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GEMÜNDEN/LOHR
Im Beutel mit Mama zum Sport
Kanga-Training Eine Österreicherin hat das Fitness-Programm für junge Mütter mit Kind erfunden. Seit einigen Wochen wird auch in Main-Spessart trainiert.
In den Beutel, fertig, los: Nach dem Aufwärmprogramm kommen alle Kinder dicht an Mamas Körper und Kanga-Kursleiterin Julia Tarabeh (rechts) startet das Work-Out.
Foto: Lucia Lenzen | In den Beutel, fertig, los: Nach dem Aufwärmprogramm kommen alle Kinder dicht an Mamas Körper und Kanga-Kursleiterin Julia Tarabeh (rechts) startet das Work-Out.
Von unserem Redaktionsmitglied Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 07.11.2019 20:41 Uhr

Es ist dünn, strapazierfähig und so groß, dass es Mutter und Kind einmal komplett umfasst. Kanga heißt das rechteckige Stück Stoff, das die Frauen in Afrika entweder als Rock, Kleid oder zum Tragen ihrer kleinen Kinder verwenden. Auch in Main-Spessart wird „Kanga“ bei jungen Müttern immer beliebter. Allerdings nicht in Form des Tragetuchs, sondern als schweißtreibender Sport für Mamis mit Kind.

Namensgeber für das neue Fitnesstraining ist allerdings nicht das praktische Tuch aus Afrika, sondern „Kanga“, das Känguru aus Winnie Pooh. So wie es ihr Junges „Ruh“ durch den Hundertmorgenwald trägt, sitzt auch beim Kanga-Training das Kind eingebeutelt wie ein Känguru-Baby meist vor Mamas Brust oder Bauch, während diese Sport macht.

Der findet allerdings nicht im Wald, sondern im Gymnastikraum statt. Acht Frauen sind an diesem Morgen zum Kanga-Training in das Gesundheitszentrum des Klinikums Main-Spessart in Gemünden gekommen. Um kurz vor zehn rollen die ersten vor der großen Spiegelwand ihre Matten aus. „Bevor wir anfangen, stillen die meisten Frauen ihre Kinder noch einmal oder geben ihnen die Flasche, damit sie für Zeit des Trainings satt und zufrieden sind“, erklärt Julia Tarabeh.

Die 28-jährige Kursleiterin ist gelernte Heilerziehungspflegerin. Mittlerweile gibt sie Pekip-Kurse in ihren eigenen Räumen in Gemünden und hat eine Ausbildung zur Trageberaterin hinter sich. Selbst Mutter von zwei Kindern, war der Schritt für Julia Tarabeh zur Kanga-Trainerin nicht mehr weit. Eine Woche lang ließ sich die Gemündenerin in Wien ausbilden und absolvierte eine schriftliche und eine praktische Prüfung. Seit September 2014 nun laufen ihre ersten Kurse in Gemünden und Lohr.

Damit ist sie bisher die einzige Kanga-Trainerin in Main-Spessart – und soll es nach den Wünschen des Kanga-Managements zunächst auch bleiben. Als zertifizierte Trainerin erhält sie Gebietsschutz. Die nächsten Trainerinnen unterrichten erst wieder in Aschaffenburg und Würzburg. Hier gibt es das Mama-Kind-Fitnessprogramm schon länger. „Einige Frauen sind auch aus Main-Spessart zum Training nach Würzburg gefahren“, erzählt Julia Tarabeh. Die Bekanntheit war also da. Um ihr Kurs-Angebot im Landkreis zu bewerben, stellte sie das neue Fitnessprogramm in ihren Pekip-Kursen vor und machte Flyer.

Die Nachfrage läuft gut. Zum heutigen Kurs sind Frauen aus Gemünden, aber auch aus Arnstein, Zellingen und Gössenheim angereist. Nachdem alle Kinder satt sind, dürfen sie ihren Müttern zunächst beim Aufwärmen zuschauen. „Wir machen ein gelenk- und beckenbodenschonendes Work-Out, mit Ausdauertraining und Muskelaufbau“, erläutert Julia Tarabeh den Aufbau der Stunde, während sie an der Anlage die passende Musik zum Warmmachen anstellt.

Dabei helfen die Kinder mit: Mal sind sie Hantel, mal das Gewicht auf den abgewinkelten Unterschenkeln, mal lehnen sie als Motivator beim Bauchmuskeltraining an den aufgestellten Oberschenkeln. Kommt Mama dann mit schmerzverzerrtem Gesicht hoch, wird sie im besten Fall mit ihrem lächelnden Nachwuchs belohnt. „Wichtig ist, dass die Frauen erst nach der Rückbildung in den Kurs kommen“, erläutert Kursleiterin Tarabeh. Im Kanga-Kurs wird dann weiter daran gearbeitet, dass sich die Bauchmuskeln wieder schließen.

Ist Mama und ihre Muskulatur warm, wird eingebeutelt. Gegenseitig helfen sich die acht Frauen, ihre Kinder an den Körper zu bringen – egal ob im Tuch oder im Tragegurt. „Die Kleinen kommen nach vorne auf die Brust, größere Kinder können auch auf den Rücken“, beschreibt Julia Tarabeh. So können Kinder bis drei Jahren beim Training dabei sein. Vorausgesetzt Mamas Rücken macht das mit und die Kinder üben sich in Geduld. „Auf die meisten Kinder hat das Training allerdings eine beruhigende Wirkung und sie schlafen ein“, erzählt Tarabeh.

Acht Wochen, je eine Stunde pro Woche dauert ein Kanga-Kurs. Die nächsten Kurse starten am 8. Januar in Lohr und 20. Januar in Gemünden. „Die Frauen wollen nach der Schwangerschaft und der Geburt schneller wieder etwas für sich machen“, erläutert die Kursleiterin, was sich ihrer Meinung nach heutzutage bei den jungen Müttern geändert hat. Rauskommen, Spaß haben, etwas anderes sehen, als die eigenen vier Wände sei zudem wichtig. „Revolutionär“, nennt Katja Wedekind aus Zellingen gar die eine Stunde Abwechslung, die sie mit ihrem zehn Wochen alten Milan einmal pro Woche beim Kanga-Training genießt.

Jana Weis aus Rieneck ist über den Pekip-Kurs zum Kanga gekommen. Gerade nach dem zweiten Kind sei es schwerer, wieder zur alten Figur zu kommen, sagt sie. Ihr einjähriger Sohn sitzt beim Training mittlerweile schon auf ihrem Rücken. Mit ihm gemeinsam auf diese Art und Weise Sport zu machen, findet sie toll.

Was aber, wenn der Beutel definitiv zu klein oder das Kind zu schwer für das Känguru-Training geworden ist? Auch dafür hat das Kanga-Marketing mitgedacht und nachfolgende Programme, wie etwa „Kanga-On-Wheel“ entwickelt. Mit Turnschuhen, Laufhose und Kinderwagen geht es sportlich raus in die Natur – wieder nicht in den Hundertmorgenwald, aber vielleicht in den Spessart.

Informationen zum Kanga-Training von Julia Tarabeh in Main-Spessart gibt es unter www.glückskinder-gemünden.de.

Die Idee zu Kanga

Gründerin und Erfinderin des Kanga-Trainings ist die Österreicherin Nicole Pascher. Die ehemalige Tänzerin und Mutter dreier Kinder ist seit 20 Jahren in der Fitnessbranche tätig und spezialisiert auf pre- und postnatales Training. Geboren in Wien, begann sie im Alter von neun Jahren mit ihrer Tanzausbildung im Bereich Jazzdance, Ballet, Modern Dance und später African Dance. Mit zwölf Jahren war sie Siegerin der Österreichischen Meisterschaft in Showdance und im Alter von 17 gewann sie die Europäische Meisterschaft im Bereich Modern Dance. Sie setzte ihre Tanzausbildung in New York fort, wo sie einige Jahre lang lebte. Während der Schwangerschaft mit ihrer jüngsten Tochter Pamina kam ihr die Idee, ein Workout zu entwickeln, bei dem die Mutter wieder schlank wird und sich das Baby gleichzeitig entspannt.

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