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Im Schulmuseum: Fleißige Handwerker
Schulmuseum: Neue Handwerksausstellung im Lohrer Schulmuseum ab 11. September. Einblick in die Tradition des Handwerks. Viele historische Exponate.
Bearbeitet von Markus Rill
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:15 Uhr

Am 11. September eröffnet im Lohrer Schulmuseum die neue Ausstellung „Wer will fleißige Handwerker seh'n“. Die Ausstellung läuft bis Ende August 2017.

Das Handwerk, wörtlich vom Lateinischen „opus manuum“ ins Deutsche übertragen, beinhaltet verschiedene Berufe, die sich mit der Herstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen beschäftigen.

Eine Spezialisierung auf bestimmte Fertigkeiten erfolgte bereits in vorgeschichtlicher Zeit mit der durch die Sesshaftwerdung aufkommenden Arbeitsteilung.

In der Antike wenig geschätzt und als téchnai banausikaí (Banause: Handwerker, Spießbürger, adj. gewerbetreibend, gemein, niedrig) bezeichnet, spielten die Handwerkskünste im Mittelalter eine immer größere Rolle. Zuerst in Klöstern, später auch in den wachsenden Städten, gewannen handwerkliche Berufe an Bedeutung und Einfluss und organisierten sich in Zünften, die die Lehrzeit, das Lehrgeld, die Meisterprüfung, die Walz und mehr regelten. In den mittelalterlichen Schulen, die vorwiegend von Klöstern unterhalten wurden, spielte eine handwerkliche Ausbildung kaum eine Rolle. Die Betonung lag vielmehr auf der geistigen Bildung.

Dieses Ungleichgewicht fand seine Fortsetzung in Lateinschulen und humanistischen Gymnasien, in denen gemäß den großen antiken Philosophenschulen Geisteswissenschaften gelehrt und geübt wurden, der Körper und seine Fähigkeiten jedoch untergeordnet waren.

Einzelne Pädagogen wie Wolfgang Ratke, Johann Comenius oder Johannes Raue bemühten sich bereits im 16. und 17. Jahrhundert um eine „reale“ Bildung, jedoch erst 1707 mit der Gründung der „Mathematischen und Mechanischen Realschule“ durch den Hallenser Pastor Christoph Semler wurde der Grundstein und der Name für die späteren Realschulen gelegt.

Diese sollten die Kinder nicht auf ein Universitätsstudium vorbereiten, sondern in Techniken schulen, die für den Beruf notwendig erschienen.

Die im 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung brachte neben der Massenproduktion auch Freiheiten mit sich. So setzte sich die Gewerbefreiheit durch, die jedem Bürger ermöglichte, seinen Beruf frei zu wählen und einen entsprechenden Handwerksbetrieb zu gründen. Die Neuordnung der Gewerbeordnung Ende des 19. Jahrhunderts legte den Grundstein für das heutige duale System der Berufsausbildung.

Entsprechend fanden ab dieser Zeit handwerkliche Themen und Darstellungen auch Eingang in Fibeln, Lese- und Rechenbücher, in Schulwandbilder, in Dias und andere Lehrmaterialien.

Dieses und vieles mehr zeigt die Ausstellung im Lohrer Schulmuseum und macht Handwerk erlebbar. So lädt eine alte Nähmaschine dazu ein, selbst einmal das Schwungrad in Bewegung zu setzen und auf einem Stück Stoff eine Naht zu machen. Was ein geübter Schneider damit herstellen konnte, zeigt ein Matrosenanzug für Kinder aus der Kaiserzeit, der zur Verdeutlichung ebenfalls ausgestellt ist.

Meister- und Gesellenbriefe von Küfern, Schneidern und Schustern weisen auf die ehemals in Lohr ansässigen Handwerksberufe hin. Die Lohrer Straßenschilder zeigen noch heute, wo welche Berufe ausgeübt wurden. So findet man eine Uhrmachergasse, Färbergasse, Gerbergasse, Konditorgasse oder Schornsteinfegergasse.

Nicht mehr finden kann man allerdings die Schiffswerft an der heutigen Mainlände, wo bis etwa 1890 bis weit über die Grenzen hinaus gefragte Holzschiffe hergestellt wurden.

Exponate alter Lohrer Handwerksbetriebe wie Holzleisten, Uhrmacherwerkzeug, Backformen, Küferwerkzeug und vieles mehr wurden für die Ausstellung freundlicherweise von folgenden Firmen/Betrieben/Personen zur Verfügung gestellt: Schreinermeister Walter Kunkel, Vorstadtstr. 19, Lohr; Gerd Hahmann, Müller-Thurgau-Weg 9, Lohr; Schnürschuh u. Schuhhaus Schwind, Hauptstraße, Lohr; Juwelier Kriegbaum, Färbergasse 14, Lohr; Bäckerei Strobel, Sendelbacher Str. 22, Lohr; Gasthaus Küferstube, Bahnhofstr. 12-14, Lohr; ehem. Metzgerei Ruf, Lohr.

Am Eröffnungstag der Sonderausstellung, 11. September 2016, ist der Eintritt frei.

Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Sendelbach ist von Mittwoch bis Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger Absprache außerhalb der regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen. (Kontakt: Eduard Stenger, Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a. Main Tel. 09352/4960 oder 09359/317, E-Mail: eduard.stenger@gmx.net

„Beim Schuster“ – Illustration aus der Fibel der Mark Brandenburg, 1943.
Foto: Alle Bilder: Foto/Repro Schulmuseum Lohr, Bettina Merz– | „Beim Schuster“ – Illustration aus der Fibel der Mark Brandenburg, 1943.
Gutenbergdruckerei: Ein Nachbau für Kinder um 1910.
Foto: Merz | Gutenbergdruckerei: Ein Nachbau für Kinder um 1910.
Die Schneiderfamilie Hahmann: hinten links stehend Karl Hahmann, vorne recht sitzend Georg.
Foto: Schulmuseum Lohr | Die Schneiderfamilie Hahmann: hinten links stehend Karl Hahmann, vorne recht sitzend Georg.
 
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