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Main-Spessart
Hügelgräber der Bronzezeit: 3500 Jahre alte Totenkulte
Aus der Geschichte Main-Spessarts (7): Die meisten Hügelgräber wurden ausgeräumt. Aber in einem Grab bei Stetten fand sich ein Skelett mit einem Hinweis, woran der Mann gestorben ist.
Die Nachbauten eines Hügelgrabs auf dem Steinberg am Grenzweg nach Karlstadt wollen die Geschichtsfreunde Stetten noch in diesem Jahr abgeschlossen haben.
Foto: Günter Roth | Die Nachbauten eines Hügelgrabs auf dem Steinberg am Grenzweg nach Karlstadt wollen die Geschichtsfreunde Stetten noch in diesem Jahr abgeschlossen haben.
Günter Roth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

In Mainfranken und besonders in unserem Landkreis sind zahlreiche markante Zeugnisse vorzeitlicher Besiedlungen zu finden. Während aber die meisten – oftmals bis heute  – unerkannt im Boden verborgen sind, regen die Grabhügel der Bronze-, beziehungsweise Keltenzeit die Nachwelt immer wieder zum Nachdenken und zum Forschen an. Obwohl sie nach knapp 4000 Jahren von Wind und Regen abgetragen oder von Wäldern überdeckt wurden, sind sie noch oft deutliche Landmarken in unserer Region.

Zwei Bereiche fallen hier besonders auf und werden auch von örtlichen Heimat- oder Geschichtsvereinen betreut: Auf dem Steinberg zwischen Stetten und Karlstadt gibt es heute noch 17 Grabhügel, von denen aber nur noch zwölf als solche erkennbar sind. Zwischen Steinfeld und den Erlenbacher Höfen auf der Fränkische Platte sind es fast 50.

Zwischen 1600 bis 1200 vor Christus siedelten hier bronzezeitliche Keltengruppen, die ihre Verstorbenen nach der damaligen Tradition in Hügelgräbern bestatteten. Gut 3500 Jahre nahm dann niemand mehr Notiz von den bis zu drei Meter hohen Anlagen. Anfang des 20. Jahrhunderts aber erwachte das historische Interesse auch in Stetten und es wurde begonnen zu graben. 

Hügelgräber in der Stettener Flur. Für den Laien sind sie kaum noch als solche zu erkennen.
Foto: Günter Roth | Hügelgräber in der Stettener Flur. Für den Laien sind sie kaum noch als solche zu erkennen.

Dabei wurden die Gräber angegraben und bis 1918 weitgehend ausgeräumt. Es wurden Bronzen gefunden, die typisch für die mittlere Bronzezeit sind wie Radnadeln und Armspiralen, aber kaum Keramik. Reste dieser Funde sind im Museum für Franken in Würzburg ausgestellt. Unter einigen Hügeln wurden Siedlungsspuren entdeckt und auch in der näheren Umgebung finden sich bronzezeitliche Siedlungsreste. Leider existiert nur eine unzureichende Grabungsdokumentation, sodass weitergehende Erkenntnisse nicht mehr möglich sind.

Hölzerne Grabkammer im Inneren

Ein Grabhügel konnte schon mal einen Durchmesser von 20 Metern haben und rund drei Meter hoch sein. Meist gab es im Zentrum eine hölzerne Grabkammer, die von einer Steinpackung überdeckt wurde. Darauf folgte dann eine Schüttung aus Erde, der Fuß wurde oft durch einen umlaufenden Steinkranz, in der Hallstattzeit (800 bis 450 vor Christus) seltener auch durch  Pfostensetzungen oder umlaufende Gräben begrenzt.

Während in der mittleren Bronzezeit die Beisetzungen üblicherweise in gestreckter Rückenlage erfolgten, ging man in der frühen Hallstattzeit dazu über, die Toten zu verbrennen, wahrscheinlich in voller Tracht und errichtete anschließend an derselben Stelle den Grabhügel, ohne den Leichenbrand vorher in einer Urne zu sammeln. Am Ende der Hallstattzeit ging man wieder zu Körperbestattungen über. Nicht selten gab es auch Mehrfachbestattungen in einem Grabhügel zur selben oder auch zu einer späteren Zeit.

Ein besonderer Fund aus einem der Stettener Hügelgräber wird im Würzburger Museum für Franken ausgestellt: Ein Oberarmknochen mit eingeschossener Pfeilspitze.
Foto: Günter Roth | Ein besonderer Fund aus einem der Stettener Hügelgräber wird im Würzburger Museum für Franken ausgestellt: Ein Oberarmknochen mit eingeschossener Pfeilspitze.

Sehr interessant ist die Bestattung aus dem einst größten Stettener Hügel. Er enthielt unter einer Steinpackung die Skelette zweier Menschen. Im Oberarm eines der Skelette steckte eine Bronzepfeilspitze. Da der Knochen keine Verheilungsspuren aufweist, scheint diese Verletzung nicht überlebt worden zu sein, vielleicht gab es auch weitere Verletzungen, die nicht mehr nachweisbar sind.

Kopien aus Bronze, wie sie in Hügelgräbern gefunden wurden, werden demnächst im Stettener Nachbau eines Hügelgrabes gezeigt.
Foto: Günter Roth | Kopien aus Bronze, wie sie in Hügelgräbern gefunden wurden, werden demnächst im Stettener Nachbau eines Hügelgrabes gezeigt.

Ins Grab beigegeben wurden dem Toten ein Bronzearmring und eine Bronzenadel, die typisch für Männergräber der Zeit um 1500 vor Christus ist. Die andere Bestattung erhielt wohl keine Grabbeigaben. Doch stammen aus dem Grabhügel weitere Funde, etwa ein Bronzearmring, eine Pfeilspitze aus Feuerstein und Keramikscherben, die jedoch leider, wie sämtliche Aufzeichnungen zu diesen Funden, seit 1945 verschollen sind.

Vor über zehn Jahren haben sich in Stetten geschichtsinteressierte Bürger gefunden und den Verein "Geschichtsfreunde Stetten" gegründet. Neben anderen Aktionen zur Heimatgeschichte haben die Geschichtsfreunde gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege die Patenschaft für die hiesigen Hügelgräber übernommen. Diese wurden nicht nur genau nach Satellitenaufnahmen kartiert, sondern auch nummeriert und weitestgehend von Bodenkraut befreit, sodass hier ein knapp 3,5 Kilometer langer Rundweg mit einem guten Dutzend Informationstafeln entstanden ist.

Georg Riedmann von den Geschichtsfreunden Stetten beim Nachbau eines Hügelgrabs auf dem Steinberg.
Foto: Günter Roth | Georg Riedmann von den Geschichtsfreunden Stetten beim Nachbau eines Hügelgrabs auf dem Steinberg.

Kernstück und Ausgangspunkt des Weges aber ist seit kurzer Zeit das Modell eines Hügelgrabes in Originalgröße, in das besonders der Vorsitzende Georg Riedmann viel Arbeit investiert hat. Die Nachbildung liegt direkt am "Grenzweg" zwischen Karlstadt und Stetten, der von Wanderern stark frequentiert wird und nur wenige hundert Meter vom Touristenmagnet "terroir f" entfernt ist.

50 Grabhügel bei Steinfeld, Hausen und Waldzell

Ein anderer Schwerpunkt bei Hügelgräbern im Landkreis Main-Spessart liegt bei den Ortschaften Steinfeld, Hausen und Waldzell. Dort sind insgesamt etwa 50 Grabhügel und acht vorgeschichtliche Siedlungsstellen bekannt, allein im Hausener Wald sind heute 25 Grabhügel in mehreren Gruppen zu finden. Die Dimensionen der Hügel entsprechen weitgehend denen in Stetten. Auch hier erwachte Ende des 19. Jahrhunderts das Interesse an der Heimatgeschichte und in diesem Fall war es der Ortspfarrer Link, der 1873 einen Hügel auf der "Kohlplatte" öffnete und unter anderem eine Bronzenadel aus der mittleren Bronzezeit (1500 - 1300 vor Christus) entnahm. Das Fundstück befindet sich im Archiv des Museums für Mainfranken in Würzburg. Es ist dort nicht zu sehen; wohl aber gibt es eine Zeichnung davon.

Gerd Reimer vom Heimat- und Geschichtsverein Steinfeld-Hausen-Waldzell zeigt die im dichten Wald verborgenen Hügelgräber seiner Heimat.
Foto: Günter Roth | Gerd Reimer vom Heimat- und Geschichtsverein Steinfeld-Hausen-Waldzell zeigt die im dichten Wald verborgenen Hügelgräber seiner Heimat.

Hier hat sich der Heimat- und Geschichtsverein vorbildlich der vorzeitlichen Zeugnisse angenommen und einen überaus interessanten 3,5 Kilometer langen Archäologischen Wanderweg angelegt, an dem zehn Tafeln Auskunft geben. Näheres kann man auch im Internetauftritt des Heimat- und Geschichtsvereins unter https://www.hgv-steinfeld.de/arch-wanderweg.html nachlesen.

Ansonsten sind an zahlreichen Stellen des Landkreises Hügelgräber verborgen. So beispielsweise bei Trennfeld oder am Grenzweg zwischen Büchold und Obersfeld. Meist aber sind diese kaum erkennbar vom Wald überwuchert, vom Pflug eingeebnet oder leider von Grabräubern ausgeplündert.

Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter www.mainpost.de/geschichte_mspL.

Bronzezeit

Die Bronzezeit lässt sich in Mitteleuropa in drei Abschnitte fassen: Frühbronzezeit (ca. 2200 bis 1500 v. Chr.), Mittelbronzezeit (ca. 1500 bis 1300 v. Chr.) und Spätbronzezeit (besser bekannt als  Urnenfelderzeit, ca. 1300 bis 800 v. Chr.). Die meisten Informationen, die wir über die Bronzezeit in Mitteleuropa haben, stammen aus Gräbern. In der Frühbronzezeit wurden die Toten in der so genannten Hockerstellung mit zur Brust angezogenen Knien begraben. In der Mittelbronzezeit schüttete man über den Särgen Grabhügel auf. Und in der Spätbronzezeit ging man dazu über, die Toten zu verbrennen und ihre Asche und Knochenreste in Urnen auf freiem Feld beizusetzen.
Vereinzelt hat man prunkvolle "Königsgräber” mit reichhaltigen Beigaben gefunden. Dies deutet darauf hin, dass es in den bronzezeitlichen Gesellschaften ausgeprägte Rangunterschiede zwischen einer kleinen mächtigen Oberschicht und dem einfachen Volk gab. Dies ist typisch auch für andere bronzezeitliche Kulturen etwa in Griechenland oder Ägypten.
Abgelöst wurde die Bronzezeit von der Eisenzeit. Bronze (eine Mischung aus 90 Teilen Kupfer und 10 Teilen Zinn) blieb als Material für Kult- und Alltagsgegenstände zwar bis heute erhalten. Aber vor allem Waffen und Werkzeuge wurden von da an aus dem wesentlich härteren Eisen hergestellt.
Quelle: Wikipedia
Die Radnadeln und Armreifen aus den Hügelgräbern bei Stetten werden im Würzburger Museum für Franken ausgestellt.
Foto: Günter Roth | Die Radnadeln und Armreifen aus den Hügelgräbern bei Stetten werden im Würzburger Museum für Franken ausgestellt.
 
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