
Vor allem Corona und die damit verbundenen Schwimmbadschließungen haben dem Main und den anderen Flüssen und Seen in der Region viele neue Fans beschert. Zwar gibt es am Main keine Zahlen über Badegäste. Aber: "Gefühlt hat der Badebetrieb deutlich zugenommen", meinen die beiden Technischen Leiter des Wasserwacht-Bezirkes Johannes Rennert und Tobias Kallenbach im gemeinsamen Gespräch mit dieser Redaktion. Kallenbach ist zudem stellvertretender Vorsitzender bei der Wasserwacht Marktheidenfeld.
Ihren Eindruck bestätigen auch die erhöhten Alarmierungszahlen für den Bezirk vor allem im ersten Corona-Jahr 2020. Nachdem im ersten Lockdown das öffentliche Leben weitgehend heruntergefahren und Vieles verboten war, stiegen die Einsätze während der Lockerungen im Sommer 2020 exorbitant an. Und auch 2021 verzeichnet die Wasserwacht im Bezirk Unterfranken bereits jetzt schon mehr Einsätze als in vorhergehenden Jahren – und das, obwohl die Hauptsaison in den Sommerferien im August noch gar nicht begonnen hat.
Vor allem seichte Badebuchten und Sandbänke sind hier zu Bade-Hotspots geworden. "Man merkt, dass die Menschen mehr Zeit in der Natur verbracht haben und hier auch die ein oder andere schnuckelige Ecke am Main entdeckt haben", erläutert Johannes Rennert. Auch die gute Wasserqualität des Mains hätten das Baden wieder attraktiver gemacht – auch für Familien mit Kindern.
Der eindringliche Rat der Wasserwachtler aber lautet: Wer im Main badet, muss sich an die Badeverordnung für Bundeswasserstraßen und die Baderegeln halten und ein geübter Schwimmer sein. Lassen Eltern ihre Kinder hier schwimmen, sollten sie diese stets im Blick haben. Denn: "Erwachsene schreien, wenn sie im Wasser in Not geraten. Kinder haben hier keine Erfahrung und gehen lautlos unter", so Rennert.

Auch in den Ortsgruppen der Wasserwacht sind die zunehmenden Main-Bade-Fans Thema. So empfehlen Marc Rechenberg und Stefanie Glaser von der Wasserwacht Marktheidenfeld: Wer im Main baden will, soll sich die Stellen bewusst anschauen und aussuchen. Wie ist der Untergrund? Geht es steil oder schräg ins Wasser? Tatsächlich entstehen die wenigsten Badeunfälle durch Schwimmfehler, sondern durch äußere Umstände. In den letzten Wochen waren es vor allem die hohen Pegelstände am Main, die den Verantwortlichen bei der Wasserwacht Sorgen gemacht haben. Denn durch die Wassermenge erreicht der Main andere Fließgeschwindigkeiten, sprich die Strömung wird ungewohnt stärker.
Allerdings hat auch langanhaltenden Trockenheit ihre Tücken, wenn der Main dadurch weniger Wasser hat und dadurch Strömungen nicht mehr so gut sichtbar sind. Ebenfalls würden Bugwellen und die Sogwirkung von Großschiffen unterschätzt. "Manchmal empfiehlt es sich, lieber rauszugehen, wenn ein Schiff kommt", so Rechenberg. Dazu kommt, dass besonders Schubverbände einen relativ großen Toten Winkel haben. Insofern haben die Schiffer nicht immer alles im Blick, was links und rechts neben dem Schiff schwimmt. Erst im Juni 2021 kenterte in Marktheidenfeld ein Kajakfahrer auf diese Art und Weise, konnte sich aber an Land retten.

Eher trügerische Sicherheit im Wasser böten aufblasbare Gummitiere wie Einhörner oder auch Badeinseln. "Sie bieten viel Angriffsfläche für Wind und Strömung und im Zweifelsfall kommt man nicht mehr drauf", erläutert Stefanie Glaser. Ein absolutes No-Go ist das Schwimmen im Bereich von Brücken, Wehr- und Schleusenanlagen.
Ebenfalls als brandgefährlich schätzt Tobias Kallenbach die Unterwasserbauten wie zum Beispiel in Marktheidenfeld oberhalb und unterhalb der Alten Mainbrücke sowie am Bootssteg ein. Die Unterwasserbauten, die bis knapp unter die Wasseroberfläche ragen und dem Laich der Fische dienen, könnten vor allem Stand-Up-Paddlern bei einem Sturz ins Wasser gefährlich werden. Aber auch das ein oder andere Wasserwachtboot hat hier schon einen Propeller-Schaden erlitten.
Oft wird auch im Sommer die Wirkung der Temperaturunterschiede von Land und Wasser unterschätzt. So kann es zum Beispiel zu Kreislaufproblemen kommen, wenn sich die Menschen an heißen Tagen überhitzt in das kalte Mainwasser stürzen.
Was die Wasserwacht allen Badenden rät
Was die Wasserwacht allen Badenden rät: Nur dort baden, wo man auch sicher stehen kann. Badeschuhe tragen, am besten auch auffällige Badekleidung, um besser gesehen zu werden. Nur außerhalb der Fahrgewässers, also der Fahrrinne, markiert durch grüne und rote Tonnen, baden. Sind viele Schlingpflanzen im Wasser sollte an dieser Stelle das Baden unterlassen und auf Kopfsprünge im unklaren Wasser unbedingt verzichtet werden.
Eine regelmäßige Kontrolle der Badestellen rund um den Main, aber auch an Sinn und Saale und an den Main-Spessarter Badeseen kann die Wasserwacht im Ehrenamt personell und zeitlich nicht stemmen. Allein das Main-Spessarter Gebiet umfasst über 28 Flußkilometer Bundeswasserstraße. Dennoch ist die Wasserwacht immer wieder auch auf Ausbildungs- oder Patrouillenfahrten unterwegs. Das sei nötig, um im Falle eines Falles möglichst vertraut zu sein mit Einsatzmittel und Einsatzgebiet.