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GEMÜNDEN
Im Kampf gegen den Hunger
Der 27-jährige gebürtige Marktheidenfelder leistet in Katastrophengebieten Hilfe. Sein Einsatz wird bald wieder gefragt sein.
Auf der philippinischen Insel Mindanao hat er zuletzt gearbeitet: Philipp Herzog mit Kindern einer Schule, die vom Welternährungsprogramm unterstützt wird.
Foto: Fotos (3): HERZOG | Auf der philippinischen Insel Mindanao hat er zuletzt gearbeitet: Philipp Herzog mit Kindern einer Schule, die vom Welternährungsprogramm unterstützt wird.
Von unserem Mitarbeiter Ferdinand Heilgenthal
 |  aktualisiert: 15.01.2013 12:01 Uhr

Im Rahmen des Sozialkundeunterrichts für die Klassen Q 12 hat der gebürtige Marktheidenfelder Philipp Herzog im Mädchenbildungswerk einen Vortrag über seine Arbeit im Auftrag des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen in den Krisengebieten auf den Philippinen und im Südsudan gehalten. In knapp zwei Stunden berichtete der 27-Jährige, der auf internationale Studiengänge mit Schwerpunkt Entwicklungspolitik und Sozialwissenschaften, sowie Masterabschlüsse in Englisch und Französisch verweisen kann, sehr authentisch über die Probleme in diesen unterentwickelten Ländern. Durch Kriegswirren, Stammesfehden und katastrophale Naturereignisse müssen die Menschen dort oftmals um ihre Existenz und ihr Leben fürchten.

Generell, so Herzog, gibt es auf der Erde genug Nahrungsmittel für alle über sieben Milliarden Menschen. Obwohl der Bedarf bis 2030 um 50 Prozent steigen soll, reichten die Ressourcen aus. „Die Erde könnte zwölf bis dreizehn Milliarden ernähren, das Problem ist die Verteilung, deshalb leiden heute 925 Millionen Menschen Hunger.“ Die Gründe dafür sind vielfältig, wie Herzog mit eingespielten Videoclips, Lichtbildern und Tonaufnahmen erläuterte. Das Welternährungsprogramm versorgt aktuell 90 Millionen Bedürftige in 75 Ländern mit Nahrungsmitteln. Auf Mindanao, einer zu den Philippinen gehörenden Insel, und im Südsudan, dem jüngsten Staat der Erde, war der Referent in vorderster Reihe dabei.

„Die Erde könnte zwölf bis dreizehn Milliarden ernähren, das Problem ist die Verteilung.“

Philipp Herzog Mitarbeiter des Welternährungsprogramms

Die ersten Bilder von Mindanao könnten aus einem Hochglanzprospekt des Reisebüros an der Ecke stammen: türkisblaues Meer, endlose Traumstrände und Palmen, die sich im Wind wiegen. Das sei die eine Seite dieses Landes, sagt Herzog. Es leide allerdings auch unter gewaltigen Naturgewalten. Jährlich werde die Region von zwanzig Taifunen heimgesucht, wovon durchschnittlich fünf zu schweren Folgen führten. Außerdem komme es oft zu Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Überschwemmungen, die bei den mit europäischen Maßstäben nicht zu vergleichenden Gebäuden zu irreparablen Schäden führen. Generell bereite die mangelnde Infrastruktur mit unzureichender Kanalisation, fehlenden Brücken und unbefestigten Straßen, die in der Regenzeit unpassierbar sind, bei der für die Notversorgung erforderlichen Logistik Probleme, wie sie in den nördlichen Breiten unbekannt sind.

Obendrein schwelt noch seit Jahrzehnten auf Teilen Mindanaos der „vergessene“ Rebellenkrieg der islamistischen Rebellengruppe Abu Sayyaf, der auf den Südinseln 120 000 Menschen das Leben gekostet und über eine Million Menschen in Flucht und Vertreibung gestürzt hat. Trotzdem nehmen die Menschen ihr Schicksal in die Hand, legen vor den noch provisorischen Lagern unter Anleitung Gärten an und pflanzen Bäume. Ganz wichtig sei die Schulspeisung. Schon für 25 US-Cent sei es der Organisation möglich, eine warme Mahlzeit am Tag zu finanzieren. Das sei in kinderreichen Familien ein Anreiz, die Kinder in die Schule zu schicken, was vor allem Bildungschancen der Mädchen erhöhe.

Die Schulspeisung werde auch im Südsudan gut angenommen, wo sich Herzog vor kurzem ein Vierteljahr lang aufhielt. „Das Land ist fruchtbar, hat Bodenschätze, vor allem Erdöl, das 98 Prozent der bescheidenen Staatseinnahmen ausmacht.“ Weil die Pipeline aber über den bisher verfeindeten Norden läuft, sind hohe Transitgelder zu zahlen und man ist der Willkür der dortigen Machthaber ausgesetzt, berichtete Herzog. Ein Problem sei auch die ethnische Vielfalt: „Bei den zweihundert Stammesgruppen im Südsudan gibt es kein einheitliches Nationalgefühl, vielmehr herrschen untereinander immer wieder bewaffnete Fehden.“

Im Südsudan existieren die größten Flüchtlingslager der Welt. Das Land sei weniger durch Naturereignisse gezeichnet, vielmehr habe der Krieg mit dem Norden in der ohnehin instabilen Region seine Spuren hinterlassen. Wie brutal solche Einschnitte für die einzelnen Menschen sein können, belegte Herzog eindrucksvoll mit dem eingespielten Song „Emma“ des sudanesischen Sängers Emmanuel Jal. Der Künstler ist international bekannt und war auch schon beim Afrikafestival in Würzburg zu Gast. Im Text beschreibt er sein Schicksal, als er als Siebenjähriger entführt wurde und zusammen mit Hunderten gleichaltrigen Kindersoldaten kämpfen und morden lernte.

Trotzdem erfüllt die Organisation ihren Auftrag und versorgt Hunderttausende Flüchtlinge und Rückkehrer in den Lagern. Wenn in dem Land von der Größe Frankreichs ohne asphaltierte Straßen mit den Lkw kein Durchkommen mehr ist, kommen die alten russischen Transportmaschinen und eine Handvoll Hubschrauber zum Einsatz, aus denen 50-Kilo-Reissäcke abgeworfen werden. Die Maschinen der Organisation sind nebenbei die einzige „Fluggesellschaft“ Südsudans.

Am Ende seines Vortrags gab es nur wenige Fragen von den Schülerinnen, zu beeindruckt waren sie offenbar von den sehr praxisnahen Ausführungen Herzogs, für den die Reise demnächst wieder auf die Philippinen geht.

Die Not ist allgegenwärtig: Die wichtigste Aufgabe nach einer Katastrophe ist es, Lebensmittel schnell zu den Menschen zu bringen.
| Die Not ist allgegenwärtig: Die wichtigste Aufgabe nach einer Katastrophe ist es, Lebensmittel schnell zu den Menschen zu bringen.
Im Flugzeug: Philipp Herzog mit 50-Kilo-Reissäcken, die im Südsudan über einem Flüchtlingslager abgeworfen werden.
| Im Flugzeug: Philipp Herzog mit 50-Kilo-Reissäcken, die im Südsudan über einem Flüchtlingslager abgeworfen werden.
 
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