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LOHR/BERLIN
Hobby wird zum Beruf: Tanz der Gefühle
Vom Faschingsverein zum Profitänzer – Maximilian Gärtner aus Lohr ist nach Berlin gezogen, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen.
Denise Schiwon
Denise Schiwon
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:53 Uhr

Wenn Maximilian Gärtner die Bühne betritt, vergisst er alles um sich herum. Er wird zu einer anderen Person, schlüpft in eine andere Rolle. Gleichzeitig drückt der gebürtige Lohrer damit seine Gefühle aus, zeigt, wer er ist. Schon als Kind geht er zum Tanzunterricht statt zum Fußballtraining. Relativ früh beschließt der heute 24-Jährige, dass er sein Hobby zum Beruf machen will. Um Profitänzer zu werden, ist er vor einem Jahr nach Berlin gezogen.

Angefangen hat alles beim Faschingsverein im Lohrer Stadtteil Pflochsbach. Zuerst Kindertanz, später dann Showtanz. Dabei kann Gärtner die fünfte Jahreszeit gar nicht ausstehen: „Ich hasse Fasching.“ Er schüttelt den Kopf und zieht die Augenbrauen hoch. Dennoch habe ihm das Tanzen dort „immer sehr viel Spaß gemacht.“ Mit elf Jahren startete er mit der zeitgenössischen Tanzrichtung Jazz Dance. Im Jahr darauf kam Hip Hop hinzu. Einige Zeit später nahm er Ballett-Unterricht.

„Ich hatte immer das Gefühl, ich muss mich verstellen“
Maximilian Gärtner über seine Kindheit in Lohr

Er zog nach Würzburg und begann 2012 bei der Tanzschule „Dance Encore“ zu arbeiten. In seinen Kursen habe er jungen Mädchen den weiblichen Tanz näher gebracht. Im Teenageralter sei es schwierig, sich feminin zu bewegen – den Mädchen sei das meistens peinlich. Gärtner habe ihnen geholfen, Hemmungen abzubauen.

An die Teilnahme bei der Weltmeisterschaft in Las Vegas 2008 denkt der 24-Jährige besonders gerne zurück. Er und seine Gruppe „Old School Diamonds“ belegten als bestes deutsches Tanzteam den 16. Platz.

Ein ebenfalls sehr emotionaler Moment war sein erster Tanzjob vor etwa drei Jahren in der deutschen Fernsehsendung „Alles was zählt“ gewesen. Negative Erfahrungen habe der gebürtige Lohrer vor allem in der Schulzeit machen müssen, sagt er. Mitschüler hätten ihn gehänselt, beinahe gemobbt. „Das waren Zeiten, in denen ich nicht so glücklich war.“ Dennoch habe er nie ans Aufhören gedacht. „Für mich war relativ früh klar, dass ich das immer machen werde.“

Seine Heimat fehlt Gärtner in Berlin nicht unbedingt. „Ich hatte immer das Gefühl, ich muss mich verstellen und den anderen anpassen.“ Er streicht sich durch seine platinblond gefärbten Haare. Eine solche Haarfarbe sei früher undenkbar gewesen. In Berlin müsse er sich keine Gedanken machen, was andere von ihm halten: „Man ist hier intimer. Es juckt keinen, wie du bist und wer du bist.“ Trotzdem komme der Tänzer immer noch gerne nach Hause. Er habe ein sehr enges Verhältnis zu seinen Eltern und seiner Schwester.

Bis auf ein paar Auftritte konnte er in der Hauptstadt noch keine größeren Aufträge ergattern. Momentan nimmt er selbst Tanzunterricht. Das Niveau in Berlin sei anders und es gebe viel mehr Konkurrenz. „In Würzburg war ich gut, aber hier bin ich durchschnittlich.“ Wenn man einen Job bekommt, muss man oft innerhalb eines Tages eine Tanzabfolge verinnerlichen. Im Unterricht lernt Gärtner genau das. In jeder Trainingseinheit muss er sich eine Choreographie merken und diese am Ende wiedergeben. Zwei bis drei Mal pro Woche nimmt er Tanzstunden. Hinzu kommt Krafttraining im Fitnessstudio.

Genauso wichtig ist es, Kontakte zu knüpfen. Gärtner bewirbt sich bei Agenturen, füllt Formulare aus, verschickt Fotos. Dabei ist viel Durchhaltevermögen gefragt. Viele sagen ab, manchmal kommt überhaupt keine Antwort. „Entweder finden sie dich gut und suchen deinen Typ oder eben nicht.“ Die Branche sei sehr oberflächlich, findet der 24-Jährige. Vieles drehe sich nur um das Aussehen. Er zuckt mit den Schultern und lehnt sich zurück. „Wenn man sich das aussucht, muss man eben damit klarkommen.“

Neben Tanzjobs vermitteln einige Agenturen auch Modelaufträge. Gärtner stand schon einige Male vor der Kamera unter anderem für die Stoffbar. Sein Plan ist es, noch in diesem Jahr mit seinem Hobby Geld zu verdienen. 2017 will er dann ohne Nebenjob vom Tanzen leben können. Momentan arbeitet er noch im Einzelhandel.

Ein großer Traum des 24-Jährigen ist es, mit einem Musiker auf Tour zu gehen. „Das ist, glaube ich, der größte Traum jedes Tänzers.“ Es müsse ein tolles Gefühl sein, täglich in einer anderen Stadt aufzutreten. Am liebsten wolle er mit Schlagersängerin Helene Fischer auf der Bühne stehen. Er lacht etwas peinlich berührt. Sie habe eine richtig gute Show und talentierte Tänzer. Mit seiner Leidenschaft will der Wahl-Berliner Menschen glücklich machen.

Nichtsdestotrotz weiß Gärtner, dass er nicht für immer als Tänzer arbeiten kann. Mit steigendem Alter werde es schwieriger mitzuhalten. „Je älter du wirst, umso mehr musst du auf deinen Körper achten.“ Man müsse mehr trainieren, mehr auf die Ernährung schauen und viel schlafen. „Da ist dann nichts mehr mit Party machen.“ Dennoch könne man bis etwa Mitte 30 als aktiver Tänzer arbeiten. Was für Gärtner nach dem Tanzen kommt, weiß er noch nicht. Darüber macht er sich jetzt noch keine Gedanken: „Das lasse ich alles auf mich zukommen.“

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