
Freie Parkplätze in Innenstädten sind rar, kostenlose eine noch größere Seltenheit. Der Ansturm auf solche Parkplätze wie beispielsweise beim Lohrer City-Tegut in der Ludwigstraße ist dementsprechend hoch. Der kleine Privatparkplatz hinter dem Markt eignet sich super für einen schnellen Einkauf im Tegut, aber auch für eine Tour in den anliegenden Läden sowie eine schnelle Runde durch die Lohrer Altstadt. Das passte Tegut-Marktinhaber Andreas Kroisl auf Dauer überhaupt nicht. Doch die augenscheinliche Lösung brachte seinen Kunden und ihm nur Ärger ein.
"Kunden haben sich beschwert, dass der Parkplatz zweckentfremdet wurde", erzählt Kroisl. Stattdessen hätten dort Leute geparkt, die anderweitig einkaufen oder bummeln waren – und das teilweise den ganzen Tag. Für den Marktinhaber war klar: Es muss eine Lösung her. Nach einigen gescheiterten Experimenten nutzte Tegut letztendlich die Angebote der Firma "Parkvision". Was zunächst wie ein lang ersehnter Lichtblick für Marktinhaber Kroisl aussah, entpuppte sich jedoch als mögliche Geldfalle für Kunden. Und die sind verärgert. Um auf dem Parkplatz halten zu dürfen, gibt es nämlich Bedingungen. Wer diese Bedingungen nicht erfüllt, muss zahlen.
Fremdparker unerwünscht
Die Regeln von "Parkvision" sind recht simpel: Auf dem Parkplatz stehen dürfen nur Kunden, die ausschließlich im Tegut einkaufen gehen. Entfernen sich die Kunden ohne ihr Auto vom Parkplatz, um beispielsweise im Drogeriemarkt in der Nähe einkaufen zu gehen, gilt dies als Fremdparken. Und hierfür gilt eine sofortige Strafe von mindestens 30 Euro. Die Fahrer werden ab dem Befahren des Platzes gefilmt und mit Kameras sowohl auf dem Parkplatz als auch am Eingang des Tegut-Marktes aufgenommen, also getrackt. Gesichter verpixele die Software der Firma allerdings, heißt es auf der Website von "Parkvision". Zahlreiche Schilder weisen seit dem Sommer auf die neuen Anforderungen hin.
Einige Lohrer stellten seitdem ihr Auto trotz der Schilder nicht nur für den Tegut-Einkauf ab. Angeblich versehentlich und unwissentlich, wie viele Betroffene in den sozialen Medien schreiben. Sie erhielten daraufhin eine Zahlungsaufforderung. Das ist grundsätzlich ärgerlich, doch der eigentliche Unmut sitzt tiefer: Die Strafzettel vom August landeten erst rund zwei Monate nach dem Vergehen in den Briefkästen – und in der Zwischenzeit hatten die Betroffenen noch einige weitere Male auf dem Parkplatz geparkt. Nun lautet die Sorge: Wie viele Strafzettel kommen noch?
Die Kunden waren erschüttert und äußerten ihr Unverständnis auf Facebook. Auch Marktinhaber Andreas Kroisl zeigte sich unzufrieden, schließlich vergraule ihm das neue Konzept die Kundschaft. Eigentlich habe er sich eine andere Lösung für den Parkplatz hinter seiner Filiale gewünscht, erzählt Kroisl am Telefon.
Eine Schranke ist keine Option
Zunächst habe er die Firma "Fair Parken" angefragt, die Schranken an Parkplätzen zu befestigen, erinnert sich der Marktinhaber. Diese Idee sei jedoch recht schnell ins Wasser gefallen, denn auf dem Gelände hinter dem Markt sind nicht nur die Parkplätze des Supermarkts, sondern auch ein weiterer Privatparkplatz und eine Zufahrtsstraße der Stadt. Eine Schranke wäre somit auf städtischem Grund errichtet worden und hätte beide Abstellorte abgesperrt. Auch habe er Personen eingesetzt, die den Parkplatz bewachten, sagt Andreas Kroisl. "Das hat die Leute aber nicht interessiert, sie haben trotzdem ihr Auto einfach abgestellt." Fremdparker seien zudem nicht das einzige Problem gewesen, fährt Kroisl verärgert fort. "Müll, Einkaufskörbe, Wagen eines anderen Supermarktes, das alles haben sie teilweise auf meinem Parkplatz stehen lasen – und ich musste die Sachen wegbringen."
Als Andreas Kroisl mit seinem Latein am Ende war, meldete er sich bei der Tegut-Zentrale in Fulda. Diese habe schließlich die kostenfreie Firma "Parkvision" engagiert, um das Parkproblem zu lösen. Die neue Überwachung wirkte, auch seien einige Kunden zufrieden gewesen. Auf den ersten Blick sei alles reibungslos verlaufen, zudem habe die Firma mit einem fehlerfreien System geworben, so Kroisl. Dass dieses System jedoch nicht fehlerfrei funktioniere, sei ihm spätestens dann aufgefallen, als ein verärgerter Kunde Anfang Oktober mit seinem Bußgeldbescheid von August das Gespräch mit ihm gesucht habe.
Unverständnis im Netz
Auch die Kommentare im Internet seien nicht an ihm vorbeigegangen, erzählt Kroisl. Als er sich schließlich an die Betroffenen gewendet habe, seien einige persönlich auf ihn zugekommen. Allerdings hätte der ein oder andere bei seiner Beschwerde ein wenig geflunkert, sagt Kroisl: "Viele haben gesagt, sie sind kurz im Tegut gewesen, aber sind dann noch mal woanders hingegangen. Andere behaupteten, sie seien gleich wieder weggefahren, als sie die Schilder gesehen haben und hätten trotzdem einen Strafzettel bekommen". Das jedoch könne mit den Kameraaufnahmen widerlegt werden, die Strafzettel seien gerechtfertigt, zumal mittlerweile die neuen Briefe rund eine Woche nach Fremdparken einträfen – was laut Kroisl rechtens ist. "Die Fehlerquote rein von der Kamera liegt bei null Prozent."
Änderungen zum November
Mittlerweile gibt es wieder Neuerungen am heiß diskutierten Tegut-Parkplatz. Ab 1. November dürfen nach Ladenschluss und an Sonntagen auch Nicht-Kunden dort parken. Sie müssen laut Andreas Kroisl lediglich ihr Auto entfernen, sobald Tegut wieder öffnet. Auch versende Parkvision die Bußgeldbescheide nun pünktlich. Die Firma war zu einer eigenen Aussage nicht erreichbar. Doch Andreas Kroisl sagt, das späte Eintreffen der Strafzettel von August läge an der Bürokratie. Kennzeichen müssten vom Kraftfahrtbundesamt freigegeben werden. Was zu Beginn seine Zeit gekostet habe, soll nun innerhalb einer Woche geschehen.