
Auf der Website der Stadt Karlstadt finden sich unzählige Dokumente mit Satzungen und Verordnungen zu verschiedenen Themen. Regeln und Leitlinien zur Unterbringung von Obdachlosen in dafür geeigneten Unterkünften fehlen bisher in der Liste. Das soll sich zum Jahreswechsel ändern. Bernhard Köhler ist Fachbereichsleiter für Sicherheit und Ordnung im Rathaus und stellte dem Bildungs-, Ehrenamts-, Gesundheits- und Sozialausschuss am Dienstag Thematik und Satzungsentwürfe vor.
„Wir müssen allen Menschen Obdach gewähren, die nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, sich einzumieten – unabhängig davon, wo ihr letzter Wohnsitz war oder was auf ihrem Personalausweis steht“, stellte Köhler klar. Nachdem die ehemaligen Obdachlosenunterkünfte in Heßlar und Stetten seit 2013 nicht mehr zur Verfügung standen, wurden zwei Container in der Eußenheimer Straße in Karlstadt aufgestellt, die aufgrund des gestiegenen Bedarfs um drei weitere ergänzt wurden.
Da kontinuierlich weitere Obdachlose dazukommen, wurden seit dem Kauf des Hegewaldgeländes durch die Stadt auch die Zimmer des ersten Obergeschosses im Baggertsweg 3 zur Verfügung gestellt. Diese Woche kam eines der beiden Zimmer im Erdgeschoss mit dazu, das auch umgehend belegt wurde. Somit gibt es aktuell neun Personen, die in Karlstadt obdachlos geworden sind und eine Bleibe gestellt bekommen.
Kein privatrechtliches Mietverhältnis nötig
„Vor zehn Jahren war das vielleicht eine Person, oder zwei, die obdachlos waren. Heute haben deutlich mehr Leute nicht mehr die finanziellen Mittel und auch der extrem knappe Wohnungsmarkt ist ein Faktor für diese Entwicklung“, sagte Köhler. Er will nun im Zuge der kommunalen Selbstverwaltung eine neue Satzung erlassen, die künftig die Belegung der Unterkünfte regelt.
Da die Menschen in gemeindeeigenen Unterkünften wohnen oder solchen, die der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden, können die Zimmer zugewiesen werden, ohne dass ein privatrechtliches Mietverhältnis eingegangen werden muss. Die Satzung soll dabei ein Regelwerk zugrunde legen, das für ein geordnetes Miteinander sorgt. Köhler: „Sie soll uns als Gemeinde unter Umständen ermöglichen, eine Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung vorzunehmen, Personen in andere Unterkünfte zu verlegen, Zuweisungen bei Bedarf zu widerrufen oder ein Betretungsrecht für Beauftragte der Stadt zu haben.“
Verlegungen der Obdachlosen könnten auch erfolgen, wenn beispielsweise das Hegewaldgelände im Rahmen der Südstadtentwicklung überplant wird und der Baggertsweg nicht mehr als Domizil zur Verfügung stünde. Außerdem müssen die Betroffenen aktuell aufgrund der einmonatigen Bewilligungszeiträume alle paar Wochen nachweisen, dass sie kein Einkommen haben, das eine richtige Wohnung bezahlbar macht. Diese Kontrolle soll in Zukunft nur noch alle drei Monate erfolgen.
Menschen zurück in ihre Familie bringen
Zusätzlich wurde dem Stadtrat nahegelegt, eine neue Gebührensatzung für die Unterkünfte zu beschließen. Für die Container in der Eußenheimer Straße würden demnach jeweils etwa 157 Euro monatlich anfallen, Strompauschale inklusive. Im Baggertsweg richten sich die Kosten der vier belegten Zimmer nach deren Größe und variieren zwischen 211 Euro und 240 Euro pro Monat. Das größte Zimmer im Erdgeschoss des Gebäudes würde 311 Euro kosten. Köhler möchte es aber freihalten, „falls da mal eine Familie einziehen müsste“. Sowohl die Satzung zur Benutzung der Unterkünfte als auch die Gebührensatzung richten sich nach einer Mustervorlage des Bayerischen Gemeindeamts, die nach örtlichen Begebenheiten angepasst wurde, wie Köhler erklärt.
Sollte auch das Haus im Baggertsweg bis auf die letzte Wohnung belegt sein und weitere Menschen anfragen, werde man Ferienwohnungen anbieten. „Die fallen dann, genau wie unsere aktuellen Unterkünfte auch nicht unter das Mietrecht“, sagte Köhler. Er weiß, dass es immer schwerer wird, vorher zu sagen, wie lange Menschen die Wohnungen in Anspruch nehmen müssen. „Manche sind nur ein paar Wochen da, andere bleiben drei oder vier Jahre.“ „Die Obdachlosen sind auch unterschiedlich gestellt. Manche sind eher selbstständig, andere brauchen einen Betreuer“, ergänzte Bürgermeister Michael Hombach. Köhler betonte, dass inzwischen immer mehr junge Leute angeben, ohne Obdach zu sein. In diesen Fällen werde teilweise versucht, familiäre Wogen zu glätten. Köhler: „Wir treten dann mit den Verwandten in Kontakt und können Menschen manchmal zurück in ihre Familie bringen.“