
Weil das Impfzentrum Main-Spessart voraussichtlich in der ersten Januarwoche von Marktheidenfeld zurück in die Lohrer Spessarttorhalle verlegt wird, ist dort wegen der Vorarbeiten seit Mittwoch nicht nur mit dem Schul-, sondern auch dem Vereinssport Schluss. "Das kann uns das Genick brechen", sagte das Führungstrio des TSV Lohr, Carmen Burk, Dirk Lorenz und Thomas Graf, im Gespräch mit dieser Redaktion.
Die erneute Nutzung der Halle für das Impfzentrum sei überraschend gekommen, betonten die drei gleichberechtigten Vorsitzenden, die am Montagabend mit dem TSV-Sportrat die Lage beraten haben. Nach ihren Angaben wurde die Halle von fünf Abteilungen genutzt. Die Handballer hätten dort ihren kompletten Trainingsbetrieb absolviert, der Spielbetrieb sei bis 9. Januar eingestellt.
Lag ein fertiges Konzept in der Schublade?
Die Badminton-Abteilung habe in der Halle noch gespielt und müsse Spiele verlegen. Bei den Basketballern sei die Runde noch nicht ausgesetzt, ab Januar solle wieder gespielt werden. Allerdings sei die Nutzung der Spessarttorhalle als Impfzentrum laut Landratsamt vorerst bis zur Jahresmitte 2022 vorgesehen.
Die Karate-Abteilung habe in der Halle trainiert und die Turn-Abteilung sei mit Eltern-Kind-Turnen und Schülerturnen präsent gewesen. Das sei alles hinfällig, weil seit Donnerstag der vom Kreis beauftragte Messebauer das Impfzentrum in der Halle aufbaue – wie schon einmal vor einem Jahr. Nach Ansicht der drei TSV-Vorsitzenden ist deshalb die Wahl auf das Gebäude gefallen, "weil ein fertiges Konzept in der Schublade lag".
Schwieriger als vor einem Jahr
Die Situation des TSV Lohr schätzt das Führungstrio als schwieriger ein als vor einem Jahr. Denn seinerzeit sei Sport in Innenräumen zeitweise untersagt worden. Jetzt sei Sport mit vorherigem negativen Test erlaubt. Für die Abteilungen des Vereins bedeute das, in den vorhandenen Räumen zusammenzurücken, also vor allem in der Nägelsee-Turnhalle.
Die betroffenen Abteilungen müssten sich "Stunden zusammensuchen", die Abteilungen, die bisher schon die Nägelsee-Halle belegt hätten, Stunden abgeben. Somit seien auch Abteilungen von der Umnutzung der Spessarttorhalle betroffen, die dort gar nicht eingebucht gewesen seien. "Das geht eine gewisse Zeit, aber kein halbes Jahr", ist sich Burk sicher.
Nicht gegen das Impfen
Die drei Co-Vorsitzenden des TSV legen großen Wert auf die Feststellung, dass sie nicht gegen das Impfen sind, "aber muss das in einer Sportstätte geschehen?" Die Frage müsse erlaubt sein, warum man ausgerechnet eine Sportstätte dafür heranziehe, an der so viel hänge. Vor einem Jahr sei die Lage anders gewesen, da habe man schnell ein Impfangebot auf die Beine stellen müssen.
Die Suche nach alternativen Räumen für ein Impfzentrum wäre nach ihrer Ansicht jetzt einfacher als die nach alternativen Sportstätten. Die Drei haben erfahren, dass der Besitzer der ehemaligen Baywa-Lagerhalle am Weinbergweg diese als Impfzentrum angeboten hat. Sie sei von Verantwortlichen des Landratsamts besichtigt, aber als ungeeignet abgelehnt worden.
Aufschwung im Sommer
Die Folge für den TSV könnte ein finanzieller Domino-Effekt sein. Die Hallenmieten seien das geringste Problem, Miete müsse in jeder Halle gezahlt werden. Ohne Räume, um Sport zu treiben, seien "Kündigungswellen zu befürchten", Einnahmen aus dem Spielbetrieb fielen weg, Sponsoren könnten abspringen. Zudem könnten ehrenamtlich Engagierte, ohne die kein Verein funktioniere, aus Frustration hinwerfen.
Das sei umso ärgerlicher, als der Sportbetrieb im Sommer wieder einen Aufschwung genommen habe. So hätten die Handballer mit einer Werbetour viele neue junge Mitglieder gewinnen können. Der Wegfall der Spessarttorhalle gehe vor allem zu Lasten des Kinder- und Jugendsports, befürchtet das Führungstrio.
Kinder und Jugendliche könne man nicht Dutzende von Kilometern zu Hallen außerhalb Lohrs fahren, nur, damit sie eineinhalb Stunden trainieren könnten. Der Freistaat gebe derzeit "Bewegungsgutscheine" für Kinder und Jugendliche in Höhe von 30 Euro aus, wenn diese in einen Sportverein einträten.
Laut Carmen Burk liegen dem TSV bereits einige Anmeldungen vor. "Aber es ist ärgerlich, wenn die jungen Leute nicht trainieren können, weil es keine Räume dafür gibt."
Gespräch mit Bürgermeister
Wie geht es weiter? In der kommenden Woche wird es ein Gespräch mit Lohrs Bürgermeister Mario Paul geben, bei dem der TSV nach Unterstützung suchen will. Der Verein braucht laut seiner Führungsspitze eine langfristige Perspektive und der Kreis ein Konzept, damit nicht in jeder Krise eine Sportstätte wegfalle. Dass die jetzige Umnutzung der Spessarttorhalle nicht mehr zu stoppen sei, sei jedoch klar.