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Main-Spessart
Home-Ausbildung? Betriebe in MSP suchen Azubis trotz Pandemie
Bei den Berufsinformationstagen sollen Betriebe und Azubis zusammenfinden. Nun müssen sie ein weiteres Jahr online stattfinden. Ein zähes Geschäft für Bewerber und Unternehmen.
Schüler drängten sich um die Stände der ausstellenden Betriebe: So sahen die Berufsinformationstage in Main-Spessart vor zwei Jahren aus. Durch Corona wurden sie zur Online-Messe.
Foto: Oliver Wieser | Schüler drängten sich um die Stände der ausstellenden Betriebe: So sahen die Berufsinformationstage in Main-Spessart vor zwei Jahren aus. Durch Corona wurden sie zur Online-Messe.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:13 Uhr

Eigentlich sollte sich der Bildschirm jetzt langsam mit kleinen Kacheln füllen, doch bisher warten nur Elmar Zoepf und sein Kollege hinter ihren Bildschirmkameras. Beide sind Ausbilder im Unternehmen Rapidware aus Lohr. Ab 16 Uhr hatten sie Interessierte zu einer virtuellen Vorstellungsrunde der Ausbildungsberufe Fachinformatiker eingeladen. Um 16.30 Uhr loggt sich der erste Besucher ein. Erst ist gar nichts zu hören, dann reißt die Verbindung immer wieder ab. Zoepf versucht, kurze Fragen zu stellen – aber richtig rund läuft es auf diese Weise nicht. 

Online-Messe: Hindernisse für Betriebe und Bewerber

„Die Betriebe hatten es schwer letztes Jahr, Auszubildende zu finden. Die haben es auch heuer schwer“, sagt Sven Kelber von der AOK. Er ist Teil des Arbeitskreises Berufsinformationstage (BIT) Main-Spessart. Im vergangenen Jahr mussten die BIT zum ersten Mal online stattfinden. "Das war sehr ad hoc", sagt Kelber. Die ausstellenden Betriebe konnten nur Texte und Videos auf die Homepage hochladen. "Heuer haben wir das ein bisschen verfeinert", so Kelber. Es gibt dort jetzt auch Links zu virtuellen Veranstaltungen. Das sind dann beispielsweise Fragerunden mit Ausbildungsleitern und Auszubildenden oder Vorstellungen der Berufe. 

Für manche Betriebe ist das keine Option: "Einige Aussteller haben gesagt, online ist nichts für uns", sagt Kelber. Die Messe vor Ort sei durch virtuelle Veranstaltungen auch nicht zu ersetzen: "Es bringt etwas, damit man gesehen wird, aber der direkte Kontakt ist unschlagbar." Die Hemmschwelle bei Schülern sei größer, Betriebe anzusprechen. 

Klein gegen Groß auf der BIT?

Bei der Vorstellung des Unternehmens Rapidware kam kein weiterer Interessent mehr hinzu. Sie wollen ihre Ausbildungsstellen nicht weiter ausschreiben. "Macht ja keinen Sinn. Das wäre bis einschließlich Mitte Mai schon fast unseriös gewesen", sagt Zoepf. Durch die unsicheren Pandemiebedingungen hätte das Unternehmen den Ausbildungsstart im September nicht garantieren können. Sollten sich geeignete Bewerber melden, kann sich Zoepf für dieses Jahr eine Ausbildung vorstellen "vorausgesetzt, die Situation verschlechtert sich nicht." 

Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen wegen Corona nicht ausgebildet und keine Praktikanten aufgenommen. "Ich habe niemanden da, der die Praktikanten betreut. Die sind alle im Homeoffice", sagt Zoepf. Größere Betriebe könnten die Ausbildung laut Zoepf entsprechend organisieren. "Das können wir wegen ein oder zwei Auszubildenden nicht leisten." In Konkurrenz mit größeren Betrieben sieht er sich auch bei den Berufsinformationstagen: "Die beliebten Stände sind natürlich die von den großen Unternehmen", sagt er. Trotzdem seien meist zwischen zehn und 20 stark Interessierte bei ihm am Stand vorbeigekommen und hätten konkrete Fragen zur Ausbildung gestellt.  

Praktika lieber "live" als online

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Raiffeisenbank Main-Spessart ab. Auch dort waren Praktika vor Ort nicht möglich – aber sehr gefragt. "Wir haben wahnsinnig viele Bewerbungen für Praktikumsplätze bekommen und uns dann gedacht: Irgendetwas wollen wir den Schülerinnen und Schülern anbieten", sagt Lena Frankenberger vom Personalmanagement. In Verbindung mit der BIT veranstalten sie daher Online-Praktika, die nur wenige Stunden dauern. 

Zwei solche Praktikums-Videokonferenzen gab es schon. Besonders groß ist die Resonanz bisher nicht. "Beim ersten Mal hatten wir acht Teilnehmer und jetzt hatten wir noch einmal zwei Teilnehmer", sagt Frankenberger. Woran das liege, sei schwer zu sagen. Sie hätten versucht, die Aktion über Social Media zu bewerben und gezielt Praktikanten angeschrieben, die sich erfolglos beworben hatten. "Ob es dann wirklich jeder mitbekommt? Oder ob viele sagen, sie möchten es lieber ‚live‘ erleben?" Frankenberger kann es sich nicht erklären. Bei der Stellenbesetzung macht sich der weggefallene Kontakt vor Ort bemerkbar: "Die Bewerberzahlen fehlen, weil sich viele direkt nach einem Praktikum bei uns beworben haben."

Vorteile der virtuellen Vorstellungsrunden

Andrea Goebbels, Leiterin der Aus- und Weiterbildung bei Bosch-Rexroth in Lohr, sieht auch Vorteile in den Online-Veranstaltungen. "Man muss nicht mit Kapazitäten planen", sagt sie. Zeitlich und örtlich kann sie die Veranstaltungen auch leichter organisieren. Die Kapazitätsfrage ist bei Bosch-Rexroth durchaus ein Thema: "In Summe waren es etwas weniger als 300 Teilnehmer", sagt Goebbels über den virtuellen Tag der Ausbildung, den der Betrieb unter anderem auf der BIT-Homepage angeboten hat. 

Das Unternehmen hat die Aktion auch anderweitig stark beworben. Beispielsweise gäbe es eine enge Zusammenarbeit mit Schulen. "Wir haben den Schulen Bescheid gegeben und unseren Azubis die Flyer in die Hand gedrückt, damit sie diese im Sportverein oder im Familien- und Freundeskreis verteilen", so Goebbels. Durch die Pandemie hat sich der direkte Kontakt zu den Schülern jedoch erschwert: "Natürlich waren wir in Zeiten von Corona sehr auf uns fokussiert – und die Schulen auf sich", sagt sie. Ob sich das in den Bewerberzahlen niederschlagen wird, könne sie noch nicht abschätzen. Denn das Bewerbungsportal für 2022 wurde erst kürzlich freigeschaltet. Eine Sache kann Goebbels jedoch ebenfalls bestätigen: Die Erfahrungen vor Ort im Unternehmen fehlen. "Das kann ein virtueller Rundgang – so schön wir den machen – nicht ersetzen."

BIT Online für Main-Spessart

2019 feierten die Berufsinformationstage Main-Spessart ein Jubiläum: 20 Jahre lang fanden sie  in der Gemündener Scherenberghalle statt. Vergangenes Jahr musste die Messe dann pandemiebedingt ausfallen und es gab kaum Ersatzprogramm. Nun sollen virtuelle Veranstaltungen bis zu den nächsten Berufsinformationstagen laufen. Bisher gibt es auf der Homepage www.bit-msp.de Angebote bis November. 
Quelle: gop
 
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