Nach zehn ausgesprochen mageren Jahren rechnet die Stadt Lohr für 2024 wieder mit einem größeren Spielraum für Investitionen. Das wurde in der ersten von zwei Stadtratssitzungen deutlich, in denen sich das Gremium der Finanzplanung für das laufende Jahr widmet.
Kämmerer Uwe Arnold begründete seinen nach Jahren großer Finanznot nun etwas optimistischeren Ausblick mit einer frohen Botschaft, die die Stadt am Freitag erreichte: Demnach kann Lohr für 2024 mit rund 3,7 Millionen Euro an staatlicher Schlüsselzuweisung rechnen. Das sei für Lohr die höchste jemals erhaltene Finanzspritze dieser Art. Gerechnet habe man lediglich mit einer Millionen, so Arnold.
Früher galten die Kommunen in einem Landkreis, die Schlüsselzuweisungen erhielten, als finanzielle Hungerleider. Das habe sich geändert, so Arnold gegenüber der Redaktion. Im Jahr 2024 erhalten seinen Worten zufolge von den 40 Kommunen im Main-Spessart-Kreis lediglich drei keine staatliche Finanzspritze: Marktheidenfeld, Kreuzwertheim und Mittelsinn.
Doch nicht nur die Schlüsselzuweisung versüßt der Stadt Lohr den Ausblick auf das Finanzjahr 2024. Denn hinzu komme, so Arnold, dass das Jahr 2023 finanziell unter dem Strich deutlich besser gelaufen ist als zwischenzeitlich befürchtet. Konkret werde man dem städtischen Sparstrumpf am Ende der Abrechnung für 2023 wohl zwei Millionen Euro Euro zuführen können, so der Kämmerer.
Gewerbesteuer sprudelte stärker als erwartet
Noch im November war man im Rathaus vom Gegenteil ausgegangen: Aufgrund einer neuerlichen, gut drei Millionen Euro schweren Gewerbesteuerrückforderung aus früheren Jahren hatte der Stadtrat einen Nachtragshaushalt beschließen müssen. Dieser sah vor, dass sich die freien Rücklagen der Stadt bis Ende 2023 um 2,7 Millionen Euro verringern und somit weitgehend aufgebraucht wären.
Dass es anders kam, liegt laut Arnold daran, dass 2023 die Gewerbesteuer stärker als erwartet sprudelte und auch die Beteiligung an der Einkommenssteuer hoch blieb. Daneben hat die Stadt 2023 einmal mehr geplante und kostenträchtige Vorhaben aufgeschoben, beispielsweise den Neubau einer Toilettenanlage an der Mainlände.
In der Konsequenz bedeute all dies, so Arnold mit Blick auf den Haushalt für 2024 und die Planung für die Folgejahre, dass der finanzielle Handlungsspielraum der Stadt "derzeit nicht mehr so eingeschränkt ist wie in den letzten Jahren". Es könnten also die "richtigen Weichen gestellt werden", sagte der Kämmerer den Ratsmitgliedern.
Seine Aussage, wonach auch für 2024 eine "angemessene Haushaltsplanung" erforderlich sei, könnte als Versuch gewertet werden, Übermut erst gar nicht aufkommen zu lassen. Jedenfalls machte der Kämmerer mit Blick auf die kommenden Jahre deutlich, dass man angesichts des aktuell "relativ geringen Investitionsvolumens" den Sparstrumpf der Stadt weiter füllen müsse. Es gehe darum, für sich abzeichenden Großprojekte ebenso wie für Unerwartetes gewappnet zu sein. Grundsätzlich, so der Kämmerer, sei es aber "auch keine Schande", wenn man für einzelne Projekte Kredite aufnehmen müsse.
Am ersten Tag der Haushaltsberatung befasste sich der Stadtrat rund zweieinhalb Stunden lang zunächst mit dem Verwaltungshaushalt. Dieser bildet mit einem Volumen von rund 44,5 Millionen Euro den laufenden Betrieb ab, angefangen von der Stadtverwaltung über Feuerwehren, Schulen, Kindergärten, Schulmuseum, Musikschule, Volkshochschule, Bibliothek, Spessartfestwoche, Jugendarbeit oder Straßenunterhalt bis hin zum Freibad.
Freiwillige Leistungen sollen unangetastet bleiben
Größere und kontroverse Diskussionen um einzelne Posten blieben weitgehend aus. Das dürfte auch daran liegen, dass der vorgestellte Haushaltsentwurf rathausintern und unter den Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen über Wochen vorbesprochen worden war. Viele Entscheidungen zu den einzelnen Unterabschnitten des Verwaltungshaushalts fielen denn auch einstimmig.
Einigkeit herrschte unter den Räten auch darin, dass die Stadt bei der freiwilligen Unterstützung von Sportvereinen, Musikkapellen und sonstige Institutionen wie den nicht von ihr betriebenen Kindergärten oder dem Jugendzentrum keine Abstriche machen sollte. Diese freiwilligen Leistungen haben ein Volumen von etwas über eine Million Euro. Hierzu gab es eine kurze Diskussion, ob man angesichts gestiegener Ausgaben etwa für Hallenmieten nicht die Zuschüsse an Sportvereine mal erhöhen sollte. Bürgermeister Mario Paul kündigte an, dass man sich mit dem Thema außerhalb der aktuellen Haushaltsberatung und in einer "Gesamtschau" über die freiwilligen Leistungen befassen werde.
Der Stadtrat indes setzte einen Tag später seine Haushaltsberatung fort mit der Betrachtung des Vermögenshaushalts. In ihm sind die Investitionen abgebildet. Für sie ist für 2024 ein Volumen von knapp 9,4 Millionen Euro geplant.