wieder aufmachen, sobald möglich. Doch wenn das Tiefkühlgeschäft weiter so gut läuft, wollen sie weitermachen. "Wir weit wir das treiben? Keine Ahnung. Ich habe momentan jedenfalls nicht vor, eine Halle im Gewerbegebiet zu bauen", scherzt er. Angst vor Konkurrenz durch das bestehende Angebot an Tiefkühlpizzen hat er nicht.
"Ich habe viele Tiefkühlpizzen probiert", so Herbert. Das Preisgefüge liege zwischen 1,50 Euro und 4,50 Euro. Mit seinen Pizzen liege er im oberen Preis-Bereich und das sei auch richtig so. "Man schmeckt den Unterschied definitiv."
Etwa sechs Monate hat er von der Idee bis zur ersten Lieferung benötigt. Für seine Tiefkühlpizzen hatte er 40 Probandinnen und Probanden, die die Pizzen bei sich zu Hause gebacken haben. Herbert sieht das als einen wichtigen Schritt. Vor allem, damit die Leute die Al Leone Pizzen daheim richtig zubereiten. Zwei große Fehler müsse man vermeiden: "Die Pizza allein im Ofen lassen ohne aufzupassen." Und: Zu warten bis der Käse braun wird! "Die meisten Tiefkühlpizzen sind mit Reibekäse belegt." Seine hätten wie die im Haus gebackenen obendrauf Mozzarella. "Wenn der braun wird, ist es zu spät."