
In Mainfranken und besonders in unserem Landkreis sind zahlreiche markante Zeugnisse vorzeitlicher Besiedlungen zu finden. Während aber die meisten – oftmals bis heute – unerkannt im Boden verborgen sind, regen die Grabhügel der Bronze-, beziehungsweise Keltenzeit die Nachwelt immer wieder zum Nachdenken und zum Forschen an. Obwohl sie nach knapp 4000 Jahren von Wind und Regen abgetragen oder von Wäldern überdeckt wurden, sind sie noch oft deutliche Landmarken in unserer Region.
Zwei Bereiche fallen hier besonders auf und werden auch von örtlichen Heimat- oder Geschichtsvereinen betreut: Auf dem Steinberg zwischen Stetten und Karlstadt gibt es heute noch 17 Grabhügel, von denen aber nur noch zwölf als solche erkennbar sind. Zwischen Steinfeld und den Erlenbacher Höfen auf der Fränkische Platte sind es fast 50.
Zwischen 1600 bis 1200 vor Christus siedelten hier bronzezeitliche Keltengruppen, die ihre Verstorbenen nach der damaligen Tradition in Hügelgräbern bestatteten. Gut 3500 Jahre nahm dann niemand mehr Notiz von den bis zu drei Meter hohen Anlagen. Anfang des 20. Jahrhunderts aber erwachte das historische Interesse auch in Stetten und es wurde begonnen zu graben.

Dabei wurden die Gräber angegraben und bis 1918 weitgehend ausgeräumt. Es wurden Bronzen gefunden, die typisch für die mittlere Bronzezeit sind wie Radnadeln und Armspiralen, aber kaum Keramik. Reste dieser Funde sind im Museum für Franken in Würzburg ausgestellt. Unter einigen Hügeln wurden Siedlungsspuren entdeckt und auch in der näheren Umgebung finden sich bronzezeitliche Siedlungsreste. Leider existiert nur eine unzureichende Grabungsdokumentation, sodass weitergehende Erkenntnisse nicht mehr möglich sind.
Hölzerne Grabkammer im Inneren
Ein Grabhügel konnte schon mal einen Durchmesser von 20 Metern haben und rund drei Meter hoch sein. Meist gab es im Zentrum eine hölzerne Grabkammer, die von einer Steinpackung überdeckt wurde. Darauf folgte dann eine Schüttung aus Erde, der Fuß wurde oft durch einen umlaufenden Steinkranz, in der Hallstattzeit (800 bis 450 vor Christus) seltener auch durch Pfostensetzungen oder umlaufende Gräben begrenzt.
Während in der mittleren Bronzezeit die Beisetzungen üblicherweise in gestreckter Rückenlage erfolgten, ging man in der frühen Hallstattzeit dazu über, die Toten zu verbrennen, wahrscheinlich in voller Tracht und errichtete anschließend an derselben Stelle den Grabhügel, ohne den Leichenbrand vorher in einer Urne zu sammeln. Am Ende der Hallstattzeit ging man wieder zu Körperbestattungen über. Nicht selten gab es auch Mehrfachbestattungen in einem Grabhügel zur selben oder auch zu einer späteren Zeit.

Sehr interessant ist die Bestattung aus dem einst größten Stettener Hügel. Er enthielt unter einer Steinpackung die Skelette zweier Menschen. Im Oberarm eines der Skelette steckte eine Bronzepfeilspitze. Da der Knochen keine Verheilungsspuren aufweist, scheint diese Verletzung nicht überlebt worden zu sein, vielleicht gab es auch weitere Verletzungen, die nicht mehr nachweisbar sind.

Ins Grab beigegeben wurden dem Toten ein Bronzearmring und eine Bronzenadel, die typisch für Männergräber der Zeit um 1500 vor Christus ist. Die andere Bestattung erhielt wohl keine Grabbeigaben. Doch stammen aus dem Grabhügel weitere Funde, etwa ein Bronzearmring, eine Pfeilspitze aus Feuerstein und Keramikscherben, die jedoch leider, wie sämtliche Aufzeichnungen zu diesen Funden, seit 1945 verschollen sind.
Vor über zehn Jahren haben sich in Stetten geschichtsinteressierte Bürger gefunden und den Verein "Geschichtsfreunde Stetten" gegründet. Neben anderen Aktionen zur Heimatgeschichte haben die Geschichtsfreunde gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege die Patenschaft für die hiesigen Hügelgräber übernommen. Diese wurden nicht nur genau nach Satellitenaufnahmen kartiert, sondern auch nummeriert und weitestgehend von Bodenkraut befreit, sodass hier ein knapp 3,5 Kilometer langer Rundweg mit einem guten Dutzend Informationstafeln entstanden ist.

Kernstück und Ausgangspunkt des Weges aber ist seit kurzer Zeit das Modell eines Hügelgrabes in Originalgröße, in das besonders der Vorsitzende Georg Riedmann viel Arbeit investiert hat. Die Nachbildung liegt direkt am "Grenzweg" zwischen Karlstadt und Stetten, der von Wanderern stark frequentiert wird und nur wenige hundert Meter vom Touristenmagnet "terroir f" entfernt ist.
50 Grabhügel bei Steinfeld, Hausen und Waldzell
Ein anderer Schwerpunkt bei Hügelgräbern im Landkreis Main-Spessart liegt bei den Ortschaften Steinfeld, Hausen und Waldzell. Dort sind insgesamt etwa 50 Grabhügel und acht vorgeschichtliche Siedlungsstellen bekannt, allein im Hausener Wald sind heute 25 Grabhügel in mehreren Gruppen zu finden. Die Dimensionen der Hügel entsprechen weitgehend denen in Stetten. Auch hier erwachte Ende des 19. Jahrhunderts das Interesse an der Heimatgeschichte und in diesem Fall war es der Ortspfarrer Link, der 1873 einen Hügel auf der "Kohlplatte" öffnete und unter anderem eine Bronzenadel aus der mittleren Bronzezeit (1500 - 1300 vor Christus) entnahm. Das Fundstück befindet sich im Archiv des Museums für Mainfranken in Würzburg. Es ist dort nicht zu sehen; wohl aber gibt es eine Zeichnung davon.

Hier hat sich der Heimat- und Geschichtsverein vorbildlich der vorzeitlichen Zeugnisse angenommen und einen überaus interessanten 3,5 Kilometer langen Archäologischen Wanderweg angelegt, an dem zehn Tafeln Auskunft geben. Näheres kann man auch im Internetauftritt des Heimat- und Geschichtsvereins unter https://www.hgv-steinfeld.de/arch-wanderweg.html nachlesen.
Ansonsten sind an zahlreichen Stellen des Landkreises Hügelgräber verborgen. So beispielsweise bei Trennfeld oder am Grenzweg zwischen Büchold und Obersfeld. Meist aber sind diese kaum erkennbar vom Wald überwuchert, vom Pflug eingeebnet oder leider von Grabräubern ausgeplündert.
Lesetipp: Den Einstieg in die Serie verpasst? Die bisher erschienenen Serienteile finden Sie unter www.mainpost.de/geschichte_mspL.
Bronzezeit
