Neue Wege bei der Haltung von Legehennen gehen drei Landwirte und Selbstvermarkter in Marktheidenfeld. Andreas Fertig vom Naturland-Hof in Eichenfürst sowie Reinhard Wolz und Martin Hock vom Schwalbenhof in Marienbrunn haben mobile Ställe für die Freilandhaltung angeschafft und sammeln erste Erfahrungen mit dieser tiergerechten Haltungsform.
Harald Blankart, stellvertretender Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt, hat früher, als die Käfighaltung noch allgemein üblich war, selbst berufliche Erfahrungen auf dem Gebiet der Hühnerhaltung gesammelt. Deshalb stattete er den Landwirten gerne einen Besuch ab. Es sind bislang nur wenige Bauern im Landkreis Main-Spessart, die sich ernsthaft für solche System-Hühnerställe interessieren.
Der Markt muss den Preis hergeben
Dabei sei diese Form der Eierproduktion für Selbstvermarkter ein durchaus interessanter Weg, so Blankart. Der Markt müsse das aber auch hergeben, denn egal ob Bio- oder konventioneller Landbau, in einen Preiswettkampf um die Supermarkteier bräuchten solche Produzenten aufgrund ihrer Kostenstruktur erst gar nicht einzutreten. Der Endverbraucher müsse letztlich bereit sein, für sein Ei einen angemessenen Preis zu bezahlen, wenn er das Ziel eines solchen Standards für das Tierwohl teile.
Der Experte ist sich sicher: „Besser können Hühner nicht leben und gehalten werden.“
In Eichenfürst wirbt am Weg zum Golfplatz ein großes Werbebanner am Hühnermobil von Andreas Fertig für „Frische Bio-Eier ab Hof“. Der Ausdruck „Hühnermobil“ sorgte schon bei der Genehmigung des Stalls im Marktheidenfelder Stadtrat für Heiterkeit. Dahinter verbirgt sich eine mobile, autarke und moderne Systemanlage, die von 200 Legehennen und vier stolzen Gockeln bewohnt wird.
Drei Ebenen
„Ganz luxuriös“, scherzt Claudia Fertig-Väth. „Unten der Kratzboden als Speiseraum mit der Türe zum Garten, im ersten Stock die Wohn- und Arbeitsräume, und unter dem Dach das Schlafzimmer“. Ihr Mann Andreas kann den Hühnerstall als Anhänger auf gegenwärtig etwa einem Hektar Grünland bewegen. Damit gibt es für die Tiere immer wieder einmal ein neues Auslaufgelände vor dem Stall. Der Boden nebenan kann sich regenerieren.
Familie Fertig plant noch ein kleines Blockhaus für den Direktverkauf. Die ersten Erfahrungen sind gut. Der Stall ist mit eigener Photovoltaik-Anlage und großzügiger Wasserversorgung durch seine Computersteuerung gut zu betreiben. Die Hühner finden ihre Nester zum Legen immer häufiger. Mehr und mehr ihrer Eier erreichen eine Größe, die sich gut verkaufen lässt.
Beim Junggockel-Projekt dabei
Der Eichenfürster Bio-Landwirt hat aber nicht nur Henne und Ei, sondern auch die männlichen Küken im Blick. Er findet es nicht vertretbar, dass die männlichen Küken von Legehennen nach dem Schlüpfen großteils getötet und zu Tierfutter verarbeitet werden. Er hat sich deshalb dem Junggockel-Projekt angeschlossen und sich verpflichtet, auf seinem Hof künftig Produkte von Gockeln zu vermarkten, die an anderer Stelle mit ihren „Schwestern“ heranwachsen dürfen.
Am Marienbrunner Ortsrand in Richtung Hafenlohr bewohnt eine bunte „Multi-Kulti-Truppe“ den neuen mobilen Hühnerstall des Schwalbenhofs. Kreisbauernobmann Reinhard Wolz und Martin Hock haben für 190 braune, 90 weiße, 30 schwarze, 20 Meran- und 20 grünlegende Hennen nebst sechs Hähnen ein neues Heim geschaffen. Auch ihr Stall folgt einem computergesteuerten System und ist autark. Er steht auf etwa eineinhalb Hektar Ackerland und kann auf Kufen mit dem Traktor über das Feld gezogen werden.
Ähnlich wie ihr Eichenfürster Bio-Kollege legen die beiden Marienbrunner Landwirte großen Wert auf natürliche, gesunde und gentechnikfreie Futtermittel. Einen Großteil davon produzieren sie auf eigenen Flächen selbst. „In einem solchen Stall steckt heute mehr Computertechnik, als man früher zu Hause hatte“, hob Reinhard Wolz hervor. Das hat auch seinen Preis. „Der neue Wohnplatz für ein Huhn hat roundabout 200 Euro gekostet. Da dürfen die schon eine Menge legen, bis nur die Kosten wieder drinnen sind“, meint Martin Hock.
Elisabeth Hock-Wolz freut sich darüber, wie wesensgerecht die Hühnerschar in der Natur leben kann. Wie zum Beweis nahmen zu ihren Füssen sogleich ein paar Hennen genüsslich ein Staubbad. Auch beim Schwalbenhof plant man für eine Zukunft als Selbstvermarkter weiter.
Noch verkauft man die produzierten Waren auf dem grünen Markt in Marktheidenfeld und auf dem Hof in der Marienbrunner Ortsmitte. Doch schon bald soll ein eigener Hofladen am Ortsausgang in Richtung Hafenlohr entstehen.