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Lohr
Im neuen Logistikzentrum von Bosch Rexroth in Lohr sind fahrerlose Vehikel im Einsatz
Weithin sichtbar: Die neue Lagerhalle am Rexroth-Standort im Industriegebiet Süd ist 24 Meter hoch. Sie bietet Platz für 10.000 Paletten und über 60.000 KLT-Behälter.
Foto: Johannes Ungemach | Weithin sichtbar: Die neue Lagerhalle am Rexroth-Standort im Industriegebiet Süd ist 24 Meter hoch. Sie bietet Platz für 10.000 Paletten und über 60.000 KLT-Behälter.
Bearbeitet von Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 11.12.2024 02:40 Uhr

In der Schneewittchenstadt Lohr tummeln sich, wie sollte es anders sein, manche Zwerge. In der Regel stehen oder sitzen sie irgendwo regungslos herum. Jetzt aber sind drei Zwerge hinzugekommen, die fast ohne Unterlass in Bewegung sind. Ihre Namen lauten in Anlehnung an die Zwerge in Grimms Märchen Seppl, Happy und Hatschi. Doch statt Schneewittchen zu umsorgen, rackern sie im Dienste der Bosch Rexroth AG. Ihr Einsatzort liegt auch nicht im Wald hinter den sieben Bergen, sondern im neuen Indramat-Logistikzentrum im Industriegebiet Süd. In dem für rund 25 Millionen Euro errichteten und gerade in Betrieb gegangenen Komplex herrscht auch ohne die Zwerge so manch Gewusel.

Zwerg im Einsatz: Drei Selbstfahrende Transportvehikel übernehmen eine Teil des Warentransports im neuen Logistikzentrum.
Foto: Johannes Ungemach | Zwerg im Einsatz: Drei Selbstfahrende Transportvehikel übernehmen eine Teil des Warentransports im neuen Logistikzentrum.

Allerdings sind es die Zwerge, die als erstes ins Auge fallen. Handelt es sich bei ihnen doch um fahrerlose Vehikel, die wie von Geisterhand gesteuert ihre Bahnen durch die Halle ziehen. Vollautomatisiert schnappen sie sich an der einen Stelle hier eine mit einem Karton beladene Palette. Von einem leisen Surren begleitet geht die Fahrt quer durch die Halle dorthin, wo der Inhalt gerade benötigt wird – und gleich wieder weiter.

Knapp zwei Jahre Bauzeit

All das spielt sich ab in jenem Neubau, den Rexroth zwischen Oktober 2022 und September 2024 hochgezogen hat. Ein Teil des Komplexes ist die mit 24 Metern Höhe und einer Grundfläche von 2200 Quadratmetern weithin sichtbare Lagerhalle. Deren Dimensionen sind auch im Inneren gewaltig: Platz für 10.000 Paletten und 63.000 Einheitsboxen, sogenannte "Kleinladungsträger" (KLT), ist hier. Die kleinsten eingelagerten Einzelteile, Elemente zum Bestücken von Leiterplatten, wiegen gerade mal ein Milligramm. Aber auch fertige Servomotoren mit bis zu 160 Kilogramm liegen auf den Paletten.

Mark Leverhoehne hat Bau und Inbetriebnahme des neuen Rexroth-Logistikzentrums im Lohrer Süden als Projektleiter von Anfang an begleitet. Mittlerweile hat die Anlage ihren Betrieb aufgenommen.
Foto: Johannes Ungemach | Mark Leverhoehne hat Bau und Inbetriebnahme des neuen Rexroth-Logistikzentrums im Lohrer Süden als Projektleiter von Anfang an begleitet. Mittlerweile hat die Anlage ihren Betrieb aufgenommen.

In der Halle sind, sofern es keine Störung zu beheben gibt, keine Mitarbeiter am Werk. Auch keine Zwerge. Stattdessen schieben sich riesige, bis fast zur Hallendecke reichende fahrende Säulen durch die Regalschluchten. Sie holen sich hier eine Palette, setzen dort eine andere ab, steuern zwischendurch das Förderband an.

"Chaotisches" Lagersystem

Was auf den Beobachter wohlsortiert wirkt, ist in Wirklichkeit chaotisch. Jedenfalls wissen laut Mark Leverkoehne, Projektleiter für Bau und Inbetriebnahme des Komplexes, nur die Rechner, wo in dem Regal-Labyrinth was gelagert ist. "Ein Absturz der Datenbank wäre der Supergau", sagt der 53-Jährige. Einen solchen Absturz habe es zum Glück nicht gegeben, stattdessen erwartbare "Hakeleien" beim Hochfahren der neuen Abläufe. Reibungslos laufe der Start eines solchen Projektes nie. "Es ist immer spannend", lässt Leverkoehne durchblicken, dass es durchaus Herausforderungen gab. Als bisher größte Störung nennt der Projektleiter eine großflächigere Überschwemmung. Sie war entstanden durch das Beschädigen eines Sprinklers der Brandschutzanlage.

Das vorherige Lager ist laut Leverkoehne mittlerweile komplett außer Betrieb. Seine Technik stammte noch aus dem Jahr 1986. Damals wurde das auch als Indramat bekannte Werk des heutigen Rexroth-Geschäftsbereichs "Automation and Electrification Solutions" gebaut. Das alte Lagersystem habe nicht nur vergleichsweise viel Handarbeit erfordert, es sei auch zu wartungsintensiv geworden, sagt Leverkoehne. Und zu klein: Mit dem Neubau hat sich die Lagerkapazität für Paletten verdoppelt, die für Kisten gar verdreifacht.

Geänderte Rahmenbedingungen

Mit dem neuen Logistikzentrum wollte Rexroth nicht nur Warenströme automatisieren und effizienter machen, sondern auch Mengenwachstum ermöglichen, hieß es zum Zeitpunkt des Spatenstichs im Mai 2022. Damals brummte das Rexroth-Geschäft mit der Fabrikautomation noch. Mittlerweile hat das Brummen marktbedingt spürbar nachgelassen. Das ist für das Unternehmen unerfreulich. Zumindest für das Hochfahren des neuen Logistikzentrums aber hat es etwas Druck genommen.

Rund 60 Mitarbeitende

Im Gegensatz zum riesigen Hochregallager herrscht in der angrenzenden Logistikhalle allerdings auch so reger Betrieb. Insgesamt arbeiten hier rund 60 Beschäftigte – und eben drei Zwerge. Die auf den fahrerlosen Transportsystemen prangenden Namen seien Ergebnis einer Mitarbeiterumfrage gewesen, sagt Leverkoehne. Zwerge wie Mitarbeiter haben die gleiche Aufgabe: die Produktion mit den nötigen Einzelteilen versorgen und die fertigen Waren bereit für den Versand machen.

Auch die Lastwagen, die Waren anliefern und abholen, werden demnächst neue Wege nehmen. Mit dem neuen Logistikzentrum wurde eine neue Werkszufahrt mitsamt Pförtnerhaus gebaut. Vorgelagert ist eine "Lastwagenharfe", in der die Brummis vor ihrer Abfertigung parken können. Anlieferung und Versand sollen künftig über getrennte Laderampen erfolgen. Angepeilt sei, so Leverkoehne, dass das neue Logistikzentrum bis zum Jahreswechsel komplett hochgefahren ist.

Er blickt auf die 2021 mit der Planung gestartete Projektphase zufrieden zurück. "Solche Gelegenheiten, sowas zu bauen, hat man nicht oft." Was aus den bisherigen, durch den Neubau frei gewordenen Lagerflächen wird, sei noch nicht geklärt.

Kommen weitere Zwerge dazu?

Beim Spatenstich vor gut zwei Jahren war gesagt worden, dass man die Produktion ausbauen wolle. Doch das gibt die Nachfrage derzeit nicht her. Und so dauert es womöglich ein bisschen, bis das neue Zentrum derart ausgelastet ist, dass weitere "Zwerge" ihren Dienst antreten. Wer das Märchen von Schneewittchen kennt, weiß, dass noch vier Taufnamen zur Verfügung stünden: Pimpel, Brummbär, Chef und Schlafmütz.

 
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Kommentare
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  • Robert Hippeli
    Ach wie süüüüüß ist Seppl, nur schade dass er keine Steuern uns Sozialabgaben zahlt.

    Wann erkennen unserer Politiker, Wirtschaftsweisen und selbst die Gewerkschaften, dass KI und Digitalisierung ein Teil unserer Misere in den Steuerlöchern und Löchern der Sozialversicherung sind?
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